Olivia Rodrigo - Guts
Interscope / Universal
VÖ: 08.09.2023
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Und rockbar
"God, it's brutal out here", stellte Shooting-Star Olivia Rodrigo direkt zu Beginn ihres Debüts "Sour" fest. Selbstverständlich ändert sich diese Wahrnehmung nicht grundsätzlich, wenn man damals 18 war und nun 20 ist. (Ja, Superstars sind jetzt im Jahr 2003 geboren – feel old yet?) Auf ihrem zweiten Album "Guts" macht sie erneut ihr "High school musical" zur "High school soap opera", den "Teenage dream" zum "Teenage drama", auch wenn sie eigentlich seit ein paar Monaten bereits in ihren Twens steckt. Das ist eine völlig authentische Gefühlswelt von Menschen in diesem Alter, obwohl Rodrigo selbst zugab, dass sie für "Guts" versuchte, mehr in Charaktere hineinzudenken, als nur aus ihrem Tagebuch abzuschreiben. Wer Allergien gegen Beziehungsabrechnungen und dramatische Gesten hat, klickt trotzdem besser wieder weiter. Auf den Rest wartet quasi "Sour – New and improved".
Das betrifft vor allem die Balladen, welche das eindrucksvolle Debüt öfters in Richtung Mittelmaß ziehen wollten. Als Konsequenz daraus reduziert "Guts" ihren Anteil nicht nur, sondern gestaltet sie zudem wesentlich dynamischer. Nur "Logical" und "The grudge" bleiben in ihrer Klavier-Komfortzone und sind deshalb auch die am wenigsten interessanten Tracks. Viel mitreißender geraten Stücke wie "Lacy", das sich in einer himmlischen Klimax verliert, in welcher Rodrigo "I despise my rotten mind and how much it worships you" vom Stapel lässt. Durch "Making the bed" surrt eine überraschend penetrante Gitarre, die das Wohlgefühl aufmischt und der Closer "Teenage dream" bäumt sich gen Ende noch mal so auf, wie es das "Happier than ever"-Playbook vorschreibt. So weit, so gut. Die Stars sind aber wieder einmal die Songs, in denen Rodrigo die Sau rauslässt.
Die knallen durch die deutlich kräftigere Produktion von Wiedergänger Dan Nigro so sehr, dass daneben ein Energiebündel wie "Good 4 u" wie ein Lagerfeuersong klingt. Direkt die beiden Opener hauen mit Gitarren-Breitseiten um sich, dass man womöglich am Ende Rodrigo danken kann, wenn die Mainstream-Perspektiven von Rock doch noch nicht tot sind. "I forgive and I forget / I know my age and I act like it / Got what you can't resist / I'm a perfect all-American bitch", giftet sie zu energischem Pop-Punk, den Avril Lavigne damals auch nicht von der Bettkante gestoßen hätte, bevor "Bad idea right?" auf selbstironische Weise das eigene Drama feiert: "Why can't two people reconnect? / I just tripped and fell into his bed." Das beste an dem Stück ist, dass ihr Sprechgesang zu keiner Sekunde peinlich klingt und die hübsch psychotische Bridge sich dafür im herrlich geshouteten Refrain entladen darf. Da müssen das ähnlich lärmige "Ballad of a homeschooled girl" und das flotte "Love is embarrassing" schon mit 120 Prozent aufs Pedal treten, um mitzuhalten.
Irgendwo zwischen den Polen liegt "Get him back!", immerhin ein gutes Rewrite von Taylor Swifts "We are never ever getting back together", und das sehr schön verträumte "Pretty isn't pretty", das sich von seinem leichtfüßigen Beat treiben lässt. Und da ist natürlich noch die erste Single "Vampire", welche im Prinzip den Kern der Sache schon gespoilert hat: Olivia Rodrigo ist gekommen, um zu bleiben, und hat gleich noch ihr Update 1.1 dagelassen. Wie der Song zwischen Piano-Emo und Disco-Anleihe hin und her schwankt, hätte wohl auch einen Jim Steinman stolz gemacht. Bevor sie ihren Verflossenen als "blood sucker" und "fame fucker" verunglimpft, gibt sie noch zu: "I made some real bad mistakes / But you make the worst ones look fine." Das Schöne ist, dass auf "Guts" ihre Fehler immer spärlicher werden. Da kommt hoffentlich noch sehr viel auf uns zu.
Highlights
- All-American bitch
- Bad idea right?
- Vampire
- Pretty isn't pretty
Tracklist
- All-American bitch
- Bad idea right?
- Vampire
- Lacy
- Ballad of a homeschooled girl
- Making the bed
- Logical
- Get him back!
- Love is embarrassing
- The grudge
- Pretty isn't pretty
- Teenage dream
Gesamtspielzeit: 39:19 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Francois Postings: 1017 Registriert seit 26.11.2019 |
2024-06-13 13:47:33 Uhr
dieses Nachahmen von Taylor dürfte halt auch damit begründet sein, dass sie halt ein mega Swiftie ist... kein Wunder, wenn man schon als Kind mit ihren dutzenden Hits aufwächst...Jedenfalls könnte es schlimmere musikalische Vorbilder geben. Bei Rodrigo weiß ich allerdings nicht, wieviel sie da selbst an ihren Texten mitschreibt,... Ihre beiden Alben - und das stimmt - sind regelrecht voll mit Hits. Die wird noch größer |
Eiersalat Postings: 1025 Registriert seit 08.01.2024 |
2024-06-13 13:47:20 Uhr
Furchtbar spannend |
Gilgamesch Postings: 1100 Registriert seit 27.05.2024 |
2024-06-13 13:26:34 Uhr
Starker Auftritt in Köln. 90% Frauen/Mädchen im Publikum, die ist halt ihr Oasis/Nirvana, ihre Themen natürlich alle auf dieses Publikum gemünzt. Ob Ihnen klar ist, dass das eigentlich Rock ist, was sie da hören? Jedenfalls wirklich super Stimmung.Dennoch ein paar Anmerkungen: Aktuell hat sie noch ziemlich viele Tayloswiftismnen drauf, vor allem dieses mit offenem Mund Lächeln, still Stehen und Augen verdrehen, der Swift-Standart-Move. Rodrigo hat das eigentlich nicht nötig, ebenso ihre Standart-USA-Popstar-Ansagen. Aber okay, sie ist erst 20 (!!), natürlich nutzt sie erstmal sowas um Sicherheit auf der Bühne zu gewinnen. Toll dass sie mit echter Band spielt und interagiert, wie sie die Tänzerinnen einsetzt und sie eher reduzierte Bühnenshow. Und wie viele Hits sie schon hat, und wirklich beeindruckend, wie sie mit ihrem Fame klarkommt, sie wurde anscheinend von Kindheit an darauf getrimmt. Hoffentlich fällt ihr das nicht irgendwann auf die Füße. |
Kojiro Postings: 4178 Registriert seit 26.12.2018 |
2024-06-08 00:02:02 Uhr
Konzert war klasse! Astreine Performance, tolle Bühnenshow, gute Live-Band, lauter Hits am Stück. Hat extrem viel Spaß gemacht! Sollte man sich in jedem Fall ansehen, die Gute. |
Bonzo Postings: 3110 Registriert seit 13.06.2013 |
2024-06-07 13:28:10 Uhr
Den Mitschnitten zufolge ist es tatsächlich ein Komplettabriss. |
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Referenzen
Taylor Swift; P!nk; Kelly Clarkson; Adam Lambert; Elastica; Wet Leg; Alanis Morissette; Melanie C; Avril Lavigne; Liz Phair; Icona Pop; Lorde; Carly Rae Jepsen; Demi Levato; Machine Gun Kelly; Kate Nash; Kesha; Miley Cyrus; Katy Perry; Gwen Stefani; Lily Allen; Halsey; Billie Eilish; Lady Gaga; Shawn Mendes; Justin Bieber; Robbie Williams; Sheryl Crow; Shania Twain; Roxette; Michelle Branch; Boygenius; Phoebe Bridgers; Julien Baker; Angel Olsen; Kim Wilde; Cyndi Lauper; Joan Jett
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