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Simon Goff - Spark like living mothers

Simon Goff- Spark like living mothers

Grand Chess / Indigo
VÖ: 13.10.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Kopfkino an der Schmerzgrenze

Dieses Album ist eigentlich unhörbar. Zumindest für jene, die in der Musik auf der Suche nach dem eher schnell Verdaulichen sind. Griffige Melodien? Tanzbare Beats? Eine Einladung zum Mitsingen, Kopfnicken, Fingerschnippen? Sorry, falsche Abteilung. Wir haben es hier schließlich mit Simon Goff zu tun, der grundsätzlich wohl eher Eingeweihten ein Begriff sein dürfte. Allerdings: Vollkommen unbekannt ist der Gute nun wahrlich nicht, denn unter anderem stehen zwei Grammy-Awards in seiner Vita. Goff, gebürtiger Brite und längst in Berlin daheim, heimste diese für sein Mitwirken an der musikalischen Untermalung solch renommierter Leinwand-Produktionen wie "Chernobyl" oder "Joker" ein. 2022 wiederum gesellte er sich an die Seite von Katie Melua und legte mit ihr das experimentelle "Aerial objects" vor, über das es hier bei Plattentests.de hieß: "Das Konzeptalbum ist keine Musik für schnell nebenbei." Nun, etwas mehr als ein Jahr später lässt sich genau das auch über "Spark like living mothers" sagen. Aber unhörbar? Ist es natürlich nicht – man muss sich aber ganz und gar darauf einlassen.

Dieses Album ist eine komplette Überforderung. Nehmen wir alleine das Titelstück, das sich auf über elf Minuten ausdehnt, immer neue Räume betritt, mal dort eine Ecke ausleuchtet, mal hier etwas Neues aufdeckt. Das eine ungeheure Spannung und Intensität aufbaut und eine gewaltige Erwartungshaltung weckt. Gänsehaut-Momente sind nahezu garantiert, wenn die einzelnen Schichten sich zum großen Ganzen formieren. Im Vergleich dazu ist das folgende "The yet to come" deutlich reduzierter, aber nicht weniger atmosphärisch. Eine geheimnisvolle Stimme legt sich darunter, es folgt eine weitere, die ein Gedicht vorträgt. Die Überforderung hat hier übrigens sogar zwei Ebenen. Einerseits ist es unmöglich, alles auf Anhieb zu begreifen und aufzunehmen, was Simon Goff uns vorlegt. Und andererseits gibt es ja auch noch den künstlerischen Rahmen, in dem das alles stattfindet. Basis ist ein Arrangement, das er für das Chorstück "If ye love me" von Thomas Tallis angefertigt hat, Textpassagen wiederum entstammen einer KI, an der Künstlerkollege Sam Potter seit Jahren feilt. Musik-Leistungskurs, bitte übernehmen!

Dieses Album ist in einigen Momenten schlicht wunderschön. Famose Passagen des Wohlklangs im bereits erwähnten "Spark like living mothers" sind hier zu nennen, ebenso der glänzende Abschluss in "Beyond the clouds". Zwischendurch lässt Goff sich im überlangen "Awakening" ganz viel Zeit und Raum, in dem man sich irgendwann gänzlich verliert – mit einer bei aller entschlossenen Temporeduzierung irrsinnigen Dichte an der akustischen Schmerzgrenze. Goff habe die Idee gehabt, eine Geschichte über das Vergehen und Wiederentstehen zu erzählen, und tatsächlich lässt sich dieser Hell-dunkel-Kontrast mit all seinen Facetten aus den mal verspielten, mal verträumten sechs Kompositionen heraushören.

Dieses Album ist nicht zuletzt ein Resümee all dessen, was Simon Goff im Verlauf seiner musikalischen Karriere erlebt, gelernt und entwickelt hat. Denn unverkennbar sind seine Wurzeln in der klassischen Kunst an der Violine zu vernehmen, ebenso wenig kommen derweil elektronische Einflüsse zu kurz. Dass er seine größten messbaren Erfolge im Zusammenhang mit Filmmusik feiern durfte, ist selbstverständlich auch nicht zu überhören. Den Film, den Goff hier mit seinem weiten Klangspektrum untermalt, darf sich die geneigte Zuhörerschaft in aller Ruhe selbst zusammenspinnen. Und so ist dieses Album eben auch eine kraftvolle Einladung, durch eigenes Zutun praktisch auch nach der Veröffentlichung daran mitzuwirken – zumindest in Gedanken. Wer das alles nicht als unhörbar abtut, wird dieser Einladung mit großer Begeisterung folgen. Alle anderen müssen leider draußen bleiben.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights

  • Spark like living mothers
  • Beyond the clouds

Tracklist

  1. Spark like living mothers
  2. The yet to come
  3. Now their pain is sugar
  4. Awakening
  5. The learning of the eye
  6. Beyond the clouds

Gesamtspielzeit: 45:29 min.

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User Beitrag

Carsten Hess

Postings: 1

Registriert seit 12.10.2023

2023-10-12 13:07:41 Uhr
Bleibt nur noch der Hinweis hinzuzufügen: das Doppelalbum hat auch großartiges Coverartwork der legendären New Yorker Künstlerin Ruth Marten, die exklusiv von der Kölner Galerie Van der Grinten vertreten wird und zu diesem Album 25 Unikate basierend auf dem Originalcover zum Erwerb über das Label www.grand-chess.com anbietet.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27648

Registriert seit 08.01.2012

2023-10-11 22:03:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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