Nightwish - Yesterwynde
Nuclear Blast / Rough Trade
VÖ: 20.09.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Film ab im Kopfkino
Timing schien in den letzten Jahren nicht unbedingt die große Stärke im Hause Nightwish gewesen zu sein. Da war zunächst das letzte Album "Human. :II: Nature.", welches nicht nur im Titel äußerst verkopft daherkam, sondern auch geradezu trotzig mitten in der Pandemie veröffentlicht wurde. Dann konnten die Finnen endlich einmal auf Tour gehen, schon verkündete Bassist und Gründungsmitglied Marco Hietala seinen Ausstieg. Tja, und bei Frontfrau Floor Jansen lag Freud und Leid eng nebeneinander – zunächst wurde 2022 bei der Niederländerin Brustkrebs diagnostiziert, ziemlich genau ein Jahr später brachte sie ihr zweites Kind zur Welt. Insofern mutete es schon konsequent an, als Bandboss Tuomas Holopainen verkündete, dass für das neue Album "Yesterwynde" keine ausgedehnte Tour geplant sei. Und das wiederum ist angesichts der Qualität des zehnten Studioalbums schon fast ein Jammer, um das einmal vorwegzunehmen.
Denn während der Vorgänger noch an der eigenen Überambition fast erstickte, insbesondere mit einem mehr als 30 Minuten langen Abschlusstrack mehr Verwirrung stiftete als Klarheit schuf, beginnt "Yesterwynde" nach einem Intro gleich mal mit dem längsten Track. Ob Mut oder Frechheit, sei dahin gestellt, aber bei "An ocean of strange islands" passiert mehr als woanders auf ganzen Alben. Mit dem Unterschied, dass die Ideenfülle diesmal von einem konsistenten Songwriting zusammengehalten wird, das zwischen orchestralem Pomp, folkigen Elementen, ja, gar fett bratenden Djent-Riffs wechselt, ohne den Faden zu verlieren. Denn den hält Floor Jansen in festen Händen, die einmal mehr alles in einen Song werfen kann, was sie als Sängerin auszeichnet. Und das ist eine ganze Menge, wenn sie mühelos den Song mal zärtlich umschmeichelt, mal entschlossen mit giftigen Shouts vorantreibt.
Das folgende "The Antikythera mechanism" hingegen wirkt düsterer, breitet dennoch die Arme weit aus, wildert gar ein wenig in Oriental-Metal-Gefilden, während sich hinter der etwas seichten Pop-Nummer "The day of..." erschreckende Aktualität verbirgt, die man in der Form von den eher eskapistisch veranlagten Finnen ganz und gar nicht gewohnt ist. Dem gegenüber steht "Perfume of the timeless", dessen Mittelteil eine derart brachiale Soundwand auffährt, dass wohl selbst Devin Townsend anerkennend nicken würde. Dass es auch fast ohne Pomp geht, zeigt auf der anderen Seite die Ballade "Sway", die anfangs durch wunderschönen zweistimmigen Gesang begeistert, darauf einen musicalesken Refrain legt, bis Multi-Instrumentalist Troy Donockley einen wunderbaren Teppich zum Ausklang knüpfen darf.
Das heißt nicht, dass jetzt plötzlich alles in Perfektion gelingt. "The children of 'Ata" wirkt seltsam beliebig, und auch bei "Hiraeth" wird eher der Kopf als der Bauch angesprochen. "The weave" ist dann wieder ein anderes Kaliber, springt zwischen Metal und Operette und lässt zwischen donnernden Riffs einen kleinen Gruß in Richtung Danny Elfman ausrichten. Symphonic Metal ist in der Vergangenheit durch unglaublich viele Vertreter mit unglaublich schlechten Platten ein Genre geworden, das nicht mehr den allerbesten Ruf genießt, um es mal nett auszudrücken. Auch die Quasi-Begründer Nightwish bewegten sich in der Vergangenheit nicht immer stilsicher. Doch "Yesterwynde" zeigt die Finnen nach all den Schwierigkeiten der letzten Jahre in überraschend starker Form. Wenn das der Platte zugrundeliegende Konzept – denn so eines gibt es, nämlich ganz grob der Blick auf Zeitläufte, Erinnerungen und deren Verbindungen – so gar keine Erwähnung findet, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass die Songs auch ohne dieses funktionieren. Der ratternde Filmprojektor zu Beginn und zu Ende bleibt da eine wehmütige Reminiszenz an alte Konsumgewohnheiten. Das Kopfkino kann beginnen.
Highlights
- An ocean of strange islands
- Perfume of the timeless
Tracklist
- Yesterwynde
- An ocean of strange islands
- The Antikythera mechanism
- The day of...
- Perfume of the timeless
- Sway
- The children of 'Ata
- Something whispered follow me
- Spider silk
- Hiraeth
- The weave
- Lanternlight
Gesamtspielzeit: 71:14 min.
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8hor0 Postings: 1182 Registriert seit 14.06.2013 |
2024-09-26 15:26:15 Uhr
gefällt ganz gut! 7/10 bis jetzt. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27355 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-09-23 21:17:49 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
ReVamp; Within Temptation; Auri; Marko Hietala; Tarja Turunen; Evanescence; Tapping The Vein; Tristania; Edenbridge; Xandria; After Forever; Leaves' Eyes; Delain; Epica; Dreams Of Sanity; On Thorns I Lay; Flowing Tears; Bloodflowerz; Mandragora Scream; Lacuna Coil; Sirenia; Visions Of Atlantis; Tiamat; Therion; Lullacry; Stratovarius; Sonata Arctica; Amberian Dawn; Green Carnation; Blind Guardian; The Gathering; Stream Of Passion; The Gentle Storm; The Nymphs; Queenadreena; Fetish; Le Mans; Theatre Of Tragedy; L'Âme Immortelle
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