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Glen Hansard - All that was east is west of me now

Glen Hansard- All that was east is west of me now

Anti / Indigo
VÖ: 20.10.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Kneipenkunst

Die Geschichte ist eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Da es aber keinen Grund gibt, warum Glen Hansard sie erfunden haben sollte, nehmen wir sie ihm gerne ab. Die Geschichte geht so: Um unter den vielen neuen Songideen, die dem Iren durch den Kopf geisterten, die passenden für sein neues Album auszuwählen, ging er dorthin, wo es manchmal richtig wehtut. Mit seinen musikalischen Mitstreitern stellte er sich immer dienstagabends auf die denkbar kleine Bühne einer urigen Kneipe und präsentierte dort seine große Kunst. Während manch einer einfach sein Bier weitertrank, spendeten andere unterschiedlich ausgeprägten Applaus. Und während die insgesamt fünf Abende ins Land strichen, entstand in Hansards Kopf eine immer festere Vorstellung für sein mittlerweile fünftes Soloalbum. Herausgekommen ist "All that was east of me is west of me now" – acht Songs, die auf kleinen wie auf sehr großen Bühnen funktionieren werden.

Der mitreißende Auftakt geht gleich in die Vollen. "The feast of St. John" präsentiert die raue, energiegeladene Seite des gebürtigen Dubliners. Und verweist recht unmittelbar auf Hansards Wurzeln im Bandgefüge, denn so sehr ihn viele für seine oft auch zurückhaltende Singer-Songwriter-Kunst schätzen, so sehr umweht ihn noch immer die Rolle als Frontmann von The Frames. Und damit jener Band, die schon aktivere Zeiten erlebt haben mag, die aber noch immer nicht gänzlich ad acta gelegt wurde und vor Kurzem auch wieder live zu erleben war. Bei genauerem Hinsehen wird schließlich deutlich, dass seine Mitstreiter*innen von The Frames überaus präsent sind: Aktuelle und ehemalige Band-Mitglieder mischen auf "All that was east is west of me now" munter mit. Nach diesem ersten Aufschlag im feinen Opener, den Will Ellis an der Violine veredelt, geht es mit viel Schwung und alles andere als introvertiert weiter: "Down on our knees" fühlt sich im rockigeren Gefilde pudelwohl und könnte live zu einem echten Glanzlicht werden – inklusive einiger Möglichkeiten, das Ganze entschlossen ausufern zu lassen. Wer Hansard schon einmal live erleben durfte, weiß: Eben das macht er in schöner Regelmäßigkeit ausgesprochen gerne.

Wer nun ein schrammeliges Rockalbum erwartet, wird rasch eines Besseren belehrt. "No mountain" beispielsweise schaltet schon einmal einen Gang zurück und setzt ein paar folkige Akzente, "Sure as the rain" wirkt noch ein ganzes Stück reduzierter. Hier brummt sich Glen Hansard fast schon wie Leonard Cohen durch ein intimes Stück und verfällt recht unvermittelt ins Französische: "Come dance with me down the Rue Du Faubourg Saint Denise / Nous monterons dans l'escalier ver chez James et chanterons tout la nuit." Wir tanzen gerne mit! Und auch "Between us there is music" schlägt ruhigere Töne an, während Hansard auf eine ganze Schar an Mitmusiker*innen setzt, die ihn durch das überlange Stück begleiten. "Ghost" entführt den Iren bis ins Falsett, während er Gespenster sieht: "There's a ghost in the house / Can you feel it? / It moves around when you're asleep."

Als eine Art Geist mögen ihm zuletzt auch einige alte Song-Ideen vorgekommen sein. Schließlich betonte er in einem Interview, dass manche Stücke, die er irgendwann einmal angefangen, aber nie zu einem Ende gebracht habe, beständig auf die Schulter tippten. Logisch, dass sich ein Vollblutmusiker wie er diesen dann irgendwann fast zwangsläufig widmen muss. Eben jenes "Ghost" zählt dazu, wie er selbst in einem Gespräch kundtat. Satte 25 Jahre hatte die erste Idee auf dem Buckel, und es brauchte offenbar einen Abend in der Kneipenecke, um endgültig wieder zum Vorschein zu kommen. Dass Glen Hansard zwischen all seinen Verpflichtungen Zeit und Muße gefunden hat, an seinem Solowerk fortzuschreiben, ist in jedem Fall ein großer Glücksfall für alle, die ihm gerne folgen – und jene, die noch hinzukommen. An Ideen für die Zukunft scheint es ihm jedenfalls nicht zu mangeln.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights

  • The feast of St. John
  • Down on our knees
  • Ghost

Tracklist

  1. The feast of St. John
  2. Down on your knees
  3. There’s no mountain
  4. Sure as the rain
  5. Between us there is music
  6. Ghost
  7. Bearing witness
  8. Short life
  9. Reprise

Gesamtspielzeit: 42:19 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Grizzly Adams

Postings: 5910

Registriert seit 22.08.2019

2023-10-23 18:16:57 Uhr
Mir gefällt es gut. Und wie Torben richtig schreibt, gibt er sich bei „Sure as the Rain“ als der große Leonard Cohen. Ein Mü mehr Gesang als der Meister des in Musik gegossenen Poems selbst. Die französischen Zeilen geben dem Song etwas sehr Intimes und Charmantes. Der heimliche Hit auf dem Album.
Alle anderen Stücke sind mehr oder weniger GL selbst, teilweise mit Referenzen zu seiner ehemaligen Band The Frames. Vor allem „Down on the knees“ ist hier zu nennen, weil da die elektrische wirbeln darf wie auf keinem anderen seiner bisherigen Soloalben.
Schönes Album. Die ruhigen als auch die lauten Töne sind hier sehr symbiotisch zusammengefügt. Gehe mit der Wertung aufs erste Ohr mit. 8/10 ist Ok. Den achten Punkt gibts von mir aus Sympathie für den irischen Rotschopf. ;-)

Kamm

Postings: 632

Registriert seit 17.06.2013

2023-10-21 19:21:34 Uhr
Ich fand die paar (wenigen) Songs, die ich vorab gehört habe, leider auch ein bisschen bieder. :/ Dabei mag ich den Kerl echt richtig gerne.

@Enrico
Das macht mir Hoffnung. :)
Düster & kräftig im Sound passt schon, gerade bei den The Frames-Sachen. Da ist schon gut noisiges dabei, und seine Stimme kippt manchmal fast Richtung Post-Hardcore G'schrei. Sowas hier:

The Frames - Underglass

Enrico Palazzo

Postings: 5846

Registriert seit 22.08.2019

2023-10-21 16:25:11 Uhr
Ich finds überraschend toll - war der schon immer so düster und teilweise kräftig im Sound? Hier und da schoss mir auch Tom Waits durch den Kopf.

cargo

Postings: 762

Registriert seit 07.06.2016

2023-10-20 10:56:25 Uhr
Habs nur 5 Songs reingeschafft. Das ist mir echt zu biederer Altherrenrock.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28582

Registriert seit 08.01.2012

2023-10-18 20:37:54 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
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