Barry Adamson - Cut to black

Barry Adamson / Integral / Rough Trade
VÖ: 17.05.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Stirb noch einmal, Sam
Kann man so hören: Ein Nicht-Plattentests.de-Rezensent schrieb einmal, die Musik von Burial müsse man sich in etwa so vorstellen, als ginge man mit einem Ghettoblaster im Arm an einem Friedhof vorbei, auf dem ausschließlich Soul-Sänger begraben sind. Zum Beispiel Sam Cooke. Aber was ist das für ein Lärm? Aha: Der kommt nicht etwa von erwähntem Gottesacker, sondern von Barry Adamson, der zu Beginn von "Cut to black" mit "The last words of Sam Cooke" einen der energetischsten Rocksongs seiner Solokarriere raustut und der "Wonderful world"-Legende noch einmal dessen finalen Satz "Lady you shot me" in den Mund legt. Ein Stampfer vor dem Herrn mit wilder Stakkato-Power und donnernder Bläser-Batterie – wenn auch nicht gerade die Kernkompetenz des Mannes aus Manchester, den man vor allem als Geburtshelfer des Post-Punk bei Magazine oder Nick Cave & The Bad Seeds, als dunkel schlürfende Version von Barry White oder als Soundtrack-Spezialisten für den gediegenen Film Noir kennt.
Ebendieser steckt auch im Titel von Adamsons zehntem Studioalbum und verweist auf Arbeiten wie "Something wicked this way comes", das einst den spukigen Dialog mit dem Mystery Man in David Lynchs "Lost highway" begleitete. Viel Platz für angejazzte, trippige Schleicher dieser Prägung bleibt auf "Cut to black" allerdings nicht, wie schon der aufgekratzte Opener signalisiert. Eher für trocken rumpelnde Groove-Kartons Marke "Demon lover", mit dessen Protagonistin sich der Brite ähnlich gern ins Bett legt wie mit der "Black amour" auf "The king of Nothing Hill" vor mehr als zwei Jahrzehnten. Dabei knarzen die Hörner und knurren die Riffs aus allen Studioecken, während der Sänger zum blechernen, tighten Backbeat croont, jauchzt und für alle libidinösen Schandtaten bereit scheint – ein knackig bumsendes Vergnügen, das komplett auf die Adamson von jeher ans Herz gewachsenen Streicher-Kadenzen verzichtet. Nicht, dass es mit der Leibhaftigen am Ende noch ansatzweise romantisch wird. Schmiegende Absichten? Fehlanzeige.
Zumindest beim ruppigen Auftakt, ehe Adamson erneut Geschmeidigkeit im Spannungsfeld von Soul, Funk, bluesigem Rock'n'Roll und Elektronik beweist. Das kuschelig benannte "Manhattan satin" etwa hat dank verkokeltem Orgel-Intro und meisterhaft arrangierter Geigigkeit zusammen mit diskretem Dance-Wumms und Scratch-Einlagen gleich mehrere Discokugeln intus, im elegischen Titelstück verströmen Twangs und smoothe Rhythmusfigur eine düstere Eleganz, die aber auch jederzeit in swampige Frivolität umkippen kann. Nichts Anzügliches im Schilde führt hingegen der elektrifizierte Folk von "Amen white Jesus", nach dem der nächste Altvordere wartet, wenn sich das wohlige "One last midnight" bei der Melodieführung von Bob Dylans "Like a rolling stone" bedient. Eine Ehrerbietung, die der formvollendete Musiker Adamson in ihrer Unverhohlenheit freilich nicht nötig hätte – aber auch einer der leichtherzigsten Momente eines wunderbar weitverzweigten Albums. "Waiting for the end of time"? Zu "Cut to black" gerne.
Highlights
- The last words of Sam Cooke
- Cut to black
- Manhattan satin
- One last midnight
Tracklist
- The last words of Sam Cooke
- Demon lover
- Cut to black
- Manhattan satin
- These would be blues
- Please don't call on me
- Amen white Jesus
- One last midnight
- Was it a dream?
- Waiting for the end of time
Gesamtspielzeit: 43:10 min.
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