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Tränen - Haare eines Hundes

Tränen- Haare eines Hundes

Eklat / Warner
VÖ: 03.11.2023

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Perfekte Welle

Es brodelt in der deutschsprachigen Indie-Szene, Neue Neue Deutsche Welle ist in aller Munde, und manchmal finden sich sogar Menschen zusammen, die bisher noch nicht miteinander musiziert hatten: Tränen aus Leipzig sind Anfang 2023 auf den Bildschirmen erschienen, zunächst als kryptischer Insta-Account. Wer dahintersteckte, war lange Zeit nicht klar. Das Mysterium lüftete sich schließlich: Bei dem Duo handelt es sich um Gitarrist Steffen Israel und Sängerin Gwen Dolyn. Ersterer ist für die Sechssaiter bei Kraftklub verantwortlich, was man den souveränen Pop-Rock-Riffs auf dem Tränen-Debüt "Haare eines Hundes" durchaus anhört, während Dolyn schon mit ihrer Band Toyboys zumindest im Untergrund für Furore und unbeschwerte 80er-Vibes sorgte. Initialzündung des Zusammenschlusses der beiden Musiker*innen war die Coverversion von "Duell der Letzten", einem Song der Früh-80er-Punks Chaos Z, der Vorgängerband von Fliehende Stürme. Die Referenzen sitzen also schon einmal.

Den Punk-Spirit haben sich Tränen bewahrt – in dem Sinne, dass sie inhaltlich Ecken, Kanten und Krusten zulassen, musikalisch allerdings locker-flockig unterwegs sind. Diese altbewährte Strategie funktioniert auch hier dank ihrer tadellosen Umsetzung ausgezeichnet. Die Single "Stures dummes Herz" macht als funkelndes NNDW-Vorzeigeexemplar alles richtig, ist textlich wundervoll direkt und lässt die Synthies zum tollen Refrain gut gelaunt im Takt wippen. Tränen allzu voreilig in die Drangsal-Schublade zu stecken, greift jedoch zu kurz: Es darf auch ganz ohne elektronisches Beiwerk fröhlich nach vorn rocken, wie etwa der Love-A-Gedächtnis-Waver "Schießen lernen" oder "Alte Wunden" beweisen. An anderen Stellen wiederum muss man schon genauer hinhören, ob nicht doch Eva Briegel singt – gerade "Es ist nicht wie es aussieht" klingt wie eine Zusammenführung der besten Juli-Momente. Ein ernst gemeintes Lob!

Tränen sind gleichzeitig vielschichtiger und weniger verbissen als zum Beispiel Mia Morgan, dabei längst nicht so verkatert und frustriert wie die Kolleg*innen von Lyschko. Das schwerste und trägste Stück heißt "Kapitulation", hier widmet Dolyn sich gesellschaftlichem Druck und den Ansprüchen an ihre Rolle als Frau, bringt ihr Dilemma in herrlich umständlichen Lyrics zur Sprache: "Muss ich mich für Dich verbiegen / Muss ich jetzt meine Love kalibrieren?" Es geht aber auch mit Augenzwinkern: "Zu alt geboren" verwurstet später tatsächlich Alphavilles "Forever young", und zwar in der abgründigen Variante: "Ich bleibe für immer jung / Und wenn nicht, bring ich mich um." So viel Meta-Ebene und Intertextualität seien erlaubt, findet das eingangs erwähnte "Duell der Letzten" doch schließlich auch noch Einzug auf "Haare eines Hundes" und klingt dann wie Nena mit Nietengürtel. Dass "Was bleibt" ein bisschen etwas von "My hero" von Foo Fighters hat, mag hingegen vielleicht nicht so beabsichtigt sein, macht den Song aber gewiss nicht schlechter inmitten eines starken Erstlings mit keinem Gramm Fett zu viel. Tränen sind nicht stolz auf dieses Land, machen ihr eigenes Ding und scheuen nicht davor zurück, dabei auch ein paar blaue Flecken zu kassieren. Neue Neue Deutsche Welle bleibt stabil!

(Ralf Hoff)

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Highlights

  • Stures dummes Herz
  • Kapitulation
  • Zu alt geboren

Tracklist

  1. Es ist nicht wie es aussieht
  2. Stures dummes Herz
  3. Kapitulation
  4. Interlude – Neumond
  5. Duell der Letzten
  6. Zu alt geboren
  7. Schießen lernen
  8. Interlude – Vollmond
  9. Alte Wunden
  10. Mitten ins Gesicht
  11. Was bleibt

Gesamtspielzeit: 27:43 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Lepser

Postings: 2

Registriert seit 13.01.2024

2024-01-13 22:56:52 Uhr
Stuttgart leider auch ausverkauft. Platte ist gut, kann mir gut vorstellen dass da noch was kommt in Zukunft.

Hier stand Ihre Werbung

Postings: 2069

Registriert seit 25.09.2014

2024-01-05 02:17:49 Uhr
Ich kam gerade nicht auf den Namen der Band, aber das Forum enttäuscht nicht. Duell der Letzten klingt wirklich extrem nach Spillsbury.

Kai

User und News-Scout

Postings: 2970

Registriert seit 25.02.2014

2024-01-04 22:04:13 Uhr
Ich hatte das Album im laufe des Jahres schon mal gehört glaub ich.
Das erinnert mich so extrem an Spillsbury. Ein paar nette Hits dabei.
In Köln auch ausverkauft aber das wäre auch an einem Sonntag. Kein guter Tag für so ein Konzert.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27512

Registriert seit 08.01.2012

2024-01-04 21:44:52 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

"Vergessene Perle 2023".

Meinungen?


boneless

Postings: 5762

Registriert seit 13.05.2014

2024-01-04 21:02:00 Uhr
Man kann ja auch reinhören und hoffen, dass man noch an eine Karte kommt. ;)
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