Kirin J Callinan - If I could sing

Worse / PIAS
VÖ: 02.02.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Tips for performers
Demut erwartet man von Kirin J Callinan nicht sofort. Der Australier gibt sich seit Jahren eher glamourös, großspurig und auch im extravaganten Sinne eitel – in der Tradition von David Bowie oder Iggy Pop. Da wird es gerne dramatisch, und trotzdem ist ganz viel Augenzwinkern und Humor dabei – eines der Probleme, die man mit ihm haben kann. So ein Durcheinander muss man schon wollen. Dass er sich für seine Vision wild durch Sounds und Genres mixt, liegt da wohl in Callinans sehr flamboyanter Natur. Am Ende kommt zwar Pop dabei heraus, aber ob der nun eher als Slow-Fuck-Groove auf allen Vieren angepirscht kommt oder direkte EDM-Abfahrten die Gehörwände wackeln lassen, weiß man vorher nie. Dass nun ausgerechnet er im Albumtitel gesteht, dass er vielleicht gar nicht der beste Sänger ist, das überrascht doch etwas.
Dabei war seine expressionistische Überartikulation ohnehin nie auf Perfektion aus, was nur den Varieté-Charakter seiner Alben verstärkte und Callinan so besonders macht. Zum Glück gibt er das mit dem Singen auch auf seinem vierten Longplayer nicht auf. Ganz im Gegenteil: Das war natürlich wieder nur eine Finte und schon im Opener "Bread of love" erhebt Callinan seine Stimme laut und lauter und will hoch hinaus. Und auch die herausragende Single "Young drunk driver", die mit Verve am liebsten die Autoschlüssel verstecken würde, feuert Synthie-Blitze auf einen HipHop-Beat, zu dem inbrünstig gesungen wird. Nur EDM findet sich im Gegensatz zu früher auf "If I could sing" nicht mehr, auch wenn "Anæmic Adonis" mit einem der schönsten Songtitel des Jahres viel Spaß am Rumhüpfen hat und Callinan seine Stimme roboterartig verstellt. Und auch "Eternally hateful" hat Fun, klingt nach der australischen Variante von NDW und würde auch im Endlosloop nicht nerven. Dass "Crazier idea" in der Mitte eine Art elektronische Glam-Rock-Explosion reinschmeißt, ist da quasi nur Kür. Und selbst das instrumentale "Untitled 8", das eigentlich nicht viel mehr als eine Skizze ist, schiebt mit einer schrillen E-Gitarre so nach vorne, dass es etwas Wahnsinniges hat.
Dass Callinan auch in ruhigen Momenten stets etwas Perfomatives hat, zeigt er im sechsminütigen "... in absolutes". Eine sich langsam aufbauende Ballade lässt viel Dramatik erwarten und man fragt sich, wie ernst es dieses Mal wohl werden kann – bis Callinan mit einer bis zur Unkenntlichkeit entstellten Audiospur ins Duett geht. Da kommt dann alles aus ihm raus und am Ende kann er ja doch irgendwie gut singen. Das weiß er natürlich auch selbst – so selbstbewusst, wie er seine Künstlerperson nach außen trägt und mit breiter Brust performt. Kann er sich aber auch leisten, mit einem weiteren sehr guten Album in einem vielfältigen Katalog voller Banger. Das mit der Demut vergessen wir also besser ganz schnell wieder.
Highlights
- Young drunk driver
- Anæmic Adonis
- ... in absolutes
Tracklist
- Bread of love
- Young drunk driver
- Anæmic Adonis
- Eternally hateful
- If I could sing
- Crazier idea
- The truth
- Chop chop
- Untitled 8
- My little ones
- ... in absolutes
- Disdains not dead
Gesamtspielzeit: 44:22 min.
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Referenzen
Alex Cameron; Connan Mockasin; Xiu Xiu; Patrick Wolf; Perfume Genius; Genesis Owusu; Ariel Pink; Antony & The Johnsons; Aldous Harding; Mac DeMarco; Momus; Morrissey; David Bowie; Prince; Iggy Pop; Mark Ronson; Depeche Mode; Dave Gahan; Jarvis Cocker; Puko; The Magnetic Fields; IAMX; Weyes Blood; Jack Ladder; Clarence Clarity; HMLTD; Richard Dawson; The Drones; Seconds Flat; Iceage; Guerilla Toss; Tropical Fuck Storm
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