English Teacher - This could be Texas
Island / Universal
VÖ: 12.04.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Der Zauber im Grau
Auf den britischen Inseln haben die Menschen für rauhes, ungemütliches Wetter meist bloß ein Achselzucken übrig. Sturm, Regen und graue Tage sind alltäglich. Und gewiss tragen jene äußeren Phänomene zu den speziellen wie faszinierenden Bildern bei, die Dich bei einem Besuch einer Großstadt auf der Insel nachhaltig faszinieren. Einem Besuch, beispielsweise in Leeds. In der drittgrößten Stadt Englands herrscht emsiges Treiben, die komplette Region ist industriell geprägt, sehr viele Menschen zählen sich zur Arbeiterklasse, so ein bisschen der Ruhrpott im UK. Es gibt ein feines subkulturelles Angebot, und selbst wenn einige Großstädter auf Schick machen: London und seine "Posh"-Attitüde, wie man in Leeds sagt, sind viel, viel weiter weg vom Nordosten Englands, als Google Maps es anzeigt.
Jener spezielle Zauber der Straße, die mutige Bescheidenheit, die energische Melancholie: All dies steckt in der Musik von English Teacher. Dabei richtet das Quartett aus Leeds um Sängerin Lily Fontaine den Scheinwerfer auf jenen Teil der Gesellschaft, der in all dem Glanz und Glamour in Social Media und (Trash-)TV nicht stattfindet, der kaum gesehen wird. Die Auskopplung "The world's biggest paving slab" besticht nicht nur durch ihr markantes Gitarrenriff und wunderbar hypnotischen Gesang, sondern auch mit Metaphorik: All jene, die im unteren Job- und Lohnsegment arbeiten, die für die Gesellschaft unerlässlich sind, verdienen mehr Wahrnehmung und Wertschätzung.
Über "This could be Texas", das allseits des Feuilletons gelobte Debut von English Teacher, kann man vieles schreiben. Aber nicht, dass die Band es sich mit ihren Songs leicht macht. Sicherlich ist es eine Leistung, so viele knackige und krachende Hits zu schreiben wie etwa die irischen Kolleg*innen Sprints dies zum Kaltstart in dieses Jahr 2024 taten. Der Ansatz von English Teacher ist indes ein anderer. Obwohl "This could be Texas" viel Abwechslung bietet, fungiert "Broken biscuits" vielleicht als Paradebeispiel. Das Stück baut sich erst sachte um ein Piano herum auf und schaut nach und nach entspannt dabei zu, wie immer mehr Intensität und Chaos im bewusst offenem Raum entstehen, der natürlich einen politischen Anstrich trägt: "Broken biscuits, broken town / Can a river stop its banks from bursting?! / Blame the council / Not the rain."
Intensität und Tiefe entstehen nicht nur hier durch kluge wie überraschende Dramaturgien im Songwriting und durch ausgeklügelte Varianten in der Rhythmusgebung. Fontaine sowie Gitarrist und Co-Songschreiber Douglas Frost positionieren die Stücke inmitten einer Nische, welche Bands wie Black Country, New Road zuletzt hatten neu aufleben lassen. Dort kommt es im treffend betitelten "Not everybody gets to go to space" zu kleinen epischen wie packenden Finals, doch darf es auch mal ruhig zugehen, ohne dass die emotionale Wucht darunter leidet, wie im bewegenden Titelsong. Selten nur toben sich English Teacher über die volle Songlänge derart aus wie im großartigen Post-Punker "R&B", dessen EP-Version noch ein wenig kantiger ist.
Das tolle "Im not crying, you're crying" nimmt im fuzzy Indie-Rock-Gewand dann Tempo auf, auch hier fiept, pingt und kratzt es im dick beschichteten Hintergrund. Der Song thematisiert den Kampf der Gesellschaft mit dem Wandel: das ständige Jammern über Veränderungen, das Beharren auf Bewährtem, verbunden mit andauernden Rechtfertigungen, besonders aus Sicht einer Frau. Ziemlich entzückend schleicht sich "You blister my paint" auf einmal überraschend in Kammerpop-Sphären und lädt zum souligen Schwoof. Da mag jemand neuere Arctic Monkeys. Und: Fontaines Stimmpotenzial kommt hier wunderbar zur Entfaltung. Womit wir beim Stichwort für den Closer angekommen wären. "Albert Road" baut sich in purer Ruhe und Schönheit auf, Bass und Drums flankieren den zarten Gesang, bevor eine sanfte Gitarre sich langsam hinzugesellt und sich beim Blick über den Keyboard-Teppich am Horizont langsam eine Soundwall auftut. Der Blick gen Himmel? Oh nein! Sicher sagt es gleich wer... "Es gibt kein schlechtes Wetter. Bloß schlechte Kleidung."
Highlights
- The world's biggest pavement slab
- Broken biscuits
- I'm not crying, you're crying
- R&B
- Albert Road
Tracklist
- Albatross
- The world's biggest paving slab
- Broken biscuits
- I'm not crying, you're crying
- Mastermind specialism
- This could be Texas
- Not everybody gets to go to space
- R&B
- Nearly daffodils
- The best tears of your life
- You blister my paint
- Sideboob
- Albert Road
Gesamtspielzeit: 50:22 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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headup Postings: 140 Registriert seit 09.09.2017 |
2025-10-10 16:42:49 Uhr
Yep.....das gefällt. Das Album ist aber auch nach wie vor sehr stark.Könnte mal was neues kommen....wobei, das hier ist ja in seiner Art neu...trotzdem |
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Skinner Postings: 73 Registriert seit 13.01.2020 |
2025-10-10 14:30:02 Uhr
Coole Sache beim ersten Reinhören.Könnte eins der wenigen Remix-Alben sein, die wirklich Sinn ergeben. Bisheriger Favorit: I'm Not Crying, You're Crying |
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MickHead Postings: 8103 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-10-10 13:38:40 Uhr
Komplette Playlist bei YouTube:https://youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_l9sVEV7MS4Lk_96axe3TMXS1BIvVbKuuo&si=e2K4QmicRJ40jekC |
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MickHead Postings: 8103 Registriert seit 21.01.2024 |
2025-10-08 14:51:22 Uhr
English Teacher haben eine Sammlung von Remixen und Bearbeitungen ihres Debütalbums „This Could Be Texas“ angekündigt.„This Could Be A Remix Album“ erscheint diesen Freitag (10. Oktober) bei Island Records und enthält 13 Remixe, Edits und Coverversionen von Tracks des 2024 mit dem Mercury Prize ausgezeichneten Albums des Quartetts aus Leeds, neu interpretiert von einer Reihe von Kultikonen und aufstrebenden Künstlerkollaborateuren. Zu den Gästen zählen die DJs von Fontaines D.C., SHERELLE, Daniel Avery, Water From Your Eyes, Baxter Dury und Working Men’s Club. English Teacher sagte: „Wir sind so dankbar, dass einige unserer liebsten zeitgenössischen Künstler und Freunde bereit waren, das mit uns zu machen.“ Tracklist: 1. Albatross (Bug Teeth Remix) 2. The World's Biggest Paving Slab (Daniel Avery Remix) 3. Broken Biscuits (Lewis Whiting Remix) 4. I'm Not Crying, You're Crying (Water From Your Eyes Remix) 5. Mastermind Specialism (SHERELLE's 160 Steps To Enlightenment Mix) 6. This Could Be Texas (Baxter Dury Remix) 7. Not Everybody Gets To Go To Space (Working Men's Club Remix) 8. R&B (Max Cooper Remix) 9. Nearly Daffodils (Matt Maltese Rework) 10. Best Tears Of Your Life (FDC DJs Remix) 11.You Blister My Paint (Silver Gore Remix) 12. Sideboob (TAAHLIAH Remix) 13. Albert Road (Blossom Calderone Rework) |
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Francois Postings: 1459 Registriert seit 26.11.2019 |
2025-01-08 22:40:54 Uhr
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Referenzen
Dry Cleaning; Dream Wife; My Bloody Valentine; Black Country, New Road; Sleater-Kinney; Sprints; Yuck; The Last Dinner Party; Warpaint; Bat For Lashes; PJ Harvey; Wet Leg; The Dresden Dolls; Fontaines D.C.; Bodega; Girl Ray; Black Box Recorder; The Cranberries; Arctic Monkeys; Elbow; David Bowie; Sonic Youth; Modest Mouse; Parquet Courts; Silver Jews; Slaves; Lambrini Girls; Squid; Wolf Alice; Black Honey; The Beaches; The Divine Comedy; Pixies; Kate Bush; Kate Nash; St. Vincent; Radiohead; Thom Yorke
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- English Teacher - This could be Texas (79 Beiträge / Letzter am 10.10.2025 - 16:42 Uhr)



