Gemischte Tüten und Gefühle

"Nichts suchen, alles finden", so beschrieb das Online-Magazin Mitvergnuegen.com 2021 einen Besuch im neu eröffneten "Der Kiosk" im Münchener Stadtteil Laim. Der Autor vermittelte das heimelige Gefühl, das ein liebevoll geführter Laden um die Ecke auslöst. Hier nehmen sich die Betreiber*innen noch Zeit für die Kundschaft und warten geduldig ab, ob die Wahl auf Gummifrösche oder doch auf Schlümpfe fällt. Verantwortlich für die Neueröffnung waren Musiker Matthew Austin und seine Partnerin, die Soul/Pop-Sängerin Ami Warning.

Bodenständig und lokal verwurzelt – das beschreibt gut, wie Warning ihren Karriereweg gestaltet. Im Gegensatz zu all den Leas und Lunas der deutschen Popszene setzt sie nicht auf die Strahlkraft der Sozialen Medien, sondern auf das unermüdliche Bespielen diverser Bühnen der bayerischen Landeshauptstadt und darüber hinaus. Die 28-Jährige reißt seit Jahren ein beachtliches Pensum an Auftritten ab. Ob zusammen mit ihrem Vater, dem Reggae-Musiker Wally Warning, oder solo. Mit "Auszeit" erscheint nun ihr viertes Studioalbum, zum zweiten Mal singt sie komplett auf Deutsch.

Ein fröhliches kleines Mädchen lacht einem vom Cover entgegen, die Instrumentals sind sommerlich leicht. Trotzdem handelt es sich bei "Auszeit" nicht um ein Gute-Laune-Sommeralbum. Die Texte sind melancholisch, erzählen von Erschöpfung und dem Verlangen, auszubrechen. Beim beschwingten Titeltrack flüchtet Warning Richtung Sonne, "Meer will ich" trägt den Sehnsuchtsort gleich im Namen. Die Münchnerin begleitet ihren Gesang, ganz klassische Singer-Songwriterin, mit der akustischen Gitarre. Die Stimme ist zurückhaltend und zaghaft. Das passt zu schwermütigen Songs über Schlaflosigkeit und Depression wie "Weg", wirkt aber gelegentlich distanziert und monoton. Für Abwechslung sorgen die vielseitigen Kompositionen. "Wie lang?" mit Bläsern und einem schönen Saxofonpart, "Weiter rennen" mit elektronischen Drums. Stimmliche Akzente setzen vor allem die musikalischen Gäste. Rapper Fatoni bereichert "War dabei" mit Popkultur- und Selbstreferenzen, der Trennungssong "Liebe ist laut" gewinnt durch die erdige Stimme der ebenfalls aus München stammenden Mola deutlich an Farbe. Für Trennungsschmerz und Verzweiflung bei "Bin noch wach ... wo bist Du" ist Oehl der ideale Gastmusiker.

Auffallend viele Songs drehen sich um das Ende einer Liebe. Es bleibt ungeklärt, ob es sich hier um autobiographisches Verarbeiten oder Fiktion handelt. Auch ob das Gemeinschaftsprojekt von Warning mit Matthew Austin, "Der Kiosk", noch existiert, konnten wir nicht abschließend klären. Die Instagram-Beiträge enden im Jahr 2022. Bei Google Maps berichtete jemand vor ein paar Monaten von einem Besitzerwechsel. Vielleicht kann mal jemand in München-Laim vorbeischauen und eine gemischte Tüte für uns kaufen.

(Andreas Rodach)

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Highlights

• Bin noch wach ... wo bist Du (feat. Oehl)
• Rastlos
• Wie lang?

Tracklist

1. Auszeit
2. War dabei (feat. Fatoni)
3. Weiter rennen
4. Weg
5. Bin noch wach... wo bist Du (feat. Oehl)
6. Liebe ist laut (feat. Mola)
7. Rastlos
8. Wie lang?
9. Bergauf
10. Gleichgewicht
11. Meer will ich

Gesamtspielzeit: 31:44 min.

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Referenzen

Lena & Linus; Mola; Oehl; Mine; Joy Denalane; Max Herre; Max Mutzke; Cassandra Steen; Lea; Gisbert Zu Knyphausen; Enno Bunger; Il Civetto; Buntspecht; Maeckes; Sophie Hunger; Paula Hartmann; Jeremias; Mayberg; Blumengarten; Schmyt; Tigermilch; Schorl3; Nand; Steiner & Madlaina; Alin Coen; Stanovsky; Luna; Trille; Tua; Soffie; AnnenMayKantereit; Paul Gerlinger

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• Ami Warning - Auszeit (1 Beiträge / Letzter am 12.08.2024 - 19:46 Uhr)

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