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King Gizzard & The Lizard Wizard - The silver cord (Extended edition)

King Gizzard & The Lizard Wizard- The silver cord (Extended edition)

KGLW / Virgin / Universal
VÖ: 27.10.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Disco Stu steht weiter vorn als Du

Wohin geht man noch, wenn man schon ganz oben ist? Im Grunde haben King Gizzard & The Lizard Wizard mit fünf Alben innerhalb eines Jahres – zweimal! – und achteinhalb-stündigen Live-Platten das Vielveröffentlichungs-Game schon lange durchgespielt. Trotzdem schafft es "The silver cord" irgendwie, noch einen draufzusetzen. Das nur vier Monate später erscheinende Schwesterwerk zu "PetroDragonic apocalypse" gibt es nämlich zweimal: einmal als 28-minütige Standard- und noch einmal als rund dreimal so lange "Extended"-Variante. Dass die hyperaktiven Australier stilistisch eine Komplettwende vollziehen, überrascht weniger, schließlich ist es geschätzt ihre dreihundertste. Statt durch feuerspeienden Prog-Thrash zu dreschen, umgeben sich Stu Mackenzie und Co. nicht nur auf dem Cover-Foto mit Synthesizern. Doch The Gizz wären nicht The Gizz, wenn sich dieses Kurzschluss-Feuerwerk zwischen Moroder-Huldigung, Psych-Pop, Disco, Techno und Industrial mit einem einfachen Elektro-Pop-Etikett in die Schublade stecken ließe.

Das wird naheliegenderweise gerade in der Extended-Version deutlich. "Theia" pingpongt in bester Animal-Collective-Manier verstrahlte Hooks über die Regenbogenstraße, ehe die Band nach drei Minuten zum Roboter-Jam ansetzt und der Song komplett abhebt. Krautige Rhythmen drücken, Cyber-Flöten flöten, Raketen starten und am Ende werden noch die Pogo-Pumpen rausgeholt. Es sind 20 Minuten ohne eine langweilige Sekunde, weil die Band in jeder Ästhetik so vor Melodien, Ideen und Spannungsmomenten sprüht, dass man fast den Verstand verliert. Das ist auch der Grund, warum wir "The silver cord" explizit in der erweiterten Fassung rezensieren: Es ist nicht nur die bessere, sondern auch die essenzielle Uncut-Variante des Albums, aus der die kürzeren Tracks einfach rausgeschnitten wurden. Jedes Stück verweist mindestens einmal auf sein an gleicher Stelle stehendes Pendant auf dem Vorgänger – "Motor spirit", hallt es etwa wiederholt durch den Opener –, was in der Standardversion sträflicherweise fehlt.

Nicht nur in diesem Sinne verknüpfen King Gizzard & The Lizard Wizard die Schwesteralben miteinander: Beide verstehen es trotz komplett gegensätzlicher Instrumentarien wunderbar, ausufernde Virtuosität mit Synapsen sprengendem Spaß zu koppeln. Der Titeltrack evoziert mit außerirdischem Vocoder und cineastisch aufgespannten Ambient-Flächen endlose Weltraumwüsten, die nach plötzlich einsetzendem Acid-Asteroidenschauer und Breakbeat-Umwälzungen noch schöner aussehen als vorher. "Set" landet als rastloser Disco-Alarm samt Rap-Einlage von Ambrose Kenny-Smith wieder mit beiden Füßen auf der Erde, um zu veranschaulichen, warum Mackenzie im Promo-Text Donna Summer erwähnt. Wer sich den Schweiß hinter der Sonnenbrille wegwischen muss, bekommt dazu im vergleichsweise entspannten Mittelteil von "Chang'e" Gelegenheit – allerdings nicht ohne vorher circa so viele klimatische Euphorieausbrüche zu überstehen, wie sie Post-Rock-Bands sonst auf eine gesamte LP pressen.

In der zweiten Hälfte der Platte wird die Stimmung düsterer, ohne dabei an Intensität einzubüßen. "Gilgamesh" veranstaltet mit erneuten Raps und "Gila! Gila!"-Samples seinen Rave mitten auf dem Höllenvorhof. Mit Sirenen-Synths und Drums aus dem Beton-Jungle führt "Swan song" den tanzbaren Weltuntergang fort, Bilder von Flammenmeeren und einstürzenden Fabriken entstehen, während Piano-Anschläge dem Totalabriss die angemessene Würde verleihen. Das abschließende "Extinction" klingt im Titel nicht gerade weniger apokalyptisch, setzt jedoch auf einen aufbauenden melodischen Loop, der die vollen zwölfeinhalb Minuten bei der Stange hält. Wie King Gizzard & The Lizard Wizard bei ihrer wahnsinnigen Frequenz die Qualität hochhalten und in ungefähr jedem Genre der Welt besser als die allermeisten anderen sind, ist eine Frage, die man sich schon lange nicht mehr stellen sollte. Die einzige sinnvolle Antwort kann eh nur lauten: "Witchcraft!"

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Theia (Extended mix)
  • Swan song (Extended mix)
  • Extinction (Extended mix)

Tracklist

  1. Theia (Extended mix)
  2. The silver cord (Extended mix)
  3. Set (Extended mix)
  4. Chang'e (Extended mix)
  5. Gilgamesh (Extended mix)
  6. Swan song (Extended mix)
  7. Extinction (Extended mix)

Gesamtspielzeit: 88:44 min.

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