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Faber - Addio

Faber- Addio

Vertigo / Universal
VÖ: 07.06.2024

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Adapter deutsche und italienische Buchse

Wenn man Anfang Juni 2024 bei Amazon nach dem neuen Album von Faber suchte, dann fand sich in der Produktbeschreibung der eher unerwartete Hinweis, dass es sich um einen "Adapter deutsche und italienische Buchse" handle. So deplatziert diese Erklärung faktisch sein mochte, so sehr enthielt sie bei genauerer Betrachtung nach dem ersten oder zweiten Hörgenuss von "Addio" einen gar nicht so falschen Kern. Tatsächlich gehen das Deutsche und das Italienische im Verlauf der 13 Stücke eine Symbiose ein – und das Fragezeichen, das sich angesichts der Kategorieeinordnung bei Amazon einstellte, nimmt nach dem Konsum des Ganzen möglicherweise ebenfalls größeren Raum ein. Auf seinem dritten Studioalbum verlangt Julian Pollina alias Faber seiner Hörerschaft wie gewohnt einiges ab, legt sich gelegentlich ein neues Klanggewand über die Schultern und setzt vor allem auf sein markantestes Markenzeichen: seine Stimme.

Neu im strengen Sinne sind die Songs auf "Addio" gar nicht mehr. Nach ursprünglicher Planung stand im Herbst 2023 eine Tour an, auf der er das Werk seinem Publikum in Gänze vorab vorstellen wollte. Der Deal: Wer ein Ticket kauft, erwirbt die Vinylversion und hält sie schon Monate vor dem eigentlichen Release in den Händen. Am Ende funktionierte nur der zweite Teil der kreativen respektive geschäftstüchtigen Vereinbarung, denn während die Platten nach kleiner Verzögerung verschickt wurden, musste die Tour aufgrund einer Erkrankung ins Frühjahr verschoben werden. Mit der offiziellen Veröffentlichung steht dem Genuss der Songs jetzt nichts mehr im Wege. Hinein also in ein komplexes Unterfangen. "Ouverture" heißt das erste Stück, und wer Faber schon ein bisschen länger verfolgt, erkennt ganz rasch: Er setzt auf ein bewährtes Schema. Schon auf seinem Debüt "Sei ein Faber im Wind" und auf dem Nachfolger "I fucking love my life" ging es mit einem Auftakt unter dem gleichen Namen los.

Im Anschluss nimmt die Sache Fahrt auf. In "Du kriegst mich nicht zurück" geht der gebürtige Züricher textlich gleich in die Vollen, wie man es im Grunde aber ja von ihm längst gewohnt ist. "Mach Dir keine Sorgen / Hab einen Strick für alle Fälle / Das Leben ist ne Phase / Und der Rest ist die Hölle", heißt es da in einem musikalisch überzeugenden Stück über die Eifersucht. Von der Auseinandersetzung mit den Tücken der Kommunikation in den Zeilen "Warum schreibst Du nicht zurück? / Ich hab gesehen da sind zwei Haken / Das ist der Haken an der Sache / Zuletzt online 20 Uhr 10 / 18 Uhr hab ich gefragt, wie es Dir geht" ist es dann nicht mehr weit bis zu den ersten Derbheiten: "Du bumst Dich durch die Gegend / Pumpst mir durch die Venen / Verdammte Eifersucht / Fick Dich machst mich verrückt / Doch Du kriegst mich nicht zurück." Willkommen in einem Grenzbereich der Poesie, der sich zwischen Zote, wahrer Lyrik und stolperndem Reim nicht immer entscheiden kann. Man ahnt: Ihm selbst ist das herzlich wurscht.

Künstlerisch liefert Faber im Verbund mit seiner Band durchaus ab. "Ouverture" holt einen direkt in seinen Kosmos, das Chansonhafte wie in "Du kriegst mich nicht zurück" ist eine ebenso passende Zutat wie die gelegentlichen orientalischen Klänge, die beispielsweise "Sie ist wieder in der Stadt" und noch mehr "Ayurveda" einen speziellen Reiz verleihen. Zwischendrin betreten wir in "Leon" die Tanzfläche und finden uns kurze Zeit später in "Addio" an Fabers Seite mit einem Chor in der Kirche wieder. Es gibt gerade im letzten Drittel Momente, die einen schlicht rätselnd zurücklassen und selbst bei wiederholtem Durchlauf nicht zünden wollen. Das liegt nicht nur am mangelnden Textverständnis, denn den familiären Wurzeln folgend schwenkt er für das finale Song-Trio hinüber ins Italienische. Den in dieser Hinsicht passenden Schlusspunkt bildet das gemeinsam mit seinem Vater Pippo Pollina intonierte "Pirdutu cori", das eingeleitet wird von "Gedanke schwer wie d Wulche über eus / Dini Auge leer wie mini Wort". Irgendwie fühlt man sich in diesem Moment, bei allem Respekt vor dem Umstand, dass es bei Faber zumindest nie langweilig wird: raus. Und damit noch einmal zurück zu Amazon und der mehr als erstaunlichen Produktbeschreibung. "Es entwirft Instrumente und Sensoren in einer Vielzahl von Technologien – mechanisch, optisch und mikrooptisch, atombasiert –, um die Leistungs-, Kosten- und Größenvorgaben der Kunden in einer Vielzahl von Umgebungen für Anwendungen zu erfüllen, die von strategischen Militärplattformen über Systeme auf Mannschaftsebene bis hin zu kommerziellen Systemen reichen." Der Kopf schwirrt? Geht einem bei Faber tatsächlich oft nicht anders.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights

  • Du kriegst mich nicht zurück
  • Leon
  • Deus

Tracklist

  1. Ouverture
  2. Du kriegst mich nicht zurück
  3. Sie ist wieder in der Stadt
  4. Ayurveda
  5. Temptation Island
  6. Nocturne
  7. Leon
  8. Ihr habt meinen Segen Pt. 2
  9. Deus
  10. Addio
  11. Anima ribelle
  12. Odiarsi un po'
  13. Pirdutu cori (feat. Pippo Pollina)

Gesamtspielzeit: 41:59 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

musie

Postings: 4097

Registriert seit 14.06.2013

2024-12-29 20:47:28 Uhr
Leon und L‘Enfer haben ja auch mehr gemeinsam als nicht… L‘Eon & Lenfer… Offensichtlich… Passt doch muss man nicht rumschimpfen

Enrico Palazzo

Postings: 5863

Registriert seit 22.08.2019

2024-12-28 11:28:11 Uhr
Ich bin kein Faberfan und ich bin nicht ausfallend geworden :) Ich verstehe nur nicht, woher der Anspruch kommt, dass man jeden und alles auf der Welt kennen muss. Das meine ich mit Klugscheißerei. Einfach nett anerkennen, dass deine Lebenswelt nicht die von anderen Menschen ist. Du hättest ja auch nur auf den Umstand hinweisen können, dass der Song ggf geklaut sein könnte, anstatt dem Rezensenten gleich was vor den Latz zu knallen.

Claudia M.

Postings: 2

Registriert seit 28.12.2024

2024-12-28 11:13:16 Uhr
Melodie, Inszenierung, Instrumentierung, Choreinsatz, elektronischer Fanfarenstoß… mehr geht ja schon gar nicht.
Ok, eigener Text… „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum“ … unglaublich einfallsreich….
Und wenn man sich den Auftritt in ZDF Magazin Royal ansieht, macht er einmal sogar diese Stromae-typische Handbewegung zum Kopf nach.
Echt krass.
Vergleich das mal mit Stromae, auch beim ZMR, am 11.3.2022

Und auch wenn du Faberfan bist, musst du nicht gleich ausfallend werden

Enrico Palazzo

Postings: 5863

Registriert seit 22.08.2019

2024-12-28 09:32:35 Uhr
Klugscheißerei. Nicht jeder Mensch, der Faber hört, hört auch Stromae.

Claudia M.

Postings: 2

Registriert seit 28.12.2024

2024-12-28 09:13:56 Uhr
Das Lied Leon ist voll von Stromae abgekupfert, L‘enfer.
Sollten Musikrezensenten aber doch merken, Stromae ist ja wohl bekannt.
Zum kompletten Thread

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