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Hamish Hawk - A firmer hand

Hamish Hawk- A firmer hand

So / Rough Trade
VÖ: 16.08.2024

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

A man's world

Ein Colonel-Parker-Siegelring. Fette Zigarren. Die Bescheidenheit der boomenden Big-Tech-Industrie. Eine Abneigung gegen "miserabilist movies". Hamish Hawk weiß, dass gutes Storytelling und die dazugehörige Charakterzeichnung nur über die Details funktionieren – und füllt "Big cat tattoos" daher bis zum Rand damit. Zu von Starkstrom-Gitarren zersägtem Post-Funk zeichnet er das greifbare Bild einer Hypermaskulinität, die abstoßend und anziehend zugleich wirkt. Die Lead-Single von Hawks drittem Album "A firmer hand" beweist auf diese Weise, wie sich der Schotte weiterentwickelt hat, ohne seine Eigenheiten aufzugeben. Geblieben sind die erzählerische Präzision und der krude Humor, doch strotzt der Song vor einer sexuellen Energie, die in dieser Ausprägung neu für Hawks Schaffen ist. "A firmer hand" beleuchtet dezidiert die Beziehungen zu Männern: Diese können familiärer, freundschaftlicher oder geschäftlicher Natur sein, aber eben auch auf romantischem und erotischem Begehren fußen. Anstatt wie bei "Angel numbers" mystische Zahlenreihen zu beschwören, packt Hawk also gleich im Albumtitel fester zu – wie verschränkt Sex und Macht miteinander sind, wissen wir ja nicht erst, seit Janelle Monáe darüber gesungen hat.

Stilistisch lässt sich der in Edinburgh ansässige Künstler dabei noch weniger greifen als zuvor. Sein exaltierter Bariton erinnert an Bowie, Morrissey oder Neil Hannon, die Musik spannt sich zwischen Indie-Rock, Post-Punk und Art-Pop auf. Der zunächst nur von einem trockenen Beat und Effekthall begleitete Opener "Juliet as epithet" gibt seiner Melodie viel Luft zum Atmen, auch die später zum Einsatz kommende Gitarre hält sich vornehm zurück. Mit wuchtigen Drums und Piano-Anschlägen erdrückt "Machiavelli's room" im Anschluss jede Leichtigkeit, so wie sein im Fokus stehender Macht-Junkie erst dann glücklich ist, wenn sein Partner komplett in ihm verschwindet. Wie immer bei Hawk brausen zuweilen auch astreine Smiths-Vibes auf, hier vor allem im von allen Saiten angeheulten "Disingenuous". An anderer Stelle gockelt "You can film me" orgelunterstützt in seinen hymnischen Refrain hinein, ehe das nur 90-sekündige "Christopher St." die Verstärker ausstellt, um zärtlich die Tasten zu streicheln. Im Gegensatz zum Vorgänger bietet "A firmer hand" keine Duettpartnerinnen auf, doch braucht der so vielseitige Hawk sowieso keine anderen Stimmen, um die Bühne mit Leben zu füllen.

Einzig die Ruhepausen hat der 32-Jährige abgesehen von der zuletzt erwähnten Piano-Miniatur nicht im Programm – die konstant hochenergetischen Singles haben in dieser Hinsicht keinen falschen Eindruck vermittelt. "Nancy dearest" nutzt einen verchromten New-Wave-Drive samt Kurzschluss-Solo und Spoken-Word-Part, um die Einsamkeit zu übertönen: "I've seen the well of emptiness / And I have had my fill." Wie der schwule Goth-Bruder von Sam Fender schmettert sich "Men like wire" durch widersprüchliche Sehnsüchte, bevor "Questionable hit" mit der Musikindustrie abrechnet. Erst das finale "The hard won" lockert den Griff etwas, um funkelnde Synths durch seinen akustischen Pyrrhussieg zu schicken. Ein aufbauender Albumabschluss klingt wahrlich anders, ein solcher war aber auch nie der Plan: Wer so rigoros sein Innerstes nach außen kehrt, muss sich nicht wundern, wenn bis zum Ende Dreck mitkommt. Doch haben die Männer in Hamish Hawks Leben ihm keineswegs nur Kummer gebracht, weswegen die nachhaltige Wirkung von "A firmer hand" wie bei den vorigen Platten eine seltsam positive, lebensbejahende ist. Ob die Zigarre schmeckt, weiß man schließlich nur, wenn man sie ausprobiert.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Juliet as epithet
  • Machiavelli's room
  • Nancy dearest
  • Disingenuous

Tracklist

  1. Juliet as epithet
  2. Machiavelli's room
  3. Big cat tattoos
  4. Nancy dearest
  5. Autobiography of spy
  6. You can film me
  7. Christopher St.
  8. Men like wire
  9. Questionable hit
  10. Disingenuous
  11. Milk an ending
  12. The hard won

Gesamtspielzeit: 38:32 min.

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User Beitrag

Unangemeldeter

Postings: 1803

Registriert seit 15.06.2014

2025-01-13 12:56:29 Uhr
Habe ich jetzt auch im Zuge der Jahreslisten mal nachgeholt, und der Opener hätte in meine Song-Top-5 gehört. Hab den ungelogen dutzende Male gehört die letzten Tage - geht mir sehr selten so, dass ich auf einem einzigen Song so hängenbleibe. Das ist letztes Jahr allerdings schon einmal passiert mit dem Titeltrack von MJ Lenderman, und wie bei diesem kann mich leider auch der Rest des Albums von Hamish Hawk nicht wirklich begeistern. Den Closer finde ich auch noch sehr gut, dazwischen finde ich manches zwar nett (Big Cat Tattoos), das meiste aber irgendwie unausgegoren, entweder zu bemüht oder etwas fad.
Aber Juliet as Epithet sowas von einer 10/10. Bin am Sonntag leider nicht in Berlin, sonst wäre ich aufs Konzert gegangen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28967

Registriert seit 08.01.2012

2024-11-11 19:13:00 Uhr - Newsbeitrag
Hamish Hawk erreichte mit seinem dritten Album „A Firmer Hand“ Anfang 2024 erstmals die UK-Charts und sicherte sich Platz 1 in Schottland.

Nun steht er vor einer weiteren aufregenden Phase seiner Karriere:

–eine Tournee 2025, die ihn endlich auch nach Deutschland führen wird.



16.01.25 Hamburg, Nochtwache

17.01.25 Köln, Artheater

18.01.25 München, Rote Sonne

19.01.25 Berlin, Badehaus

Präsentiert von kulturnews, Musikexpress und Sounds & Books



Geboren am 27. Oktober 1991 im beschaulichen Edinburgh, scheint die musikalische Reise von Hamish Hawk auf den ersten Blick unscheinbar begonnen zu haben.

Aufgewachsen als jüngstes von drei Kindern im Fairmilehead-Distrikt der schottischen Hauptstadt, erlebte er in seiner Kindheit eine Klangwelt, die von den Plattensammlungen seiner Familie geprägt war:

Die Rolling Stones, Elton John, Britpop-Klassiker und die Pixies – ein solider Grundstock für einen zukünftigen Musiker.

Doch Hamish Hawk schärfte seine Ohren bald auch selbst und entdeckte als Teenager die berauschende Welt des Indie-Rock.

Bands wie Franz Ferdinand und The Strokes zündete in ihm den Funken, der seine musikalische Karriere entfachen sollte.



Sein erstes kreatives Lebenszeichen setzte er 2012 mit der EP „Moon Out West“, die er noch unter dem Namen Hamish James Hawk veröffentlichte.

Zwei Jahre später folgte das Debütalbum „Aznavour“, das in Zusammenarbeit mit dem schottischen Singler-Songwriter King Creosote entstand.

Schon früh zeigte sich Hawks Hang zur sprachlichen Feinheit und seine Vorliebe für musikalische Experimente.

Auf der Isle Of Mull nahm er 2015 die EP „Mull“ auf – ein Werk, das die Landschaft und raue Melancholie der schottischen Küste perfekt einfängt.

Mit der Gründung seiner Band Hamish Hawk & the New Outfit 2026 brachte er seine Musik auf die Bühne, doch der kreative Durchbruch ließ noch auf sich warten.

Dieser gelang 2021 mit „Heavy Elevators“. Das Album, das Kritiker*Innen zu wahren Begeisterungsstürmen hinriss, verschaffte ihm eine Nominierung für den Scottish Album of the Year Award

und etablierte Hamish Hawk endgültig als einen der spannendsten neuen Artists der Indie-Szene.

2023 legte er mit „Angel Numbers“ nach, einem Album, das sich erneut für den prestigeträchtigen Preis qualifizierte.



Musikalisch ist Hamish Hawk nicht leicht einzuordnen. Von Indie-Pop über Art und Gothic Rock bin hin zu New-Wave-Einflüssen – Hawks Musik entzieht sich festen Kategorien.

Sein warmer, intensiver Bariton und seine dramatische Erzählweise erinnern an Künstler wie Charles Aznavour und Jacques Brel.

Doch der Schotte ist kein purer Nostalgiker.



Früher schrieb Hawk seine Songs alleine, mittlerweile arbeitet er fest mit den Musikern Andrew Pearson und Stefan Maurice zusammen.

Die musikalische und lyrische Vielseitigkeit fesselt immer wieder.

Hawks Texte sind dabei keine abstrakten Gedankenspiele, sondern bewegen sich oft an der Grenze zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit, durchsetzt mit popkulturellen Referenzen und schottischem Humor.

Hollowman

Postings: 207

Registriert seit 14.06.2013

2024-09-06 15:28:04 Uhr
Schönes Album wieder, für mich wie die beiden Vorgänger eine klare 8/10. Highlights wären für mich teilweise andere, allen voran Big Cat Tattoos und Men Like Wire. Hätte auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient der gute Mann.

Dass insgesamt weniger ruhige Songs drauf sind, kommt mir entgegen. Die waren für mich grade auf dem ersten Album teilweise ein bisschen langweilig.

n00k

Postings: 280

Registriert seit 26.01.2021

2024-08-23 23:16:20 Uhr
The hard won - toller Closer.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28967

Registriert seit 08.01.2012

2024-08-12 19:45:34 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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