Pissed Jeans - Half divorced

Sub Pop / Cargo
VÖ: 01.03.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Das verflixte 19. Jahr
Wie es immer so ist. Erst kommt man sich vor wie der "King of jeans" und kann sich von den "Honeys" die gewünschte aussuchen, irgendwann heißt es dann "Why love now" und wenig später ist man schon "Half divorced". War wohl doch nicht allzu weit her mit der "Hope for men". Und wer könnte mit seiner rauen, angekotzten Stimme die Perspektivlosigkeit des frustrierten Durchschnitts-Amerikaners besser zum Ausdruck bringen als Pissed-Jeans-Frontmann Matt Korvette? Zerbröckelnde Beziehungen, stumpfsinnige Jobs, und im Grunde geht einem sowieso alles gehörig auf den Senkel. Außer der bohrende, sardonisch schlürfende Noise-Rock des Vierers aus Pennsylvania, der zuletzt selbst im aufgeräumten Ohrwurm "The bar is low" zum Schluss kam, dass es immer noch ein Stück tiefer geht im Niveaukeller. Der überfallartige Opener "Killing all the wrong people" konstatiert zu allem Überfluss: Es trifft immer die Falschen im Leben. Und Pissed Jeans? Die treffen auf ihrem sechsten Album mal wieder ins Schwarze.
Andererseits kann man diesen brachialen, nur knapp über zweiminütigen Auftakt auch als "Wo gehobelt wird, fallen Späne" lesen. Und der Putz bröselt auf "Half divorced" in der Tat von der Decke. Zumal sich Korvette und Kollegen auf "Half divorced" einige lautstarke Ausflüge in Richtung dessen gönnen, was sie selbst als Pop-Punk verstehen. Etwa das noch kürzere "Anti-sapio", ein kleines, aber gemeines Uptempo-Gesäge an die Adresse aller, die den Schirm aufspannen, wenn der Herr Hirn vom Himmel regnen lässt. Ebenfalls unter 120 Sekunden: "Cling to a poisoned dream", das sämtliche trügerische Illusionen mit einem Hardcore-Sturm und rasanten Leads niedermäht, oder "Sixty-two thousand dollars in debt", nach dem dank Power-Riffing und (Becken-)Klingeln in den Ohren die ganze Bude so abgebrannt und runtergerockt aussieht, wie der Titel suggeriert. Immerhin zieht "Helicopter parent" eine schleifende Sollbruchstelle ein, auch wenn das Rotations- schnell zum Detonationsprinzip wird. "Everywhere is bad"? Zweifelsohne.
Durchhaltevermögen beweisen Pissed Jeans dennoch zur Genüge. Die baufällige Baracke "Junktime" steht vermutlich in der Nachbarschaft von Dead Kennedys' toxisch müffelnder "Kepone factory", dauert jedoch vier Mal so lange und leistet sich zwischen Korvettes gutturalem Nörgeln, missmutiger Knurr-Gitarre und dicker Bass-Drum immer wieder dröhnende Ausbrüche. "Monsters", die Coverversion eines frühen Stücks der semi-legendären Florida-Punks Pink Lincolns, dampfstrahlt das Quartett dafür auf rund ein Drittel der Spielzeit des Originals runter, ehe der druckvolle Closer verblüffend, na ja, positiv gestimmt wirkt. Nicht ohne Grund, denn in "Moving on" ist Korvette ganz wild darauf, sein deprimierendes Dasein hinter sich zu lassen – mit wenig mehr als diesem kumpeligen Faustschlag von Album unterm Arm. Denn Scheidung oder nicht: Auf sich selbst können sich Pissed Jeans auch nach fast 20 Jahren verlassen. Sie halten die Versprechen, die sie sich geben, und bleiben bei sich, so lange sie leben. Wenigstens etwas.
Highlights
- Helicopter parent
- Sixty-two thousand dollars in debt
- Junktime
- Moving on
Tracklist
- Killing all the wrong people
- Anti-sapio
- Helicopter parent
- Cling to a poisoned dream
- Sixty-two thousand dollars in debt
- Everywhere is bad
- Junktime
- Alive with hate
- Seatbelt alarm silencer
- (Stolen) Catalytic converter
- Monsters
- Moving on
Gesamtspielzeit: 30:08 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fuzzmyass Postings: 18615 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-06-16 23:43:50 Uhr
Geiles Album! Hatte die Band schon lange auf der ToDo Liste, jetzt mit diesem Album endlich tiefgehend reingehört... Top, 8/10 |
fakeboy Postings: 5895 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-04-11 16:57:01 Uhr
Melodiöser als auch schon. "Cling to a poisoned dream" ist ein kleiner Hit, auch "Sixty-two thousand dollars in debt" macht Spass. Mir gefällt dieser räudig-punkige Ansatz richtig gut. |
Eiersalat Postings: 1025 Registriert seit 08.01.2024 |
2024-03-06 21:38:53 Uhr
Schon mal ein erstes Highlight für dieses Jahr. Macht Bock. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28639 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-03-06 21:02:46 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
The Jesus Lizard; Unsane; Pigs; Mudhoney; Future Of The Left; McLusky; Dead Kennedys; Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine; Lard; Fudge Tunnel; Helmet; Adulkt Life; Metz; So Pitted; Strange Wilds; Melvins; KEN Mode; Chat Pile; Tunic; Eye Flys; Oozing Wound; Throwers; Shellac; Big Black; Rapeman; Black Flag; Rollins Band; Fugazi; Minor Threat; Flipper; The Nation Of Ulysses; Killdozer; Drive Like Jehu; Minutemen; Fidlar; No Age; Japandroids; God Damn; Fucked Up; Gallows; The Bronx; Off!; Cloud Nothings; The Stooges; The Sonics; The Hives; Lagwagon; Rancid; Adolescents; NOFX; Pennywise; Millencolin; Unwound; Part Chimp; Show Me The Body; The Locust; Killing Joke; Foetus; Wiseblood; Converge; Zulus; Doomsday Student; Protomartyr; Wipers
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