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R.Y.F. - Deep dark blue

R.Y.F.- Deep dark blue

Bronson / Cargo
VÖ: 05.04.2024

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Holzhart aber herzlich

Wer ins Wasser geht, sieht meistens keinen Ausweg. So schlimm stand es um Francesca Morello glücklicherweise nicht, als sie vor der Insel Stromboli mit dem Katamaran unterwegs war – und so fasziniert vom "Deep dark blue" des Meeres, dass sie in die Fluten hinabtauchte. Was die Sorgen der Italienerin um ihre schwer erkrankte Ehefrau zwar nicht kleiner machte, ihr aber plötzlich neue Hoffnung gab und sie dazu ermutigte, sich auf dem Nachfolger des Elektro-punkigen 2021er-Albums "Everything burns" variabler, verletzlicher und intimer zu präsentieren. Gewohnt kämpferisch geht Morello auf dem fünften Longplayer ihres Projekts R.Y.F. dennoch zur Sache: Schließlich bleibt immer noch genug aufzuräumen in Sachen Akzeptanz von LGBTQ+, feministischer Selbstermächtigung und Diskriminierung jeglicher Art. Devise: Patriarchy over & out. Nicht, dass die queere Musikerin dafür auf namhafte Unterstützung angewiesen wäre – geholt hat sie sich diese trotzdem. Und bei der Gelegenheit gleich ihren Sound neu festgezurrt.

Das deutete schon die Vorabsingle "Blue" an: einerseits ein geschmeidig groovender Synth-Pop-Track, der andererseits jedoch durch den akzentuierten Gast-Rap von Camae Ayewa alias Moor Mother eine coole, dunkelblaue HipHop-Schlagseite erhält. Nicht die einzige stilistische Kapriole, mit der Morello auf "Deep dark blue" ausnehmend gut fährt respektive schwimmt. Und wenn es im knochentrockenen, erst verspätet mit einer kleinen Melodie aufgebohrten Trap-Kracher "Lies" seelisch allzu schwer wird, gibt es immer noch das Körperliche als Ventil – ganz im Geiste und mit den Worten der gleichgesinnten Merrill Nisker: "Mama Peaches taught me / That pain must be fucked away." Und: "I wanna have my clit like Pinocchio's nose." Holzharte Sache also. Weiß auch das von gewaltig aufgepumptem Riffing angetriebene "Smash & destroy", das allen männlichen Herrschafts-Auslaufmodellen ein "We are pussies, we are strong!" entgegenblafft und als elektrifizierte Rock-Kraftprotzin mit erstaunlich präzisem Arrangement glänzt..

Ähnlich doppelstöckig und mit der wohl prominentesten Gästin im Schlepptau: "Can I can U", bei dem sich Morello mit Skunk-Anansie-Frontfrau Skin lauthals die Bälle zuspielt und das seinem strengen, bassigen EBM-Gerüst nacheinander diskret ätzende Alternative-Gitarren und ein raumgreifes House-Piano hinzufügt – ein flammendes Plädoyer dafür, dass gefälligst jeder Mensch lieben soll und darf, wie und wen er möchte, während die Club-Energie unmissverständlich aus allen Poren trieft. Auch angesichts des mit grollenden Synth-Bläsern verschnittenen "Run run run" umso reizvoller, dass der sumpfig-gekippte Torch-Song "Violent hopes" und die flehende Piano-Ballade "December 25th" Morello zudem als vorzügliche Sängerin zeigen, die Nina Simone oder Billie Holiday genauso nahesteht wie aktuellen Krachschlägerinnen mit humanistischer Mission. Und obwohl das abschließende Industrial-Schaben "Deep dark" die Dinge wieder schiefrückt, bleibt dieses oft kratzbürstige Album auch ein herzliches. Blauer wird's nicht.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Lies
  • Can I Can U (feat. Skin)
  • Smash & destroy

Tracklist

  1. Blue (feat. Moor Mother)
  2. Lies
  3. Can I can U (feat. Skin)
  4. Droplets
  5. Run run run
  6. Violent hopes
  7. December 25th
  8. Smash & destroy
  9. Sirene
  10. Deep dark (feat. Alos)

Gesamtspielzeit: 34:21 min.

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Armin

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2024-04-10 20:48:28 Uhr - Newsbeitrag
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