Daft Punk - Random access memories (Drumless edition)
Columbia / Sony
VÖ: 17.11.2023
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
Da failt was
Irgendwas musste ja noch kommen. Dass sich Daft Punk in 2021 mit einem kleinen Filmchen einfach so aus dem Staub gemacht hatten, war nicht das letzte Wort. Ihr viertes und bis dato finales Studioalbum "Random access memories", das die Roboter-Instrumentierung gegen organische(re) Klänge tauschte und das französische Duo plötzlich überall salonfähig machte, wird schließlich zehn Jahre alt. Im Mai 2023 gab es deshalb bereits eine "10th anniversary edition" mit dem Japan-Bonustrack "Horizon" und diversen Demos und Studioschnipseln als Dreingabe. Ein halbes Jahr später ist die Party noch nicht vorbei und die Platte kommt als "Drumless edition" auf den Markt – alle 13 Songs ohne jegliche Percussion. Würde man jährlich einen Award für die überflüssigsten oder am meisten fehlgeleiteten Sonder-Veröffentlichungen der Vorweihnachtszeit verleihen, Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo hätten diesmal sehr gute Chancen darauf.
Noch mal ganz klar gesagt: "Random access memories (Drumless edition)" enthält keine weiteren Änderungen an den Stücken außer das Entfernen der Drum-Spuren aus dem Mix. Daft Punk verlangen für physische Varianten den vollen Preis, für wahrscheinlich wenige Minuten Arbeit. Nun mag man meinen, dass gewisse Songs ohne das perkussive Element vielleicht eine schwebende Qualität bekommen, womöglich Richtung Ambient gehen. Das funktioniert auch am besten dort, wo sich "Random access memories" sowieso zurücknahm oder in bombastische Instrumentals verfiel. "Within" ist ein wundervoller Ruhepol, der Fokus liegt noch stärker auf der Staffelstabübergabe zwischen dem eröffnenden Klavier von Chilly Gonzales und den Synths, die den Song weiter tragen. "Beyond" und "Motherboard" sind ohnehin eher atmosphärisch und wirken nun stellenweise wie ein eindrucksvoller Score. Das abschließende "Contact" lässt das treibende Schlagzeug zwar vermissen, die finale System-Überhitzung findet aber trotzdem statt.
Wenn "Random access memories" die Hits auspackt, wird es jedoch zappenduster. Allein der Songtitel "Lose yourself to dance" wird dank der rhythmischen Leerstelle zum Treppenwitz. "Get lucky" wäre so nie und nimmer der Riesenhit geworden, der er ist, und Julian Casablancas darf sich nun in "Instant crush" ohne Halt durch einsame, öde Weiten blöken. Die Stücke wirken durch die Reduktion viel länger als ihre Originale. Schon die ersten Takte des Albums verraten ein weiteres Problem: Wenn sich "Give life back to music" in Bewegung setzt, scheint es eine Startrampe zu etwas zu sein, das einfach nicht kommt. Da wo die Percussion einsetzen müsste, plätschert es unbeeindruckt weiter. Schlimmer noch ist es bei "Doin' it right". Während das Original im Intro die Drums nach und nach dazuschaltet und damit Dynamik erzeugt, werden in der trommellosen Fassung einfach die Vocoder-Vocals bis zum Erbrechen wiederholt. Doin' it wrong: Warum nicht die Schere hier ansetzen, wenn das Konzept ohne weiteren Eingriff ganz offensichtlich nicht funktioniert?
So bleibt am Ende ein größtenteils sinnloses Unterfangen, das die Frage aufwirft, ob wir demnächst auch Unfug wie "Human after all (Acoustic edition)" oder "Discovery (Synthless edition)" erwarten müssen. "Random access memories (Drumless edition)" zeigt nur auf, wie wichtig das Treiben an den Drums für die Kompositionen ist. Die paar Tracks, die auf ihre Art mehr oder weniger funktionieren – neben den erwähnten Highlights wohl noch das ohnehin scheue "The game of love" oder "Fragments of time", da hier der auch der Synth den Rhythmus mitträgt – hätten Daft Punk locker mit auf die "10th anniversary edition" packen können, anstatt das große Brimborium zu veranstalten. Wozu soll Giorgio Moroder überhaupt von seinem Click-Track erzählen, wenn davon im Anschluss gar nichts zu hören ist? Leider eine "pointless edition".
Highlights
- Within (Drumless edition)
- Beyond (Drumless edition)
- Contact (Drumless edition)
Tracklist
- Give life back to music (Drumless edition)
- The game of love (Drumless edition)
- Giorgio by Moroder (Drumless edition)
- Within (Drumless edition)
- Instant crush (Drumless edition) (feat. Julian Casablancas)
- Lose yourself to dance (Drumless edition) (feat. Pharrell Williams)
- Touch (Drumless edition) (feat. Paul Williams)
- Get lucky (Drumless edition) (feat. Pharrell Williams & Nile Rodgers)
- Beyond (Drumless edition)
- Motherboard (Drumless edition)
- Fragments of time (Drumless edition) (feat. Todd Edwards)
- Doin' it right (Drumless edition) (feat. Panda Bear)
- Contact (Drumless edition)
Gesamtspielzeit: 74:37 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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tjsifi Postings: 847 Registriert seit 22.09.2015 |
2024-01-10 09:38:24 Uhr
Touch ist in dieser Version so nochmal ein Stück faszinierender und einnehmender. Für mich eh der beste Song auf dem Album. |
Socko Postings: 1708 Registriert seit 06.02.2022 |
2023-12-26 09:00:51 Uhr
Die Rezension bestätigt meine Aussage:Quatschversion |
musie Postings: 3949 Registriert seit 14.06.2013 |
2023-12-25 20:48:37 Uhr
…und es geht ja überhaupt nicht darum, neue Songs rauszubringen oder besser zu sein als das Original. |
musie Postings: 3949 Registriert seit 14.06.2013 |
2023-12-25 20:45:03 Uhr
ich glaube, der Johnny Jewel hat mit Kill for Love von Chromatics mt dieser Drumless Geschichte angefangen. ich finde es sehr faszinierend. ein Blick in die Küche… |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10102 Registriert seit 26.02.2016 |
2023-12-22 23:31:46 Uhr
Freut mich ja, wenn es dafür trotzdem Abnehmer gibt. Ich hoffe auf Verständnis, dass wir unsere Rezensionen nicht so spitz auf Zielgruppen zuschneiden können. :) |
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Referenzen
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