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Honeyglaze - Real deal

Honeyglaze- Real deal

Fat Possum / Membran
VÖ: 20.09.2024

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Drei gewinnt!

Es gibt so ein paar Gradmesser, an denen man erkennen kann, ob eine Band was draufhat. Der wichtigste ist wohl das Live-Konzert als Realitäts-Check. Auf der Bühne, ohne doppelten Boden, ohne Overdubs und die Möglichkeit, einen vergeigten Einsatz im Studio noch dutzendfach neu zu probieren – ja, da zeigt sich das Können (oder Nichtkönnen) ziemlich schnell. Das wird noch einmal verschärft, wenn es sich um eine kleine Besetzung handelt und trotzdem der Anspruch nach einem dichten und abwechslungsreichen Sound da ist. Wie so etwas gelingen kann, das zeigen Honeyglaze geradezu exemplarisch: Zu dritt haben sie "Real deal" zwar im Studio eingespielt – aber live on tape, also in Echtzeit und ohne Korrektureingriffe. Den Beweis, dass diese Art von Musikproduktion immer einen ganz besonderes authentischen Flair hat, haben schon viele andere Künstler wie Talk Talk, The Nits oder auch Frank Black & The New Catholics erbracht.

Auch Honeyglaze liefern ab. Und zwar ein kleines Meisterwerk, das keinen einzigen missratenen oder auch nur langweiligen Song beherbergt. Der Opener "Hide" ist gleich eines der stärksten Stücke des Albums: Hier wechseln sich stolpernde Widerhaken-Rhythmen à la Deerhoof oder Alt-J mit hochverdichteten und extrem präzise gesetzten Haudrauf-Phasen ab, wie man sie beispielsweise bei Shellac liebt. Gegen Ende des Songs geht es sogar straight in Richtung Shoegaze, als sich eine Gitarrenwand auf die andere schichtet. Schon faszinierend, wie viel Energie in lediglich 250 Sekunden Musik untergebracht werden kann. Auch der Nachfolgetrack "Cold caller" ist ungemein stark: Hier zeigt sich vor allem der Variantenreichtum von Anouska Sokolows Stimme, die an manchen Stellen fast schon nach einer Reinkarnation der 2018 verstorbenen Cranberries-Sängerin Dolores O'Riordan klingt – glücklicherweise ganz ohne das stilprägende Kieksen der Irin, das man immer ziemlich schnell über hatte. "Pretty girls" wiederum hat die treibende Kraft und raffinierte Terrassendynamik der Smashing Pumpkins, und "I feel it all" bietet zu Beginn unheilvoll dräuende Analogsynthesizer und changiert verlässlich zwischen Zerbrechlichkeit und Wut: Ja, so könnten Mogwai klingen, wenn sie eine Sängerin hätten.

Eines der kompositorischen Geheimrezepte von Honeyglaze ist der geschickte und abwechslungsreiche Umgang mit Strophen, Refrains und Instrumentalteilen. Während es in den Strophen häufig eher suchend und umherirrend zugeht, was auch auf die Texte zutrifft, zeigt sich die eigentliche Kraft – zuweilen auch Wut – häufig nicht zwingend im Refrain, sondern in einem intensiven, aber kurzen und kontrollierten Instrumental-Ausbruch. Das alles ist wohlkalkuliert, dabei trotzdem immer wieder überraschend. Zentrales Stück ist "Don't", ein wütendes Pamphlet, in dem Tacheles geredet wird, ja geradezu eine Anklage an einen toxischen Partner, die sich zu reinem Zorn steigert. Auch hier hört man wieder Anklänge an Shellac, und zwar an das famose "Riding bikes". Am Ende dreschen alle mit äußerster Kraft auf ihre Instrumente ein – und die Wut im Bauch überträgt sich 1:1 auf den Hörer. Genau an der richtigen Stelle im Album sitzt auch der Rausschmeißer "Movies": Er bietet Quintessenz und Zusammenfassung sämtlicher zuvor gespielter Songs: mit eckigen Rhythmen und Elfenstimme – und einem leisen Verschwinden in die Stille hinein. Rund zweieinhalb Jahre nach ihrem Debütalbum "Honeyglaze" ist eines klar: Das war keine Eintagsfliege. Honeyglaze sind gekommen, um zu bleiben.

(Jochen Reinecke)

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Highlights

  • Hide
  • Don't
  • I feel it all
  • TV

Tracklist

  1. Hide
  2. Cold caller
  3. Pretty girls
  4. Safety pins
  5. Don't
  6. TMJ
  7. I feel it all
  8. Ghost
  9. TV
  10. Real deal
  11. Movies

Gesamtspielzeit: 43:51 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

myx

Postings: 5106

Registriert seit 16.10.2016

2024-10-04 18:12:01 Uhr
Zweifelsohne ein richtig schönes Album geworden, höre es gerade ein zweites Mal, die Singles haben nicht getäuscht. Allerdings habe ich "This could be Texas" von English Teacher als Blaupause im Ohr, das ich insgesamt als zupackender, druckvoller, eindrücklicher empfinde. Dennoch, an eine 8/10 kommt "Real deal" schon heran.

Herr

Postings: 2612

Registriert seit 17.08.2013

2024-09-28 22:14:19 Uhr
In Berlin im Cassopeia am 09.12.

Saschek

Postings: 621

Registriert seit 23.07.2018

2024-09-28 20:47:04 Uhr
Kommen die Kund:innen auch nach Berlin?

Enrico Palazzo

Postings: 4763

Registriert seit 22.08.2019

2024-09-28 20:01:52 Uhr
Und die restlichen Termine direkt mitposten ist nicht drin, ne?

Gomes21

Postings: 5208

Registriert seit 20.06.2013

2024-09-28 19:42:44 Uhr
Es gibt übrigens live Termine, gönne mir Köln am 7.12.
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