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Cults - To the ghosts

Cults- To the ghosts

Virgin / Universal
VÖ: 26.07.2024

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Endlicher Sommer

Da die erste Hälfte der 2010er-Jahre schon lange genug her ist, um sie popkulturell zu archivieren, hier ein Trivia-Häppchen: 2011 gründete Lily Allen ein Label namens In The Name Of, das in seiner kurzen Existenz nur zwei Artists betreute: Piano-Schmachter Tom Odell sowie Cults, das New Yorker Duo, das mit "Go outside" und dem dazugehörigen selbstbetitelten Debüt jede indie-affine Sommer-Party zum Strahlen brachte. Im Gegensatz zu Allens Label, das 2014 schon wieder dichtmachte, bewiesen Madeline Follin und Brian Oblivion eine erstaunliche Langlebigkeit. Ihr krachversetzter Sixties-Pop beeinflusste nicht nur eine Menge Künstler*innen und erlebte einen zweiten Frühling auf TikTok, sie veröffentlichen auch weiterhin mit schöner Regelmäßigkeit neue Musik. Die fünfte Platte "To the ghosts" ist der jüngste Ausdruck davon, wie Cults ihren charakteristischen Sound ambitioniert weiterentwickeln und ohne großes Spektakel tapfer ihren Platz auf dem Indie-Dampfer verteidigen.

In diesem Sinne fühlt sich gleich der Opener "Crybaby" mit seinen eröffnenden Glocken und den Tankladungen voll Reverb vertraut an. Follin überführt sanfte Girlgroup-Harmonien in einen leicht psychedelischen Refrain, während sie sich über das Elendsgesuhle des titelgebenden Gegenübers beschwert. Ein bisschen unfair, spielt sie in "Onions" trotz besonders hellen Gesangsvortrags und aufgeregter Synths selbst die Miesepetra, wenn das Zwiebelschneiden zum Trigger für resignierte Selbstreflexion wird. "To the ghosts" verpackt regelmäßig nicht gerade gutgelaunte Lyrics in lockeren Pop. "All the lights in town are dimmer without you around", heißt es etwa in "Crystal", dem größten Hit des Albums mit einer jeden Schatten vertreibenden Synth-Hook. Erst "Leave home" vermittelt auch textlich die Aufbruchsstimmung, die sein Drumcomputer-Drive und die in der Hitze flirrenden Gitarren vertonen.

Der seit "Offering" präsente Hang zur teilweise fast Prog-Rock evozierenden Opulenz äußert sich hier vor allem im Albumzentrum. Mit ominös gezupften Saiten zieht "Eat it cold" ein elektro-akustisches Geisterhaus-Drama auf, das sich vom Dunkel verschlingen lässt: "Now there are no more people that we trust / Almost feel the secrets swallow us whole." "Honey" bildet den positiv-naiven Konterpart dazu, gerät musikalisch allerdings noch beeindruckender. Ab diesem Punkt trauen sich Cults generell mehr Experimente zu. Mit gepitchten Vocals und zerglitchten House-Beats scheint "Behave" eine gemäßigte Hyperpop-Variante anzubieten, zu der sich auch ohne akrobatische Verrenkungen tanzen lässt. "Open water" behängt sich dahingegen mit einem bleischweren Bläser-Arrangement und klingt im Schlusspart so, als würde es nicht im Ozean versinken, sondern gleich von irgendwelchen Dämonen in eine Zwischenwelt gerissen werden.

Solche Assoziationen wären vor 13 Jahren noch unvorstellbar gewesen, doch Cults sind im Einklang mit dem Zeitgeist gewachsen. Ob "You're in love with yourself" zum hymnischen Schwung ausholt, "Knots" mit Cembalo-ähnlichen Klängen einen barocken Touch entwickelt oder "Left my keys" seinen Vintage-Soul-Bass um tropisch anmutende Percussion schlingt: So unbeschwert die Songs aufs erste Ohr wirken, ein mal mehr, mal weniger sichtbarer grauer Schleier hängt über allen. Auf diese Weise entlarven Follin und Oblivion die für ihre Ästhetik so bedeutsame Nostalgie als Sehnsucht nach dem Falschen, decken auf, dass die Vergangenheit nie so rosig wie in unserer Erinnerung war. Der Closer "Hung the moon" schwelgt drei Minuten lang als Prom-Ballade über den Turnhallenboden, bevor die Gesangsspuren außer Kontrolle geraten und sich alles in atmosphärischen Fragmenten auflöst. Nicht nur der Sommer 2011 ist vorbei, doch Cults sind immer noch da und ruhen sich nicht auf den Geistern von früher aus.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Crystal
  • Honey
  • You're in love with yourself

Tracklist

  1. Crybaby
  2. Left my keys
  3. Onions
  4. Crystal
  5. Leave home
  6. Eat it cold
  7. Honey
  8. Knots
  9. Behave
  10. Open water
  11. Cells
  12. You're in love with yourself
  13. Hung the moon

Gesamtspielzeit: 44:57 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27219

Registriert seit 08.01.2012

2024-08-12 19:45:05 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?



AliBlaBla

Postings: 6494

Registriert seit 28.06.2020

2024-08-10 15:36:37 Uhr
Ui ui ui ...

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20059

Registriert seit 10.09.2013

2024-08-10 13:57:17 Uhr
Das erfährst du spätestens am Montag :)

AliBlaBla

Postings: 6494

Registriert seit 28.06.2020

2024-08-10 13:21:41 Uhr
Kommt die mit dem nächsten Update (*hechel)

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20059

Registriert seit 10.09.2013

2024-08-10 10:00:07 Uhr
Doch, kommt.
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