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Artemas - Yustyna

Artemas- Yustyna

Artemas / 10K Projects
VÖ: 11.07.2024

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Sex ohne Liebe

Es gibt ja so einen pseudo-elitären Abwehrmechanismus gegen Musik, die durch TikTok bekannt wird – als wäre es keine Kunst, kurze Snippets zu komponieren und als wären die Songs automatisch nur Beiwerk der wenigen Sekunden, die populär werden. Besonders allergisch reagieren Puristen dann, wenn die begleitende Ästhetik hedonistisch wirkt und es mehr um einen ignoranten Lifestyle geht als um vermeintlich zeitlose Kunst. Der englisch-zypriotische Sänger Artemas macht sich all dieser Dinge mit Fuckboy-Mentalität und jeder Menge toxischer Situationships mehr als verdächtig. Aber ist beim Durchstarter wirklich alles style over substance?

Auf seinem neuesten Release "Yustyna" stellt er einen der größten Hits der jüngeren Vergangenheit direkt an den Anfang. "I like the way you kiss me" muss man nicht mehr erklären, denn den Goth-inspirierten Dark Wave dieser herausragend eingängigen Single dürfte mittlerweile fast jeder gehört haben. Und sie kann einem das Gefühl geben, dass man den Sound von Artemas sofort verstanden hat: kurze Aufmerksamkeitsspanne, Synthies und Falsettgesang. Doch die 14 Songs sind deutlich breiter aufgestellt. "Caroline" ist beispielsweise eine deutlich langsame Angelegenheit, die irgendwo zwischen "Do I wanna know?" von Arctic Monkeys und "The hills" von The Weeknd steht, allerdings ohne in die Nähe dieser Qualität zu kommen. Überhaupt ist der Vergleich mit Abel Tesfaye der naheliegendste, nicht nur wegen des Gesangs, sondern auch wegen der Hypersexualisierung in den Lyrics. Eigentlich werden überall Drogencocktails auf der Toilette geschluckt wie in "You've been a bad girl", es wird fremdgegangen und das geil gefunden und beides ist die vermeintliche Therapie gegen Schmerz und Leere, wenn man unbedingt etwas reinanalysieren will. Stattdessen sollte man sich lieber auf die Musik konzentrieren.

Denn es wird entweder im Taxi gefickt, was in "Slow dance" ziemlich grungy klingt und gepitchte Vocals über Rockgitarren schmeißt. Oder auch mal im Mustang, dann jedoch auf nach Garage Band klingenden Drums, zu einem Default-Synth-Bass und mit ganz viel Hall. Aber auch außerhalb von Automobilen und Toiletten ganz naturverbunden im fast schon emotional anmutenden Rausschmeißer "I love you regardless", der ein relativ kurzes Release beschließt: "Up against the cherry tree / Fuck you in the garden / Still love you regardless." Und manchmal auch total enthemmt und entsensibilisiert in "Stupidhead": "Girl, you fuck me like a porn star."

Das größte Wunder von "Yustyna" ist, wie gut das alles funktioniert, wenn man den Kopf ausschaltet. "Dirty little secret" hat als Single und kleiner Hit einen 80s-Synthie und den vermutlich behutsamsten und softesten Refrain auf der Habenseite und zaubert dann per niedlicher Melodie ein Lächeln in die zuckenden Gesichtszüge. Und "Mess of me, sexually" lebt von einem kräftigen Bass und mehreren Gesangsspuren. So sind in der Kürze der Spieldauer von Contemporary R'n'B über Alternative Rock bis zu Elektro-Pop eine Menge Einflüsse spürbar und man kann schon den Hut ziehen vor Artemas' selbst angeeigneten Produktionsfertigkeiten. Kann man die unemotionalen Fickfeste, auf denen diese Songs scheinbar laufen, unsympathisch finden? Klar. Kann man sich dem Vibe aber auch extrem gut hingeben, wenn man sein Über-Ich an der Gaderobe lässt? Auf jeden Fall! Und wie der junge Mann im Welthit "I like the way you kiss me" selbst sagt, ist es zwar schwer, zu dieser Musik eine tiefgründige Beziehung aufzubauen, aber das scheint auch gar nicht gewollt: "Not tryna be romantic / I'll hit it from the back / Just so you don't get attached."

(Arne Lehrke)

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Highlights

  • I like the way you kiss me
  • Dirty little secret

Tracklist

  1. I like the way you kiss me
  2. I always kinda knew you'd be the death of me
  3. You've been a bad girl
  4. Stupidhead
  5. Caroline
  6. Dirty little secret
  7. Wet dreams
  8. Ride me darling
  9. Slow dance
  10. You’re simply wonderful
  11. Good girl
  12. My babydoll
  13. Mess of me, sexually
  14. I love you regardless

Gesamtspielzeit: 34:29 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Francois

Postings: 1017

Registriert seit 26.11.2019

2024-08-20 08:53:27 Uhr
knapp die erste Hälfte des Albums durch und bin positiv überrascht.
Habe - wie wahrscheinlich viele andere - das für substanzlose tiktok Musik für Gen Z Kids gehalten, aber hört sich gut an.
Hat bisschen was von Crystal Castles auf poppiger

tjsifi

Postings: 833

Registriert seit 22.09.2015

2024-08-19 08:00:10 Uhr
Für mich auch mindestens ne 7/10! Was die Platte machen will macht sie einfach perfekt!

musie

Postings: 3872

Registriert seit 14.06.2013

2024-08-13 02:56:09 Uhr
Schon ein richtig eingängiges Album mit Hits des Jahres drauf… eine 7/10 ist das für mich suf jeden Fall.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27219

Registriert seit 08.01.2012

2024-08-12 19:44:18 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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