Chromeo - Adult contemporary

BMG / Warner
VÖ: 16.02.2024
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Keine Emotionen, bitte
Sie fühlen sich Disco? Hereinspaziert und keine Scheu vor dem Herrn mit dem etwas eigenwilligen Mützchen und jenem mit dem messerscharfen Schlips. Das sind nämlich mitnichten die Türsteher, sondern Chromeo, die fortan musikalisch durch den Abend führen werden. Die Dame da hinten mit Rock-Gitarre im Anschlag? Ist nur Staffage – wie so einiges auf Longplayer Nummer sieben, was in der Folge noch klar werden wird. Stattdessen stehen beim Duo aus Quebec elektronisches Knattern, überbordende Synthie-Soli und oft schmierige Streicher und Saxofon-Eskapaden auf der Playlist. Und die bereits im Frühjahr 2023 veröffentlichte Single "Words with you" signalisierte genau das: eine recht freundliche Unterredung in weich bepuschelter Club-Umgebung und auf ebensolchem Soundteppich von Dance über Funk bis hin zu Soul mit weißen Hosen.
Nun gut, reden wir also darüber, was vermutlich nicht einmal zeitgenössische Erwachsene noch "Tanzschaffe" nennen würden. Und über zwischenmenschliche Verkletscherung zu digitalen Beats und präzisen Sequenzen. Mit britischen Augen gesehen sind Dave 1 (bürgerlich Macklovitch) und Patrick Gemayel alias P-Thugg also eine Art Schwarzlicht-Version von Pet Shop Boys oder Years & Years mit konservativerem Herrenausstatter. Ins Vereinigte Königreich schielen die beiden auf "Adult contemporary" tatsächlich und haben für "Replacements" Elly Jackson von La Roux verpflichtet. Und ein prima Ersatz für oben genannte Acts ist dieser Vorabtrack allemal, auch wenn Chromeo häufig als kanadische Außenstelle des French-Touch-Genres gehandelt werden. Sie wissen schon: die Art Musik, die das Torwandschießen im "Aktuellen Sportstudio" untermalt.
Aber vielleicht tut es auch nichts zur Sache, wo man so fidel hüpfende Bässe und Bums-Klatsch-Rhythmen programmiert. Hauptsache, die Elektronik knarzt angeraut und schnittig, kleine Farbtupfer machen das Ganze locker, und Jackson gibt steiflippig die zweite Stimme, während Macklovitch gesteht: "I found replacements, but they still feel like you." Bei Pulp hieß so etwas mal "bad cover version of love", Chromeo hingegen kommen zum Schluss: keine Emotionen, bitte. Wie bereits der Auftakt "(I don't need a) New girl" belegt und einen verspielten Klopfer mit Funkel-Keyboards dalässt. Trotzdem haben die beiden nicht nur von "White women" die Nase voll, wenn Macklovitch in "BTS" nicht etwa von der K-Pop-Boygroup schwärmt, sondern samt dem Riff aus Stardusts "Music sounds better with you" seiner künftigen Ex beibiegt: "Sometimes rest can be better than sex."
So bleibt immerhin Zeit, in "Lonesome nights" eine "Ballad of the insomniacs" zu schreiben – würde einem bei "Lost and found" nicht ein durchklingelndes Telefon den letzten Nerv rauben. Und so fühlt sich auch "Adult contemporary" an: wie ein wattierter Selbstfindungstrip, der einem nach der Hälfte schon zum Hals raushängt. Dass sich "Got it good" selbst belügt und "Coda" auf einem fiesen Vocal-Effekt herumreitet, macht die Sache nebst zusehends öligen Sounds nicht cooler – schließlich lässt sich niemand, der bei Trost ist, eine Pizza mit doppelt Käse auf den Dancefloor liefern. Anmerkung am Rande: Der gebürtige Libanese Gemayel und der jüdischstämmige Macklovitch bezeichnen sich scherzhaft gerne als "einzige bisher erfolgreiche arabisch-jüdische Zusammenarbeit". Und wenn das Schule machen sollte, hätte sich dieses aalglatte Album allein dafür gelohnt.
Highlights
- (I don't need a) New girl
- BTS
- Replacements (feat. La Roux)
Tracklist
- (I don't need a) New girl
- Got it good
- Lost and found
- BTS
- Replacements (feat. La Roux)
- Lonesome nights
- Personal effects
- She knows it (Personal effects part 2)
- Ballad of the insomniacs
- Coda
- Words with you
- A cut above
- Friendsnlovers
- Two of us (Friendsnlovers part 2)
Gesamtspielzeit: 50:50 min.
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2024-02-14 20:32:43 Uhr - Newsbeitrag
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