Fred Again - Ten days

Atlantic / Warner
VÖ: 06.09.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Float on
"Lightning in a bottle" fasst die Jahre seit 2020 im Leben und Schaffen von Frederick John Philip Gibson wohl recht passend zusammen. Mit den drei sukzessive erschienenen "Actual life"-Alben erschuf der Londoner Produzent sein eigenes, intimes und direkt aus dem Alltag absorbiertes Pandemie-Tagebuch mit Klängen irgendwo zwischen der Sehnsucht nach Freiheit und der Reflektion des eigenen Daseins. Ein berechtigter Erfolg, waren die drei Scheiben allen "Hipster-Scheiß!"-Unkenrufen zum Trotz doch mit das Aufrichtigste und Mitreißendste, was die Elektro-Szene in den 2020er-Jahren hervorgebracht hat. Von Non-Album-Bangern wie "Jungle" oder "Turn on the lights again.." ganz zu schweigen. Schon "Actual life 3" leitete dabei 2022 die allmähliche Öffnung des einst recht vertrackten Klangkosmos ein – und festigte den Hype um den jetzt 31-Jährigen vollends. Mal eben spontan das Coachella headlinen: kann man machen. Zwei Jahre später tritt nun "Ten days" in die Fußstapfen eines Vermächtnisses, das zwar noch gar nicht so lange Bestand hat, aber sicherlich nicht leicht per Follow-up zu bedienen ist.
Schon der Albumtitel deutet an: Vollends über Bord geworfen wird das Fred'sche Erfolgskonzept auf "Ten days" nicht. Vielmehr komprimiert der Engländer seine Songs dieses Mal thematisch auf zehn konkrete Tage seines Lebens. Irgendwo zwischen Liebe, Hoffnung, Ängsten und Anxiety. Das Actual life, halt. Dennoch wird hier nicht einfach recycled: "Ten days" gestaltet sich klanglich insgesamt deutlich luftiger, lichtdurchfluteter und nicht ganz so klaustrophobisch wie noch die "Actual life"-Scheiben. Bestes Beispiel ist die hübsche Vorab-Single "Adore u", die sich als blubberndes Manifest der Fröhlichkeit einfach mal der Liebe hingibt und sich dafür kein bisschen schämt. Funkige Gitarren, sanfte Beats und ein passendes Feature von Obongjayar fügen sich hier zu einem Klangteppich zusammen, der zurecht in sämtlichen Spotify-Sommerplaylists landete. Auch "Fear less" mit Gastbeitrag von Sampha gibt sich diesem Sentiment hin, wenn auch melancholischer und weniger hibbelig-freudig: "I fear less with you on the passenger side." Ein paar Selbstzweifel schwingen eben doch immer mit, auch wenn es im erst minimalistischen, dann nervösen "Just stand there" heißt: "And I remember thinking to myself / Don't you dare get used to this / 'Cause I can't believe this is real."
Es sind diese kleinen Risse in der ansonsten glücklichen, sonnigen Fassade der Erzählungen, die als Vorboten für die dunklen Momente auf "Ten days" dienen. Am Tiefpunkt angekommen erörtert vor allem das berührende "I saw you" die Oszillation zwischen Verlust, Verzweiflung und Verzagen: "I've been halfway under / Been halfway up / You're further away than you used to be / But darling, I saw you / And you saw me." Wie gehabt brauchen die Werke von Fred Again wenig Worte und unnötige Prosa, um Gefühlswelten zu vermitteln. Und zeigen dabei auch, dass vor allem Freund*innen und Weggefährt*innen das Licht am Ende des Tunnels sein können: "Glow" steht sinnbildlich hierfür als bester Track des Albums und bringt mit Four Tet, Skrillex und dem Londoner Elektro-Duo Joy Anonymous das kumpelige Fred-Again-Cinematic-Universe in Höchstform zusammen. Ausschweifend, bassgetränkt, klanglich zwischen Kellerclub und fancy Dachterrasse wechselnd und mit so viel Liebe zum Detail gespickt, dass man das Grinsen kaum noch aus dem Gesicht bekommt. Ein Manifest für die Kollaboration, für die Freundschaft und für den Zusammenhalt. Und darauf kommt es doch letztendlich auch an. Kitschig, ja, aber irgendwie auch beruhigend.
Highlights
- Fear less (feat. Sampha)
- Places to be (feat. Anderson.Paak)
- Glow (feat. Duskus, Four Tet & Joy Anonymous)
Tracklist
- One
- Adore u (feat. Obongjayar
- .Two
- Ten (feat. Jozzy & Jim Legxacy)
- .Three
- Fear less (feat. Sampha)
- .Four
- Just stand there (feat. SOAK)
- .Five
- Places to be (feat. Anderson.Paak)
- .Six
- Glow (feat. Duskus, Four Tet & Joy Anonymous)
- .Seven
- I saw you
- .Eight
- Where will I be (feat. Emmylou Harris)
- .Nine
- Peace u need
- .Ten
- Backseat (feat. The Japanese House & Scott Hardkiss)
Gesamtspielzeit: 47:20 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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peter73 Postings: 3512 Registriert seit 14.09.2020 |
2025-01-27 13:40:21 Uhr
nicht auf CD erhältlich, pff. habs bisher auch nur zweimal so wirklich gehört - weiß auch nicht, wird wohl eher was für den sommer, im auto, dann nach kroatien cruisen "Places to Be" ist aber da schonmal wohlwollend aufgefallen. "I saw You" ebenfalls! |
lumiko Postings: 1711 Registriert seit 09.09.2015 |
2024-10-03 12:57:01 Uhr
Ja, "I Saw You" finde ich auch toll |
Francois Postings: 1383 Registriert seit 26.11.2019 |
2024-10-03 12:36:53 Uhr
Erster Durchgang, sehr positiv. Feiner Vibe, ein paar Songs bleiben gleich hängen, "I saw you" zB |
Martinus Postings: 814 Registriert seit 13.01.2014 |
2024-09-19 15:55:40 Uhr
Ten hat gerade beim Heimfahren von der Arbeit mit offenem Fenster, laut, bei Sonnenschein, extrem gut funktioniert ;-)Mal schauen, wie der Rest wird. |
lumiko Postings: 1711 Registriert seit 09.09.2015 |
2024-09-17 17:25:59 Uhr
höre gerade rein, gefällt mir nach dem ersten Durchlauf ziemlich gut |
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Referenzen
Floating Points; Bonobo; The Blaze; Jamie xx; The xx; TSHA; DJ Seinfeld; Bicep; Tourist; Burns; Nathan Dave; Mall Grab; Mild Minds; Odesza; Prospa; Caribou; Four Tet; Hot Chip; James Blake; Disclosure; Jayda G; 070 Shake; Polo & Pan; Tycho; Her; Mura Masa; HAAi; Lane 8; Ross From Friends; Sofia Kourtesis; Daphni; Peggy Gou
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