Dolly Parton - Rockstar
Universal
VÖ: 17.11.2023
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Alle Regler auf 11
Als Country-Legende Dolly Parton 2022 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen werden sollte, wollte sie diese Ehrung ursprünglich nicht annehmen, da sie ja keine Rockmusikerin sei. Die Komponistin und Interpretin von Klassikern wie "Jolene", "9 to 5" oder "I will always love you" ließ sich schließlich überzeugen, versprach jedoch, demnächst ein Rock-Album zu veröffentlichen, um sich quasi a posteriori für die ihr erwiesene Ehre zu qualifizieren. Wie so oft im Laufe ihrer mehr als 50 Jahre währenden Karriere macht Parton auch an dieser Stelle definitiv keine halben Sachen und legt nun ein Doppelalbum mit ganzen 30 Songs und einer Spielzeit von fast zweieinhalb Stunden vor, davon 21 Coverversionen und neun eigene Stücke. Dazu kommt eine absurd illustre Gästeschar großer Namen der Musikgeschichte, sodass allein die Lektüre der Tracklist von "Rockstar" inklusive der Features ein paar Minuten dauern kann.
Der programmatische Titelsong und Opener beginnt mit einer kurzen Dialogszene, in der eine an der Gitarre gniedelnde Parton von ihren "Eltern" dazu aufgefordert wird, doch diesen Lärm und die Rockmusik an sich bleiben zu lassen. Wenig überraschend insistiert die kleine Dolly jedoch: "Well, I'm gonna be in rock 'n' roll, whether you two like it or not!" Partons Geschichte ist seit jeher eine der Selbstermächtigung, und dieses Narrativ setzt sich sich hier augenzwinkernd fort. Bei Betrachtung der Songs aus fremden Federn, derer sich die 77-Jährige hier mit nach wie vor beeindruckender Stimmkraft annimmt, fallen zweierlei Dinge auf. Zum einen ein großzügiges Verständnis der Genregrenzen, zum anderen eine eher überraschungsarme Fokussierung auf altbekannte, manchmal vielleicht sogar tendenziell zu oft gehörte Überhits. Diese sind zu allem Ãœberfluss dann einige Male auch noch in Tempo, Instrumentierung und Arrangement den Originalversionen derart ähnlich, dass das Ergebnis zum Beispiel bei "Purple rain", "Stairway to heaven" oder der Single "We are the champions / We will rock you" wirkt wie sehr engagiertes Kneipen-Karaoke. "Let it be" hingegen ist derart überladen mit Kitsch, viel zu dichter Instrumentierung und Gästen (Paul McCartney, Ringo Starr, Peter Frampton und Mick Fleetwood), dass man dem Titel nur stoßseufzend zustimmen kann. Ähnlich krachend scheitert das arg kreischige "(I can't get no) Satisfaction" mit P!nk und Brandi Carlile.
Angesichts der Länge des Albums bleibt aber natürlich noch ausreichend Gelegenheit für Gelungenes, und das auffällig oft dann, wenn Parton die hemdsärmelige Rock-Attitüde etwas zurückfährt. "Long as I can see the light" von Creedence Clearwater Revival im stimmlich perfekt harmonierenden Duett mit CCR-Mastermind John Fogerty ist herrlich hymnisch und punktet mit schwelgerischem Saxofon. Mit Linda Ronstadt und Emmylou Harris bildete Parton einst die Country-Supergroup Trio, für die an Parkinson erkrankte Ronstadt springt hier in einer wunderbar souligen Version von "You're no good" Sheryl Crow ein. Und auch das Duett mit Patentochter Miley Cyrus weiß zu überzeugen und übersetzt deren "Wrecking ball" vollends in eine überkandidelte Achtziger-Power-Ballade.
Auch die eigenen Songs schwanken in Qualität wie ein klassischer Klischee-Rockstar nach einem Abend an der Bar. Mit Elvis-Imitator Ronnie McDowell schmettert Parton die verzichtbare Rockabilly-Albernheit "I dreamed about Elvis", und die Redneck-Rock-Gurke "Either or" mit dem unsäglichen Kid Rock ist arg ungenießbar. Doch Parton kann's ja: Das ungewohnt eindeutig politische "World on fire" besteht keinen Coolness-Check, ist aber eine angenehm schmissige und wütende Anklage von heuchlerischer Politik angesichts der Klimakrise und überhaupt. "Breaking the law, breaking the law", hätte man vielleicht vor einigen Jahren angesicht der Ankündigung eines Duetts von Judas-Priest-Sänger Rob Halford und Glamour-Country-Star Parton noch geraunt. Tatsächlich macht die Kollaboration der beiden auf dem im besten Sinne altmodische Stadionrocker "Bygones" jedoch einfach nur Spaß. Sorry not sorry. "Rockstar" ist natürlich völlig over the top und dreht frei von jeglicher Subtilität alle Regler auf 11. Dabei gibt es großartige ebenso wie anstrengende oder hochnotpeinliche Momente, die Platte bleibt dabei aber authentisch und grundsätzlich sympathisch. Und irgendwie macht genau all das Dolly Parton ja auch als Person aus. Rock on, Dolly!
Highlights
- Long as I can see the light
- Wrecking ball
- You're no good
Tracklist
- Rockstar (special guest Richie Sambora)
- World on fire
- Every breath you take (feat. Sting)
- Open arms (feat. Steve Perry)
- Magic man (Carl version) (feat. Ann Wilson with special guest Howard Leese)
- Long as I can see the light (feat. John Fogerty)
- Either or (feat. Kid Rock)
- I want you back (feat. Steven Tyler with special guest Warren Haynes)
- What has rock and roll ever done for you (feat. Stevie Nicks with special guest Waddy Wachtel)
- Purple rain
- Baby, I love your way (feat. Peter Frampton)
- I hate myself for loving you (feat. Joan Jett & The Blackhearts)
- Night moves (feat. Chris Stapleton)
- Wrecking ball (feat. Miley Cyrus)
- (I can&rsquot get no) Satisfaction (feat. P!nk & Brandi Carlile)
- Keep on loving you (feat. Kevin Cronin)
- Heart of glass (feat. Debbie Harry)
- Don't let the sun go down on me (feat. Elton John)
- Tried to rock and roll me (feat. Melissa Etheridge)
- Stairway to Heaven (feat. Lizzo & Sasha Flute)
- We are the champions / We will rock you
- Bygones (feat. Rob Halford with special guests Nikki Sixx & John 5)
- My blue tears (feat. Simon Le Bon)
- What&rsquos up? (feat. Linda Perry)
- You&rsquore no good (feat. Emmylou Harris & Sheryl Crow)
- Heartbreaker (feat. Pat Benatar & Neil Giraldo)
- Bittersweet (feat. Michael McDonald)
- I dreamed about Elvis (feat. Ronnie McDowell with special guest The Jordanaires)
- Let it be (feat. Paul McCartney & Ringo Starr with special guests Peter Frampton & Mick Fleetwood)
- Free bird (feat. Ronnie Van Zant with special guests Gary Rossington, Artimus Pyle and The Artimus Pyle Band)
Gesamtspielzeit: 142:18 min.
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Christopher Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 3735 Registriert seit 12.12.2013 |
2024-05-20 08:11:54 Uhr
Dolly kann man einfach nicht hassen. Großartige Songwriterin. Das Album hier hätte es wahrscheinlich nicht gebraucht, aber Spaß macht es allemal. |
Melly60 Postings: 27 Registriert seit 19.05.2024 |
2024-05-19 21:43:24 Uhr
Das Cover von Stairway to Heaven gefällt mir. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27648 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-11-22 22:01:33 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Emmylou Harris; Linda Ronstadt; Trio; Tammy Wynette; Bobbie Gentry; Loretta Lynn; Lynn Anderson; Skeeter Davis; Wanda Jackson; Reba McEntire; Patsy Cline; Rosanne Cash; Gretchen Wilson; Miley Cyrus; Shelby Lynne; Shania Twain; LeAnn Rimes; Jeanne Pruett; Patty Loveless; Kathy Mattea; Donna Fargo; Tanya Tucker; Maren Morris; Sheryl Crow; Chris Stapleton
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