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Horrendous - Ontological mysterium

Horrendous- Ontological mysterium

Season Of Mist / Soulfood
VÖ: 18.08.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Nackenknacken

Philadelphia ist kein schöner Ort. Klar, manche Ecken sind durchaus vorzeigbar, doch gibt es dort auch Viertel wie Kensington, die zum Epizentrum des Verfalls geworden sind. Es erscheint naheliegend, dass eine Band, die aus einer so zerrissenen Stadt kommt, eine Menge Wut im Bauch hat. Horrendous musizieren seit 2009 in unveränderter Besetzung und haben sich über die Jahre einen hervorragenden Ruf erspielt. Vier Männer, zwei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug und Hass. Sehr viel Hass. Das sind die Grundzutaten dessen, was in "Ontological mysterium" seinen vorläufigen Höhepunkt findet. Das Album schlägt seit Release in Szenekreisen hohe Wellen, was angesichts seiner absurd hohen Qualität absolut verständlich ist. Mit Superlativen muss man vorsichtig umgehen, doch wenn dieses Album es nicht in die Liste der besten Metal-Releases des Jahres schafft, dann läuft etwas falsch.

Als erstes fällt der großartige Sound auf. Die Produktion ist gleichzeitig druckvoll und transparent, die Stimmen von Damian Herring und Matt Knox fügen sich nahtlos ins Gesamtbild ein, dabei agieren die Vokalisten äußerst vielseitig. Es wird gekeift, gegrowlt und gesungen, teils verändert sich die Stimmfarbe mehrmals binnen weniger Sekunden. Eine besondere Erwähnung verdient zudem der Bass. Alex Kulick beschränkt sich nicht aufs Grundton-Schrammeln, seine virtuosen Melodien übernehmen vielmehr eine wichtige Funktion im Gesamtkonzept. Dies spiegelt sich auch im Mix wider, der Viersaiter ist nicht nur hör-, sondern unverzichtbar. Auch die anderen Instrumente wurden hervorragend in Szene gesetzt. Während die Gitarren vorzüglich fräsen und jaulen, erhält das Schlagzeug viel Raum. Hier fällt besonders der geschmackvolle Hall-Einsatz auf. Kurzum: "Ontological mysterium" klingt hervorragend. In seiner Vielseitigkeit weckt es teils sogar Erinnerungen an "Master of puppets". Ja, das ist ein Thrash-Klassiker, aber Horrendous auf das Etikett Death Metal zu beschränken, ist ungefähr so sinnvoll wie eine Altersvorsorge, die auf NFTs beruht.

Es ist anzunehmen, dass in den Plattenschränken der Bandmitglieder so ziemlich alles von Voivod, Death und Carcass steht. Dementsprechend vielschichtig sind auch die Kompositionen. Der Ansatz ist höchst progressiv, glücklicherweise vergessen die Musiker bei aller Komplexität die Eingängigkeit nicht. Und so reiht sich Höhepunkt an Höhepunkt. Ein fieser Nackenbrecher wie "Cult of Shaad'oah" existiert neben einer hymnischen Miniatur wie "Aurora neoterica". Dazwischen bleibt mehr als genug Platz für die Raserei von "Neon leviathan". Immer wieder steigert sich das Quartett in Rauschzustände, nachzuhören etwa in dem schlicht umwerfenden "Chrysopoeia (The archeology of dawn)", das in sieben Minuten mehr Ideen auffährt als die meisten Bands in einer Dekade. Der Kopf nickt, der Nacken knackt. So muss das sein.

Auch in experimentelleren Momenten weiß das Album zu überzeugen. "Exeg (en) esis" drosselt beispielsweise das Tempo, arschfahl kleben die Riffs am Fenster. Nach einigen Minuten entlädt sich die Anspannung in einer herrlichen Kakophonie. Im Titeltrack darf sich Drummer Jamie Knox austoben. Mühelos wechselt er zwischen Doublebass-Passagen, Blastbeats und bleischweren Grooves, während seine Kollegen ein weiteres Mal beweisen, dass Metal gleichzeitig dissonant und eingängig sein kann. Absolut hinreißend ist auch "Preterition hymn", dessen Titel passend gewählt wurde. Nach einem von mehrstimmigen Gitarrenmelodien getragenen Beginn mündet der Song in einen finalen Refrain, der für Gänsehaut sorgt. Auf welch hohem Niveau die Beteiligten insgesamt agieren, zeigt schließlich "The death knell ringeth". Was hier passiert, ist mit "irre" noch vorsichtig umschrieben. Grandiose Licks, kreative Soli, perfekter Gesang. Es gibt kaum etwas auszusetzen an dieser Musik. Verfall ist ja irgendwie auch etwas Schönes.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Chrysopoeia (The archeology of dawn)
  • Neon leviathan
  • Preterition hymn
  • The death knell ringeth

Tracklist

  1. The blaze
  2. Chrysopoeia (The archeology of dawn)
  3. Neon leviathan
  4. Aurora neoterica
  5. Preterition hymn
  6. Cult of Shaad'oah
  7. Exeg (en) esis
  8. Ontological mysterium
  9. The death knell ringeth

Gesamtspielzeit: 37:41 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2023-09-28 07:57:31 Uhr
Ah, das ist eine Helge-Schneider-Interpolation :D
Der Herr dürfte in Metal-Rezensionen auch nicht allzu häufig auftauchen...

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2023-09-28 07:20:12 Uhr
"Arschfahl kleben die Riffs am Fenster." :]

Marküs

Postings: 1279

Registriert seit 08.02.2018

2023-09-25 21:14:30 Uhr
Für mich wahrscheinlich ein top fünf Kandidat in 2023 und ne 9,5/10. Die absolute Oberkeule

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27641

Registriert seit 08.01.2012

2023-09-25 20:44:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hierkannmanparken

Postings: 1540

Registriert seit 22.10.2021

2023-08-29 17:11:55 Uhr
Die Pladde ist schon am 18. August bei Season of Mist erschienen.

Im Kern sowas wie blackened Death Metal (?) mit progressiven und melodischen Ansätzen. Insgesamt stilistisch sehr abwechslungsreich und experimentierfreudig.

Am Anfang haben mich die Interludes gepackt, die teilweise einen echt krassen Kontrast zum Rest darstellen. Hat mich vom Aufbau ein bisschen an Lonnie Mack's "The Wham of that Memphis Man" erinnert, dass man eher "konventionelles" Genrematerial durch Instrumentals stilistisch so unterbricht. :D

Highlights bisher:
Wie Chrysopoeia gleich los-thrashed

Der fast schon technische Death Metal in Neon Leviathan, der völlig vertrackte Basslauf

Die Interludes (meiner Wahrnehmung nach) Aurora Neoterica und Exge(ne)sis

Das echt fette Gitarrenriff und das Gekrächze in The Death Knell Ringeth
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