Take That - This life
EMI / Universal
VÖ: 24.11.2023
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Nachdenkliche Sprüche mit Bilder
Im Herbst 1993 feierten Take That mit "Relight my fire" ihren zweiten britischen Nummer-1-Hit in Folge. Zuvor hatte "Pray" samt sexy Strandvideo die Boyband an die Spitze der Charts geführt; der Schmachtfetzen "Babe" komplettierte schließlich den Hitparaden-Hattrick. Das dazugehörige Album des Quintetts hieß "Everything changes". Der Herbst 2023 straft diesen Titel Lügen, denn manches scheint sich auch 30 Jahre später nicht geändert zu haben. Zwar hat sich Ex-Bandmitglied Jason Orange komplett zurückgezogen und Ex-Bandmitglied und Superstar Robbie Williams erzählt in Unterhemd und Slip bei Netflix von den dunklen Seiten seiner Karriere. Doch dem verbleibenden Trio aus Gary Barlow, Mark Owen und Howard Donald ist die Liebe der Fans nach wie vor gewiss: Für die große Tournee im nächsten Sommer gibt es zum Zeitpunkt dieser Rezension nur noch Restkarten, und auch die neue Platte "This life" verkauft sich in Großbritannien wie warme bread rolls. Sind Take That nach dem recht ungenießbaren "III" und dem eher wunderlichen als wunderbaren "Wonderland" also endlich "Back for good"?
Im Vergleich zu den melodisch flachen und wie zum Ausgleich überproduzierten Dance-Pop-Vorgängern wirkt "This life" wie eine bewusste Neuausrichtung hin zum harmonieseligen Soft Rock der Siebzigerjahre. Die ganz großen Mitmach-Hits für die kommende Tour scheinen Barlow & Co. hier gar nicht anzustreben, wohl auch im Wissen, dass vergangene Großtaten schwer zu toppen sein würden. Stattdessen haben wir es an vielen Stellen zumindest im Kontext des typischen Band-Sounds fast schon mit einer gewissem Mut zur Zurückhaltung zu tun. Ganz offenbar wird dies gleich im melancholischen Opener "Keep your head up" mit seinem leicht entrückten, verfremdeten Gesang, klagenden Klavierakzenten und flächigen Streichern. Etwas bedauerlicherweise bleibt dies der einzige Ausflug in derartiges Moll, und es folgt ein restliches Album voller Uptempo-Erbaulichkeit. Dies muss freilich nichts Schlechtes sein: Die Vorabsingle "Windows" weiß mit Westcoast-Harmonien und sehnsuchtsvollem Falsett vollends zu überzeugen, und auch der Titeltrack ist eine groovende Piano-Nummer, die auch Billy Joel oder Elton John so abgenickt hätten. "We got all day" zelebriert die Entschleunigung zunächst nur von sanftem Banjo begleitet und zunehmend hymnisch bis punktgenau an die Kitschgrenze.
Weniger überzeugend sind die ebenso hektische wie nervtötende Synth-Pop-Verirrung "Days I hate myself" oder die Autotune-Belanglosigkeit "Mind full of madness", die es fertigbringt, im Intro vielversprechend Steve Nicks' großartiges Riff von "Edge of seventeen" zu kopieren und dennoch völlig uninteressant zu bleiben. Das leicht angerockte "March of the hopeful" wäre gerne ein bisschen Oasis oder wenigstens Coldplay, erinnert dann aber doch eher an eine etwas zahnlose B-Seite von Robbie Williams.
Gerade bei den schwächeren Songs fallen zudem die hin und wieder nahezu unfreiwillig komischen Texte voller gut gemeinter, aber flunderflacher Sinnsprüche auf. Ähnlich wie auf den klassischen Postkarten mit Wasserfällen, Spuren im Sand oder Steinen im Bach liefern Take That hier motivierend gemeinte Anregungen zur Selbsthilfe wie etwa "A new day can be anything you want", "Take a heart and make it better" oder "Every day you'll ever know is followed by a brand new sun". Und zum Abschluss packt Barlow dann doch nochmal die ganz große Geste aus und verquirlt "Rule the world" mit "Never forget" angenehm schunkelig zu "Where we are" und damit neuem Futter für die handylichtschwenkenden Anhänger auf der nächsten Tour. Die zutreffendste Analyse zu Take Thats Status Quo als mittelgute Mangroup anno 2023 liefert wohl Mark Owen höchstselbst in seinem Text zu "The champion": "I am a little bit yesterday / I'm a nice try."
Highlights
- Keep your head up
- Windows
- We got all day
Tracklist
- Keep your head up
- Windows
- This life
- Brand new sun
- March of the hopeful
- Days I hate myself
- The champion
- We got all day
- Mind full of madness
- Time and time again
- One more word
- Where we are
Gesamtspielzeit: 46:27 min.
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