Mark Knopfler - One deep river

EMI / Universal
VÖ: 12.04.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Gitarre und das Flair
Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte Mark Knopfler für einen guten Zweck eine Neuauflage des epischen Instrumentals "Going home" aus der Filmmusik zu "Local Hero" von 1983. Als Gäste waren über 50 (!) globale Gitarrenheroen an der Aufnahme beteiligt, von Eric Clapton über Brian May und Bruce Springsteen bis zu Ronnie Wood. Für einen distinkten, unverwechselbaren und legendären Sound brauchte Knopfler freilich niemals Unterstützung von außen. Der einstige Sultan des Swings gab sich auf seinen Soundtracks und Soloalben ja zumeist mehr als Champion des Chills im (Ent-)Spannungsfeld von Rock, Blues, Folk und Country. Da wirkte "Down the road wherever" von 2018, das die Ergebnisoffenheit ja bereits im Titel trug, mit seinen Ausflügen in Richtung Motown und Bossa Nova schon fast wie eine experimentelle Eskalation. Mit "One deep river", Knopflers inzwischen zehnter Platte ohne Dire Straits, kehrt der Brite ebenso überraschungsarm wie meisterlich zurück in gewohnteres Fahrwasser.
Der schmissige Opener "Two pairs of hands" erinnert sehr an J.J. Cales groovenden Tulsa Sound, und Knopflers hier passend zum Titel teils gedoppelter, raunender Gesang erzählt von Verantwortung und Überforderung als Musiker auf der Bühne und überhaupt. Außerdem werden bereits hier Vergänglichkeit und das unbarmherzige Voranschreiten der Zeit als übergeordnetes Thema der Songs auf dem Album eingeführt: "Holy moly, where did the time go?" In "Ahead of the game" geht es womöglich autobiografisch um einen jungen Singer-Songwriter zu Beginn seiner Karriere, und auch Riff und Arrangement wirken wie eine Reminiszenz an die Dire Straits der frühen Achtzigerjahre. In einem tropikalen Jimmy-Buffet-Gewand kommt der lakonische Schunkler "Smart money" daher, noch viel stärker jedoch ist aber der funky, kratzige Blues von "Scavenger's yard", in dem Knopfler auch die elektrische Gitarre mal wieder erklingen lässt. Gar so abwechslungsreich wie es dieses erste Albumdrittel andeutet, ist der Verlauf von "One deep river" jedoch nicht. Für die verbliebene halbe Stunde Spielzeit nimmt die Band um Knopfler und Dire-Straits-Veteran und Produzent Guy Fletcher deutlich das Tempo raus und die Tonalität wird zunehmender kontemplativer, sodass sich der Reiz nicht all dieser Stücke gleich beim ersten Hören erschließt.
Die Americana-Meditation "Tunnel 13" über einen mörderischen Überfall auf eine Eisenbahn im Jahr 1923 beweist Knopflers lyrische Brillanz als Geschichtenerzähler. Eine Outlaw-Westernballade fast in der Tradition von Waylon Jennings oder Johnny Cash ist auch das elegische "Sweeter than the rain", dessen Erzähler womöglich ein Auftragskiller sein könnte. "Watch me gone" mit seiner melancholisch aufheulenden Pedal-Steel-Gitarre erwähnt beiläufig die Weggefährten Bob Dylan und Van Morrison und wirkt wie eine Lebensbilanz als Serie von Abschieden, den finalen solchen explizit mitgedacht. Musikalisch etwas beschwingter, aber thematisch ähnlich, verhandelt auch "When my train comes" die Bereitschaft zum Abschied. Weiteren Tourneen hat der 74-Jährige aus gesundheitlichen Gründen bereits eine Absage erklärt – sollte "One deep river" auch sein letztes Studioalbum bleiben, wäre es ein überaus würdiges Finale. Im abschließenden, majestätischen Titeltrack mit sanften Gospel-Anleihen liefert Knopfler wie in einem vorgezogenen Epitaph würdige Zeilen, die auch sein eigenes Vermächtnis adäquat beschreiben: "But your light will keep on burning / Like that evening star / And your song will keep returning / Wherever you are."
Highlights
- Two pairs of hands
- Scavenger's yard
- Watch me gone
Tracklist
- Two pairs of hands
- Ahead of the game
- Smart money
- Scavenger's yard
- Black tie jobs
- Tunnel 13
- Janine
- Watch me gone
- Sweeter than the rain
- Before my train comes
- This one's not going to end well
- One deep river
Gesamtspielzeit: 41:46 min.
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28327 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-04-17 20:07:57 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
MickHead Postings: 4187 Registriert seit 21.01.2024 |
2024-02-23 10:30:57 Uhr
Die nächste hörenswerte Single "Watch Me Gone".https://www.youtube.com/watch?v=gTLFSj6svdY |
Herr Postings: 2748 Registriert seit 17.08.2013 |
2024-02-03 22:44:31 Uhr
Jawoll - klingt…… exakt wie immer. Freue mich! |
MickHead Postings: 4187 Registriert seit 21.01.2024 |
2024-02-03 11:18:07 Uhr
Mark Knopfler veröffentlicht am 12.04. nach ca. 6 Jahren das neue Album "One Deep River".Die erste Single "Ahead Of The Game" vom Allerfeinsten! https://www.youtube.com/watch?v=ypj4BrAeu3Y https://www.youtube.com/watch?v=gaAtqgbA5WA |
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Referenzen
Dire Straits; David Knopfler; The Notting Hillbillies; J.J. Cale; Tom Petty; Bob Dylan; Chris Rea; Chet Atkins; Van Morrison; The War On Drugs; John Fogerty; Bruce Springsteen; Traveling Wilburys; Steve Earle; Robbie Robertson; George Harrison; The Walkabouts; Ryan Adams; John Hiatt; Calexico; Lambchop; Wilco; Warren Zevon; Gram Parsons; The Waterboys
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