Four Tet - Three

Text / Indigo
VÖ: 15.03.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Das Glas ist voll genug
Schokolade, Alkohol, Fernsehen – Laster gibt es zur Genüge, die man in der Fastenzeit angehen kann. Verbessert der Verzicht das Wohlbefinden? Das muss man individuell für sich beantworten. Warum aber nicht mal auf Dinge pfeifen, die immer runterziehen und miesmachen? Zum Beispiel das ständige Beschweren. Um den Fokus auf positive Dinge zu lenken, schließen sich immer mehr Menschen dem Prinzip Jammerfasten an: Eine Woche oder gar länger wird nicht geschimpft, gejammert, gemeckert. Negative Dinge werden angesprochen, aber mit dem Ziel, Positives herauszufiltern oder Verbesserungen anzustreben. Wer dazu musikalische Unterstützung braucht, kann sich schon mal die Diskografie von Four Tet in die Mediathek schleusen. Schon Albumtitel wie "Everything ecstatic", "There is love in you", "Beautiful rewind" oder "New energy" versprechen das, was sie halten. Elektro für die Seele. Wohlbefinden per Knopfdrehung. Sinuskurven auf dem Weg in die Positivität. Bei Kieran Hebdens zwölftem Album "Three" wirft höchstens der Albumtitel noch Fragen auf.
Die acht Stücke bieten einen stilistischen Querschnitt durch Hebdens fast drei Jahrzehnte umfassendes Schaffen. Die knisternde Percussion von "Rounds"? Wartet direkt im Opener. Schweben durch Sphären ohne Bodenhalt? "Gliding through everything" macht seinem Titel alle Ehre. Clubtaugliches Wummern? "31 bloom" packt die Bassdrum aus und lässt erst im Ambient-Outro wieder locker. So wie das Cover von "Three" aus verschiedenen kleinen Vignetten zusammengestückelt ist, sind die Tracks quasi Suchspiele von Elementen aus dem bisherigen Werk von Four Tet. Das bedeutet zwar, dass Hebden abermals keine radikale Neuerfindung wagt. Doch das macht gar nichts, wenn dabei in Teilen so gute Kompositionen herausspringen wie hier. Nimmt man die Vinylaufteilung in zwei mal vier Stücke, so sind vor allem Anfang und Ende jeder Plattenseite absolute Highlights.
Das eröffnende "Loved" greift nämlich wie erwähnt auf Hebdens Hochphase Anfang der 2000er-Jahre zurück, schlurft gemächlich in die Platte hinein. Kleine Klangzyklen atmen ein und aus, machen selig. Ein paar Minuten später verzückt "Daydream repeat", wenngleich es zunächst eine Noise-Wand aus dem Boden fährt, wie ein zu Soundwellen gewordener Türsteher. Die diffundiert jedoch bald in den Hintergrund, um diesen sonnigen Dancetrack nach vorne zu lassen, auch wenn er sich immer wieder lustvoll in unsicher scheinende Gefilde wirft. Die zweite Plattenhälfte eröffnet "Skater" mit einem geloopten Gitarrenmotiv, das gleichermaßen aus einer Grunge-Ballade oder einem Dreampop-Song von Anfang der 90er stammen könnte. Die Sogwirkung hält an.
Das alles gipfelt am Ende im bereits 2023 veröffentlichten "Three drums". Ein simples und erprobtes Konzept: Soundschichten werden nach und nach über die titelgebende Percussion gekippt, bis alles in einem harmonischen, wohligen Meer aus Sound versinkt. Die letzten drei der acht Minuten sind für einen wunderhübschen Comedown reserviert. Selbst in einem so opulenten Gesamtwerk wie dem von Four Tet ist der Song ein Kandidat auf die oberen fünf Plätze. Und die restlichen Tracks? Im Sinne des Jammerfasten wollen wir es mal so halten: Sie setzen auf Bewährtes, halten die Platte als Kitt zusammen und rücken die Scheinwerfer entsprechend zurecht, damit die Highlights glänzen können. So hat am Ende doch alles eine Aufgabe. Positiv denken geht ganz einfach mit Four Tet.
Highlights
- Daydream repeat
- Skater
- Three drums
Tracklist
- Loved
- Gliding through everything
- Storm crystals
- Daydream repeat
- Skater
- 31 bloom
- So blue
- Three drums
Gesamtspielzeit: 44:54 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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peter73 Postings: 3472 Registriert seit 14.09.2020 |
2024-10-24 19:40:22 Uhr
finds gerade zum ende raus richtig gut ("three drums!") ... eine 7/10 ist angemessen. "parallel" hab ich noch immer nicht gehört, hab ich irgendwie verpasst. |
Vivat Virtute Postings: 181 Registriert seit 05.11.2023 |
2024-10-24 18:31:36 Uhr
Mich hat er mit den Alben nach "There is love in you" nie richtig abholen können, daher lief das neue Album immer nur unter "muss ich irgendwann mal reinhören". Aber ja: Das scheint ziemlich gut zu sein. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10352 Registriert seit 26.02.2016 |
2024-10-24 18:26:07 Uhr
Weiß auch nicht. Für mich so sein bestes seit "Pink" und "Three Drums" in seinen Top 5 für mich. War auch nur knapp keine 8/10. |
fakeboy Postings: 5670 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-10-24 17:33:08 Uhr
Warum so ruhig hier? Vielleicht weil das Album einfach völlig untergegangen ist? Auch ich hab's irgendwie verpasst. Nun mal reingehört und grad für sehr gut befunden. Wie in der Rezi beschrieben: ein sehr guter Querschnitt durch Four Tets Schaffen. Eine Art Best-of mit neuen Songs. Gefällt und passt grad gut zu meiner Stimmung. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27979 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-03-27 21:22:18 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Kieran Hebden; Quantic; Martyn; Pantha Du Prince; DJ Koze; Caribou; Daphni; Bonobo; Matmos; Figurine; James Figurine; The Cinematic Orchestra; Jonny Greenwood; Isan; Iso68; Prefuse 73; Console; Mouse On Mars; Lemon Jelly; Tortoise; Styrofoam; Pole; Adem; To Rococo Rot; Schneider TM; Phantom/Ghost; Cornelius; Herbert; Stereolab; Jamie xx; Moderat; Paul Kalkbrenner; Trentemøller; Röyksopp; Hood; Björk; The Books; The Go! Team; Dntel; The Postal Service; Finn.; Spruce; Madlib; Gonjasufi; Erik Satie; Darkside; Burial; Aphex Twin; Autechre; Fennesz; 13 & God; The Notwist; James Blake
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