James Blake - Playing robots into heaven

Polydor / Universal
VÖ: 08.09.2023
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Back to the ro(b)ots
Meistens kommen sie wieder. James Blake mag sich auf seiner Reise von den sperrig-spärlichen ersten Singles und EPs bis zum quasi radiofreundlichen Soul-Pop auf "Friends that break your heart" immer mehr geöffnet haben. Vom einsamen Studio-Weirdo, der Feist so covert, dass man mit dem Basswummern Soundanlagen testen kann, hin zum Kollaborateur mit hippen Stars wie Rosalía, Travis Scott oder Beyoncé. Es ist eine Entwicklung, die zu Zeiten von "James Blake" höchstens als entfernte Möglichkeit im Raum stand. Dazwischen zeigten nur ab und zu eingestreute EPs wie "200 press" oder "Before", dass noch immer der introvertierte Schaltkreis-Verdrahter in Blake wohnt. Sein sechstes Album "Playing robots into heaven" wendet sich erstmals aber auf Langstrecke ganz offiziell zurück zur Abstraktion.
Es passt besser zu ihm als die HipHop-Schlagseite von "Assume form" und berührt kurioserweise mehr als die eigentlich so sentimentalen Stücke auf "Friends that break your heart". In den elf Tracks wohnen gleich mehrere Seelen, die sich in unterschiedlicher Weise Bahn brechen. Zu Beginn häufen sich vor allem die tanzbarsten, klarsten und auch besten Stücke. Neben den weirden Sounds vergisst Blake eben nie, dass eine geniale Melodie wahre Wunder wirken kann, und genau solche machen das Trio "Loading", "Tell me" und "Fall back" zur vielleicht besten Drei-Song-Folge überhaupt auf einem James-Blake-Album. Speziell die Synth-Sirene in "Tell me" haftet ungemein stark im Ohr, während sich "Fall back" vom unkonkreten Wabern im leeren Raum in eine Tropical-House-Mutation wandelt. Davor thront "Loading" mit spirituellen Versatzstücken. "Wherever I go / I'm only as good as my mind / Which is only good if you're mine."
Worte sind auf "Playing robots into heaven" selten im Fokus, die wenigen, die gesungen werden, haben dafür mehr Gewicht. When Blake "Tell me if it's worth waking up for" fragt, während ihn das schnatternde Motiv genau dazu bringen möchte, schließt sich der Kreis. Unklarer gibt sich hingegen die Mitte des Albums. Hier verlassen die Stücke häufig den Boden der Nachvollziehbarkeit und schlagen gerne mal einen Haken mehr als gedacht. "He's been wonderful" samplet den Sermon von Pastor T.L. Barrett, vermischt mit kuriosen Zahlenspielen, "I want you to know" und "Night sky" lassen hingegen ein Gewirr aus Piepsstimmen auf die Gehörgänge los, nicht ohne jedoch Momente der Schönheit immer wieder gezielt zu platzieren. "Big hammer" bringt hingegen das Kunststück fertig, einen Rapbeat so zu abstrahieren, dass er mit einem Dancehall-Toast gepflegt zum Durchdrehen gebracht wird.
Mit dem wundervollen "Fire the editor", dessen harmonischer Schmetterling sich aus der kargen Puppe entfaltet, beginnt "Playing robots into heaven" seinen emotionalsten Part. "Dad, if you can hear me / You speak less than I like / I don't know how I grew away from the vine" – dass Blake diese Zeilen tatsächlich direkt an seinen Vater James Litherland richtet, dessen "Where to turn" er einst so fulminant in das eigene "The Wilhelm scream" vom Debütalbum überführte, hat er zwar verneint. Doch das von Klavierloops getragene "If you can hear me" sorgt auch so für einen tollen Schlussakkord, der vom nachgelagerten Titeltrack hinausgetragen wird, der wiederum tatsächlich wie Kirchenorgelmusik für Roboter klingt. Musik, die aus fremdartig wirkenden Einzelteilen etwas wunderbar Menschliches und Einfühlsames schafft. "Playing robots into heaven" bewegt zuerst die Füße mit elektrischen Impulsen und streichelt dann die Seele mit metallischen Händen. So wie Blake es schon immer konnte.
Highlights
- Loading
- Tell me
- Fall back
- If you can hear me
Tracklist
- Asking to break
- Loading
- Tell me
- Fall back
- He's been wonderful
- Big hammer
- I want you to know
- Night sky
- Fire the editor
- If you can hear me
- Playing robots into heaven
Gesamtspielzeit: 42:44 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Zappyesque Postings: 966 Registriert seit 22.01.2014 |
2023-09-20 20:08:25 Uhr
Scheinen sich hier ausnahmsweise alle einig zu sein, dass das ein ziemlich großes Album mit hohem Suchtpotential ist. Cool :) |
Autotomate Postings: 5787 Registriert seit 25.10.2014 |
2023-09-20 19:17:49 Uhr
Ja schon, ich habe gut 500 davon rumstehen, – was nun nicht die Welt ist aber auch nicht nichts. Ich möchte trotzdem keine neuen mehr haben, weil ich sie zu selten auflege. Die CDs sind neuerdings wieder so ein bisschen der work around Spotify, Musik, die ich mag, doch 'ne Ecke mehr Wertschätzung zukommen zu lassen. Und von der CD kann ich mir im Zweifel wenigstens die Dateien für den Player rippen, falls mir Spotify mal nicht reicht. Mag die Dinger als Tonträger auch irgendwie, aber halt nur, wenn sie ein bissl liebevoll gestaltet sind. |
keeeyt Postings: 61 Registriert seit 17.08.2023 |
2023-09-20 18:41:36 Uhr
Und Schallplatten sind nichts für dich? |
Autotomate Postings: 5787 Registriert seit 25.10.2014 |
2023-09-20 18:23:46 Uhr
@keeeyt: Im Wesentlichen, um den Künstler zu unterstützen. |
Gomes21 Postings: 4716 Registriert seit 20.06.2013 |
2023-09-20 17:55:40 Uhr
Mir bin überraschend begeistert von dem Album. Als Fan der ersten Stunde, den er danach aber etwas verloren hat kann ich das Album nicht oft genug hören |
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Referenzen
Jamie Woon; Mount Kimbie; Sohn; Four Tet; Caribou; Daphni; How To Dress Well; Jamie xx; Thom Yorke; Burial; Dntel; Actress; SBTRKT; Nicolas Jaar; Darkstar; Airhead; Aphex Twin; Arca; Baths; Gold Panda; Ghostpoet; Deadboy; Boards Of Canada; Kevin Saunderson; Floating Points; Autechre; Architeq; Untold; Flying Lotus; Lukid; Xela; Bonobo; Wookie; Gonjasufi; Tua And Vasee; Atoms For Peace; Sepalcure; Samiyam; Babyfather; Unkle; Tricky; James Pants; Zomby; Chet Faker; Majical Cloudz; John Talabot; The Weeknd; Hudson Mohawke; Joy Orbison; Moderat; Scuba; Pantha Du Prince; Nosaj Thing; King Krule; Archy Marshall; Massive Attack; Portishead; Radiohead; Son Lux; FKA Twigs; The xx; Anohni And The Johnsons; Bon Iver
Surftipps
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