The Avett Brothers - The Avett Brothers

Ramseur / Membran
VÖ: 17.05.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Das nicht ganz weiße Album
Wer sich Rick Rubin ins Studio holt, hat meist etwas Größeres vor: künstlerisch entschlacken, den ganzen Ballast hinter sich lassen und den Kern des eigenen Schaffens bestmöglich herausschälen. Nach manchen Krisen gelingt es dem Produzenten, der selbst zum Star geworden ist, strauchelnde Sänger und zweifelnde Bands wieder auf die Spur zu setzen. Tom Petty hat es mit ihm geschafft, Johnny Cash ohnehin und dann eine ganze Latte weiterer Musiker. Die Liste ist so lang, dass man damit ganze Zimmer tapezieren könnte. Umso erstaunlicher, wenn sich Rubin eigenhändig um die Zusammenarbeit mit einer Band bemüht – so geschehen 2009 bei den damals noch jungen The Avett Brothers. Rubin hatte sie live gesehen und einen Narren an diesen Alternative-Country-Typen gefressen. The Avett Brothers hatten ein paar ganz ordentliche Platten aufgenommen, um dann mit "I and love and you" unter den Fittichen Rubins international durchzustarten. Seitdem ist jedes Album von Rubin produziert worden. Das hatte einerseits den Vorteil, dass wirklich jedes Werk der Band überdurchschnittlich gut ist. Es schien aber auch einen gewissen Druck bei dem Quintett aus North Carolina aufgebaut zu haben, vor so einem berühmten Produzenten nicht wie die letzten Deppen dazustehen. Denn die Musik war auch sehr ernst in ihrem Perfektionismus. Keine Spur mehr von den Albernheiten und dem Honky-Tonk der Anfängerjahre; sie wollten erwachsen werden.
Doch genau diese Mischung aus ernsthaften Elementen und dann einem Augenzwinkern, es ist hier alles doch gar nicht so ernst zu nehmen, ist nun mal die DNA von The Avett Brothers. Das neue Werk trägt keinen Titel, sondern kommt schlicht als "The Avett Brothers" daher. Es deutet schon darauf hin, dass Rick Rubin schon wieder eine Kernbohrung zum Essenziellen einer Band gelungen sein dürfte. Und tatsächlich spielen die Fünf mit einer Leichtigkeit auf, die an die Anfangstage erinnert, zusammen mit einer musikalischen Stringenz wie auf "The carpenter". "Cheap coffee" und "Country kid" sind nicht nur hervorragende Songs, die an das zweiundzwanzig Jahre alte Debüt "Country was" anschließen. Sie zeigen auch, dass The Avett Brothers diesen Spirit, der sie einst berühmt gemacht hat, ohne Probleme wieder aus dem Hut zaubern können. Den Indie-Rocker "Love of a girl" hätte man der Band gar nicht mehr zugetraut. Um zu beschreiben, was auf diesen drei Minuten an Feuerwerk abgefackelt wird, landen die Hörer*innen eher bei Violent Femmes als bei anderen Country-Bands. Und warum kommt einem "Orion's belt" so albern und bekannt vor? Nun, die Gesangslinie erinnert schon stark an "Paul" von Die Ärzte, gekleidet in ein wallendes Country-Kleid aus Geigen und Gitarren.
Diese Ausbrüche an purer Lebensfreude finden ein schönes Gegengewicht durch das andere Talent der Band: ergreifende Balladen schreiben. Aber auf diesem Album, mit weniger melancholischer Schwere, sondern einer scheinenden Zuversicht in "2020 regret" und "We are loved", die aktives Hinhören erzwingen und sich gegen das Dahinplätschern früherer Songs der Brüder abheben. Das knurrige und gleichzeitig sonnendurchflutete "Forever now" taucht tief ein in die glorreichen Singer-Songwriter-Zeiten der Siebzigerjahre. Hier wurden Songs mit Ewigkeitsanspruch aufgenommen. Jetzt muss sich die Musikwelt bei einem selbstbetitelten Album nur noch auf einen inoffiziellen Namen einigen. Schwarz, weiß, blau, grün – alles schon besetzt. Vielleicht wird es ebenfalls mit einem Augenzwinkern das "not that white" Album.
Highlights
- Love of a girl
- Cheap coffee
- Country kid
- Orion's belt
Tracklist
- Never apart (w/ vocal prelude)
- Love of a girl
- Cheap coffee
- Forever now
- Country kid
- Orion's belt
- 2020 regret
- Same broken bones
- We are loved
Gesamtspielzeit: 39:32 min.
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28662 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-05-13 20:12:05 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Herr Postings: 2848 Registriert seit 17.08.2013 |
2024-04-09 08:53:02 Uhr
Das ist ja aber sehr schön! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28662 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-04-08 18:39:04 Uhr - Newsbeitrag
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MickHead Postings: 5132 Registriert seit 21.01.2024 |
2024-04-06 10:31:33 Uhr
2. Single "Country Kid"https://www.youtube.com/watch?v=84k_k0OeyV8 |
Herr Postings: 2848 Registriert seit 17.08.2013 |
2024-03-12 10:08:59 Uhr
Das ist ja aber sehr schön! |
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Referenzen
The Lumineers; Iron & Wine; Waxahatchee; Fruit Bats; Bon Iver; Shakey Graves; Cat Clyde; Mumford & Sons;; Hiss Golden Messenger; The Low Anthem; The Felice Brothers; The Lumineers; Badly Drawn Boy; Deer Tick; Blitzen Trapper; Bonnie 'Prince' Billy; Son Volt; Monsters Of Folk; The Barr Brothers; Drive-By Truckers; Forest Sun; Langhorne Slim; Caamp; Fleet Foxes; Noah And The Whale; Elliott Brood; Ben Folds Five; Justin Townes Earle; The Shins; Violent Femmes; Die Ärzte
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