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Ski Aggu - Denk mal drüber nach ...

Ski Aggu- Denk mal drüber nach ...

Jungeratze / Bamboo / RecordJet / Universal
VÖ: 13.10.2023

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Ab auf die Piste

Nein, das ist nicht der nächste austauschbare Quatsch-Deutschrapper. Ski Aggu müsst Ihr euch merken, ob Ihr wollt oder nicht. "Denk mal drüber nach ..." folgt als zweites Tape nach seinem Debüt "2022 war Film gewesen", das damals noch nicht in den Charts war. Doch nachdem "Friesenjung" im 161-bpm-Tempo schon auf die Spitze der Single-Charts schoss, darf sich August Jean Diederich nun auch über die verdiente Nummer Eins der deutschen Album-Charts freuen. Die Stimmung könnte nicht besser sein, warum also nicht der Lebensfreude in eigentlich dunklen Zeiten anschließen? Hinter Vokuhila und Skibrille stecken versierte Kettenreime, Aggu haucht sogar den angestaubten Wie-Vergleichen neues Leben ein und schafft es als einer von wirklich wenigen, deutschen Rap auf "elektronischer Tanzmusik" – kein Techno – unterhaltsam statt peinlich klingen zu lassen.

Freilich kommt auch vieles behäbig daher ("Du bist zwischen Deinen Beinen klitschnass / Als ob Du Dich eingepisst hast"), Tracks wie eben "Shu madame" könnten eigentlich so richtig stark sein. Produktion, Vibe und vor allem Flow, das alles passt gut, aber die romantisch gemeinte Kernbotschaft lässt wenig knisternde Stimmung aufkommen: "Ich schwör' auf meine Mutter, ich find' süß wie Du lachst / Komm, wir nehm'n in der Ballerkabine Platz". Bei "Vodka Soda 2022" hingegen klappt das mit der ansteckenden Leichtigkeit viel besser, Aggu übertreibt es zwar mit zweisilbigen Reimen bis hin zu "Jedi / Yeti", allerdings beweist er viel Können beim Sprachbild. Selbst wenn der Inhalt nicht mehr als (s)eine Alltagsschilderung hergibt, Aggu und sein ebenso vielversprechender Feature-Gast Sampagne bringen den Zeitgeist von (O-Ton des Künstlers:) New-Wave-Berlin-Rap würdig auf den Punkt. "Mietfrei" glänzt durch eine fantastische Produktion von Sira & Southstar, während Aggu seinem eingängigen Flow freien Lauf lässt. In einem Hagelregen aus Adlibs sorgt er für richtig gute Laune, mit Stoner-Charme und Zeilen wie "Schau' auf unsern Chat in mei'm Handy drin / Ich wurd abgeschossen von mei'm Boo wie Megan Thee Stallion (Pew)", hat schon was.

In aller Kürze zum größten Hightlight, manche nervt's, andere wiederum könnten "Friesenjung" in Endlosschleife pumpen. Joost Klein, mit einem starken Part beteiligt, heißt der echte Friese hinter dieser modernen Version eines Otto-Songs. Waalkes bediente sich 1993 bei Stings "Englishman in New York", das West-Berliner Kindl Ski Aggu geht in der Rolle als Gastgeber dieser Retro-Party über Generationen und Nationen hinweg perfekt auf. Hater mögen das für eine Neuinterpretation der Schlumpfen-Disko halten, doch eher verschwindet dieser Smash-Hit aus den TikTok-Timelines als von mitteleuropäischen Tanzflächen in den nächsten Jahrzehnten. Das hat System und es funktioniert prächtig, die ganze Platte strotzt nur so vor Eurodance, Gabba, Pop, Trance, Acid und allem, was zwischen Neunzigern und Zweitausendern elektronisch und schön melodisch klang. Theoretisch gibt dieses Konzept mehrere Alben her, diese beiden kurzen Tapes zum Vorgeschmack taugen als Warmmacher. An "Denk mal drüber nach ..." wird man sich für unbekümmerte Kauderwelsch-Hymnen wie "Maximum Rizz" gern erinnern, Lückenfüller wie "Angefickst", "Justin Bieber" oder der Closer "Mandala" hinterlassen für den Moment ein paar Schmunzler. Diverse Sonderzeichen und Emojis in den Songtiteln mussten wir übrigens für Plattentests.de aus der Tracklist tilgen, damit sie nicht das System zerschießen. Musikalisch bleibt das Niveau durchweg solide ("Kappies im Slip") bis gelungen ("Gensehaut"), was noch etwas fehlt, ist die Tiefe, was für den Erfolg letztlich nicht viel zählt. Bahn frei also für einen zukünftigen Rap-Popstar. Ob es zum Bundeskanzler reicht, wie Ski Aggu es bereits für die Zeit nach seiner Karriere ankündigt, kann nicht ganz ausgeschlossen werden.

(Maximilian Baran)

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Highlights

  • Maximum Rizz
  • Mietfrei (feat. SIRA & Southstar)
  • Vodka Soda 2022 (feat. Sampagne)
  • Friesenjung (feat. Joost & Otto Waalkes)

Tracklist

  1. Nicht nachmachen!! (feat. Monk & Longus Mongus)
  2. Brother (feat. Dauner)
  3. Maximum Rizz
  4. Mietfrei (feat. SIRA & Southstar)
  5. Gensehaut
  6. Justin Bieber
  7. Shu madame
  8. Angefickst
  9. Negativer Rizz
  10. Vodka Soda (feat. Sampagne)
  11. Theater (feat. $OHO BANI)
  12. Kappies im Slip (feat. SHOKI & DBBD)
  13. Friesenjung (feat. Joost & Otto Waalkes)
  14. Mandala

Gesamtspielzeit: 31:40 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

8hor0

Postings: 1159

Registriert seit 14.06.2013

2024-02-05 12:41:27 Uhr
wie gelangweilt kann man klingen als "rapper"?

Volta

Postings: 535

Registriert seit 08.10.2021

2024-01-31 21:16:41 Uhr
Habe den Hype nie verstanden. Aber vielleicht bin ich schon zu alt :(

etienoir

Postings: 910

Registriert seit 03.02.2023

2024-01-29 13:15:21 Uhr
ganz abgesehen von allem: "denk mal drüber nach" ist mein spruch!

Rochen

Postings: 500

Registriert seit 15.10.2022

2024-01-29 13:00:31 Uhr
Vielleicht fand man aber auch schon immer den Sexismus, die Homophobie und die toxische Männlichkeit in bestimmten Bereichen scheiße, die man sich auch heutzutage nicht mit "sich in andere Lebenswelten hineindenken" schönreden sollte.

Nate

Postings: 39

Registriert seit 09.10.2016

2024-01-29 06:23:25 Uhr
Stimmt. Früher wurde ja auch Hip Hop pauschal als Unterschichtmusik abgestempelt. Wer über soziale Missstände gerappt hat oder sich gar Kraftausdrücken bedient hat, war natürlich sofort asozial. Nicht zuletzt schwang hier natürlich Ignoranz und nicht selten Rassismus mit, und die Unfähigkeit, sich in andere Lebenswelten hineinzudenken.

Was heißt früher, das wird ja immer noch regelmäßig gemacht. In diesem Kontext ist es aber doppelt absurd, das ist im wahrsten Sinne des Wortes Oberschicht-Hip Hop, wenn man denn zu generalisierenden Schubladen-Begriffen greifen will.
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