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Marta Del Grandi - Selva

Marta Del Grandi- Selva

Fire / Cargo
VÖ: 20.10.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Gelernt ist gelernt

Marta Del Grandi rennt den Hügel hinauf. Oben steht Kate Bush und wartet schon auf sie. So kommt es einem zumindest vor, nachdem die letzten Töne des neuen Albums "Selva" verklungen sind. Der Mund bleibt offen bei dem gerade Gehörten. Die Komplexität der Arrangements, die Ausarbeitung der Melodien, die zielgenaue Vielfalt der Instrumentierung von Streichern über Synthies, Gitarre bis hin zu Hörnern – da passiert eine Menge – zum Glück nicht alles auf einmal. Nun kann man "Selva" mit Wald übersetzen, was die Vielfalt ziemlich gut beschreibt. Das Wunderbare an Del Grandis neuem Werk: Es will sehr viel und bekommt das sehr gut hin. Es ist eine kleine, reich verzierte Schatztruhe, in der zwölf filigrane Miniaturen schlummern. Hebt man sie aus der Truhe, funkeln sie im Licht, das durch den Blätterwald fällt, und wollen von allen Seiten betrachtet werden. Vor zwei Jahren wechselte Marta Del Grandi die Seiten. Die gelernte Jazzsängerin und Multi-Intrumentalistin war bis dahin bereits ordentlich herumgekommen mit Stationen in Asien und Europa. Diese Erfahrung bringt Del Grandi nun in den Pop und kombiniert ihre Elemente des Jazz mit der aktuellen, zerbrechlichen Art einer Phoebe Bridgers.

Los geht es mit "Mata Hari", in dem die Italienerin die Ambivalenz der Liebe thematisiert und ihrem Gegenüber die alles entscheidende Frage stellt: "But if not for love, then what is it we live for?" Bei den Texten ist Del Grandi diesmal viel persönlicher. Während sie bei dem Vorgänger "Until we fossilize" ausprobierte, ob das Popkostüm für eine Jazzsängerin richtig sitzt und sie den eigenen Stil entwickelte, ist hier von Anfang an alles auf den Punkt zusammen. Auch die erste Single "Snapdragon" überzeugt und lässt ein Muster erkennen. Del Grandi nimmt die Instrumentalisierung aus dem Jazz und packt kleine Versatzstücke auf unterschiedliche Spuren - so weit zerteilt, dass bei einer gesungenen Melodiefolge jeder Ton einzeln aufgenommen und im Raum verteilt wird. Das führt zu einem Signature-Sound, der hängen bleibt. Dabei verharrt sie jedoch immer im Pop und driftet bei allen Experimenten nicht ab, wie beispielsweise Björk.

Ganz im Gegenteil, "Selva" schaut mit seinem Songwriting und der Grundstimmung eher beim Neofolk vorbei. Man kann Pop-Akademien und Künstler-Schmieden belächeln und fordern, dass Musik immer aus sich selbst heraus entstehen sollte. Hier steht mit Marta Del Grandi allerdings eine Künstlerin vor uns, die mit ihrem erlernten Handwerk alle an die Wand spielt. Eine solide Ausbildung zahlt sich eben sogar im Pop aus. Und mit einem Label aus Großbritannien und einer Produktion, die überwiegend in Belgien stattgefunden hat, ist Del Grandi so breit aufgestellt, dass der Titeltrack – gesungen auf Italienisch – nicht etwa provinziell wirkt. Sondern hier klingt selbst die eigene Muttersprache avantgardistisch. Allein, dass dieses zweite Album das Debüt übertrifft, sollte Marta Del Grandi die Aufmerksamkeit bescheren, die sie verdient. Ein Jahrhunderthit, wie Kate Bushs "Running up that hill", steht noch aus, es sind aber alle Zutaten vorhanden. Man darf gespannt sein, was die Künstlerin noch aus der Welt des Jazz hinüber in den Pop bringen kann, wenn sie weiter forscht.

(Stephan Dublasky)

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Highlights

  • Mata Hari
  • Chameleon eyes
  • Snapdragon
  • Selva

Tracklist

  1. Mata Hari
  2. Eye of the day
  3. Chamelon eyes
  4. Snapdragon
  5. Marble season
  6. End of the world
  7. Two halves
  8. Polar bear village
  9. Good story
  10. Selva
  11. Stay
  12. End of the world pt. 2

Gesamtspielzeit: 41:27 min.

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Armin

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2023-10-25 21:57:37 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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