Frank Carter & The Rattlesnakes - Dark rainbow
International Death Cult / AWAL
VÖ: 26.01.2024
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Auf die Spaßbremse treten
Irgendwann muss der Spaß auch mal ein Ende haben. Und man, hatten wir 2021 einen Spaß mit Frank Carter & The Rattlesnakes' Album "Sticky". Ganz viel Energie, große Refrains zum Mitsingen und ein Haufen Friends, der dem Spaß die Krone aufsetzte. Es war sicher nicht das beste Album im Katalog der Briten, aber ein bitternötiges Freitanzen und -grölen. Jetzt muss es aber mal wieder an den Ernst des Lebens. Elf neue Songs haben ihren Weg auf "Dark rainbow" gefunden, wobei "neu" nicht ganz korrekt ist, gibt Carter zu Protokoll: Einige Texte, einige Ideen sind schon Jahre alt, aber haben nie den Raum zum Atmen bekommen, haben nicht gepasst oder mussten noch auf ihren Moment warten. Ein roter Faden, der schon nach dem ersten Durchlauf auffällig pulsiert: ein mal nervös, mal aufgeregt, mal traurig schlagendes Riesenherz voller Liebe.
Zunächst pumpt das Blut aber an ganz anderer Stelle, wenn "Honey" klebrig den verschossenen Jungspund mimt, der voller Hormone tanzt. Die Liebe hat ihre Hände an Carters Hals und es fühlt sich gut an. Doch es ist eine kurze Affäre, wenn er wenig später in "Man of the hour" feststellt, dass potenzielle Liebschaften eher auf der Suche nach dem Mann, dem Mythos sind, dem Rockstar, dem Pornstar. Ein schleppender Rhythmus ist erschöpft von diesem Verstellen, dieser ewig gestrigen Erwartungshaltung. Ein bisschen mitspielen können die Punk-Kids aus Hertfordshire den Spaß aber noch, wissen sie doch in "Can I take you home", dass man seine Zeit schlechter verbringen kann, als in Bettlaken wälzend. Und "American spirit" lernt sogar nochmal ein bisschen aufgeregt zu sein, schaut der fleischgewordenen Versuchung beim Tanzen auf dem Tresen zu und klingt fast so amerikanisch wie The Black Keys.
Aber wie gesagt, ewig kann das so nicht weitergehen. "Brambles" spürt, wie sich die Stacheln tiefer hineinbohren, und wird mit Streichern zu einem kleinen, düsteren Rock-Märchen, das eventuell in ein schlafartige Trance verfallen könnte, bis es wieder wachgeküsst wird. "Queen of hearts" lässt sich weiter in einen zurückgenommenen Sog gleiten und träumt zu einem leisen Klavieroutro, das mit flachem Atem in "Sun bright golden happening" übergeht. Carter hat nie sanfter als in dieser Ballade geklungen. Kein Ausbruch, kein Aufbäumen, nur gefühlvoller Gesang über einzelne Anschläge: "Our love is as real as the sun / And everything it falls on". "Superstar" wird vom Synthiealarm geweckt und muss sich erst einmal kurz schütteln, bevor es plötzlich doch annimmt, wogegen sich "Man of the hour" noch gesträubt hat, und wird für die richtige Person doch zum schwellenden Klischee: "Kiss me like you mean it / Baby, let me be your Superstar."
Hin- und hergerissen zeigt sich Frank Carter zwischen lauten Liebeleien und leisen Liebesbekundungen. Richtig glücklich kann er eventuell nur mit sich selbst werden. Das halsbrecherische "Self love" hat nur eine Bitte: "If I ever fall in love again, let me love myself / Cause I cause pain in my heart like no one else." Der Glam-Synthie wirkt fast ein bisschen zynisch, als ob der Song seine eigene Forderung nicht ernst nehmen könnte. Eine späte Erkenntnis oder doch nur ein weiterer Irrweg? Dass der Spaß endgültig ein Ende hat, macht der abschließende Titelsong klar: Stumpfe Drums bewegen sich schwermütig. Drei berühmte Wörter fehlen zu Carters Glück. Er wurde verletzt, er hat geliebt, aber ausgesprochen werden die Wörter auch im letzten Song des fünften Albums nicht. Ein Rausschmeißer, der allein nach Hause geht. "Dark rainbow" ist ein Album wie ein Feuerzeug, das am Anfang noch mit Inbrunst eine Flamme im Raum leuchten lässt und dann immer weniger Kraft hat, bis es dramatisch und wunderschön erstickt.
Highlights
- Brambles
- Sun bright golden happening
- Superstar
- Self love
Tracklist
- Honey
- Man of the hour
- Can I take you home
- American spirit
- Happier days
- Brambles
- Queen of hearts
- Sun bright golden happening
- Superstar
- Self love
- A dark rainbow
Gesamtspielzeit: 39:16 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Arne L. Postings: 1172 Registriert seit 27.09.2021 |
2024-06-19 15:11:04 Uhr
Höre es auch immer noch. Am liebsten mag ich mittlerweile “Self love”. |
fuzzmyass Postings: 16596 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-06-19 14:40:21 Uhr
Vielleicht sollte ich es auch nochmal versuchen |
tjsifi Postings: 832 Registriert seit 22.09.2015 |
2024-06-19 14:27:24 Uhr
Bin richtig positiv überrascht. Alles was ich gelesen habe hat mich abgeschreckt und jetzt habe ich endlich mal reinghört und bin jetzt schon beim dritten Durchgang... |
Arne L. Postings: 1172 Registriert seit 27.09.2021 |
2024-02-22 22:57:55 Uhr
Komme gerade vom Konzert und der ist schon einfach ein geiler Showman und Rockstar. Und die neuen Songs haben live sehr gut funktioniert und das Publikum war auch schon textsicher. |
fuzzmyass Postings: 16596 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-02-02 19:24:53 Uhr
Echt schade, hab nur kurz reingehört und sofort die Lust verloren... die ersten beiden Alben waren fantastisch, das dritte gut und schon das vierte konnte ich nur 2-3 Mal hören, auch wenn es nicht schlimm war... auf der neuen scheint die letzte Kante wegpoliert worden zu sein... |
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Referenzen
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