Rod Stewart With Jools Holland - Swing fever

Rhino / Warner
VÖ: 23.02.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Do ya think I'm swinging?
Wake up, Plattentests.de, I think I got something to say to you: Rod Stewart hat mehr als 120 Millionen Tonträger verkauft. Ganze zehn seiner Alben erreichten den Spitzenplatz in den britischen Charts. Das schöne Wort "Reibeisenstimme" wurde quasi für ihn erfunden. Nur zu einer Rezension bei Plattentests.de hatte es aus irgendeinem Grund bisher offenbar noch nie gereicht. Diesen ideellen Ritterschlag holen wir jetzt nach, die formelle Variante hatte Prinz William bereits 2016 erledigt, als er Stewart zum Sir Roderick erhob. Tatsächlich regte der Output des Briten seit der Jahrtausendwende jedoch auch selten zu Lobeshymnen an. In den Nullerjahren schmachtete er sich auf einer Reihe wenig inspirierter, schnarchig-schmalziger Platten durch das Great American Songbook. Die Rückkehr zu eigenem Material begann 2013 einigermaßen vielversprechend mit dem autobiografisch nostalgischen "Time". Auf den nächsten Alben gab es schöne Momente, aber auch erstaunlich schreckliche Songs, über die hier mit dem Titel eines von Stewarts größten Hits der Mantel des Schweigens ausgebreitet werden soll: "I don't want to talk about it."
Unbedingt erwähnenswert ist jedoch "Swing fever", die neue Kollaboration mit Pianist und Big-Band-Leader Jools Holland, der hierzulande vermutlich eher als etwas hüftsteifer Moderator der BBC-Musikshow "Later with Jools Holland" bekannt ist, sowie seinem 18-köpfigen Rhythm & Blues Orchestra. Holland und Stewart verbindet, neben einer Leidenschaft für Modelleisenbahnen, die Liebe zum frühen Swing- und Big-Band-Sound. Dieser ist oft ungestümer und tiefer im Jazz verhaftet als spätere Aufnahmen der Rat-Pack-Mitglieder oder gar deren Epigonen wie Michael Bublé. Und es ist genau diese Rohheit und Unmittelbarkeit des Sounds, die diese Zusammenarbeit so gelungen macht und auch Stewarts Gesang so elektrisiert wirken lässt, wie dies zuletzt nur noch für seine legendäre Frisur galt.
Der Opener "Lullaby of Broadway" gibt sowohl einem croonenden Stewart, als auch der Band Gelegenheit zu glänzen. Ähnlich süffig und zugleich elegant ist der Klassiker "Pennies from Heaven", mit dem Bing Crosby 1936 einen großen Hit hatte. Mit dem "Night train" kommt der Blues in das Album, ein Genre, dem der blutjunge "Rod the Mod" bereits zu Beginn seiner Karriere in der ersten Hälfte der Sechzigerjahre sehr zugetan war. Auch in der Moritat "Frankie & Johnny" hat Stewart hörbares Vergnügen mit den mühelos wirkenden bluesigen Phrasierungen. Unangestrengte Könnerschaft und Begeisterung für die Materie zeichnen sowohl Sänger als auch Band durchweg aus. Im überdrehten "Oh Marie" gibt Stewart den Scatman im Call and Response mit den Bläsern, bevor ein ausgelassenes Trompetensolo für Ekstase sorgt und jegliche Tanzbeine zum Zucken bringt. Der Jump Blues von "Good rockin' tonight" rockt und rollt dann so vortrefflich, dass es keinesfalls verwundert, dass auch ein gewisser Elvis Presley die Nummer einst aufgenommen hat. Mit "Love is the sweetest thing" von Ray Noble hat es ein einziger Song aus der Feder eines Engländers auf das Album geschafft. Hollands Arrangement verpasst dem unverschämt locker groovenden Stück eine leichte Ska-Schlagseite, und Saxofonist Michael "Bami" Rose steuert noch ein herrliches Solo bei.
Dem achtfachen Vater und zumindest lyrisch notorischen Schwerenöter Stewart dabei zuzuhören, wie er ein unschuldiges "Ain't misbehavin'" säuselt, bringt einen gewissen Schmunzelfaktor mit sich, doch es sind vor allem das Drum-Solo und das Boogie-Woogie-Piano, die diese Aufnahme des Evergreens herausragen lassen. Und Holland lässt auch weitere Instrumentalisten glänzen: "Almost like being in love" fühlt sich auch das fast an Django Reinhardt erinnernde Gitarrensolo im gleichnamigen Stück an. Im Gegensatz zu den sterilen und flachen Produktionen bei den musikhistorisch ja ähnlich gelagerten Songs aus seiner "The Great American Songbook"-Reihe trifft Stewart hier bei der Wahl seiner musikalischen Partner mit Jools Holland und seinem Rhythm & Blues Orchestra voll ins Schwarze und ist auch selbst spürbar voll in seinem Element. "Gonna make a sentimental journey / To renew old memories", heißt es in "Sentimental journey". Für diese nostalgische Reise gilt unbedingte Mitreiseempfehlung. Also alle einsteigen!
Highlights
- Oh Marie
- Love is the sweetest thing
- Ain't misbehavin'
Tracklist
- Lullaby of Broadway
- Oh Marie
- Sentimental journey
- Pennies from heaven
- Night train
- Love is the sweetest thing
- Them there eyes
- Good rockin' tonight
- Ain't misbehavin'
- Frankie & Johnny
- Walking my baby back home
- Almost like being in love
- Tennessee waltz
Gesamtspielzeit: 38:31 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Loketrourak Postings: 2700 Registriert seit 26.06.2013 |
2024-02-22 09:47:23 Uhr
Bin da ganz edegeilers Meinung.Und in Rezi fehlt der substanzielle Hinweis, dass Jools Holland hier bei PT als der Mann bekannt sein sollte, der DAS - also DAS! - ikonische Pianosolo gespielt hat. Nämlich das Solo am Ende von "Uncertain Smile" von The The. |
edegeiler Postings: 3135 Registriert seit 02.04.2014 |
2024-02-22 09:22:35 Uhr
Das muss ijb bewerten ob das so passt. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28276 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-02-21 22:06:09 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Louis Prima; Bing Crosby; Sam Cooke; Louis Armstrong; Count Basie; Duke Ellington; Billie Holiday; Benny Goodman; Frank Sinatra; Ray Charles; Gene Austin; Bill Robinson; Fats Weller; Gene Kelly; Mel Tormé; Dean Martin; Tommy Dorsey; Al Martino; Roy Brown; Glenn Miller; Elvis Presley; Paul Anka; Tony Bennett; Sammy Davis Jr.; Cab Calloway; Django Reinhardt
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- Rod Stewart With Jools Holland - Swing fever (3 Beiträge / Letzter am 22.02.2024 - 09:47 Uhr)