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Bonnie 'Prince' Billy - Keeping secrets will destroy you

Bonnie 'Prince' Billy- Keeping secrets will destroy you

Drag City / Domino / GoodToGo
VÖ: 11.08.2023

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Tod in der Hängematte

"Bananas", schmachtet ein Frauenchor, "how warm it was", croont Bonnie 'Prince' Billy zur Antwort. Womit könnte ein solch exzentrischer Virtuose des traditionellen amerikanischen Songwritings wie Will Oldham nach unzähligen Alben und 30 Jahren in diversen Inkarnationen noch überraschen? Ein Blick in die Tracklist bietet Raum für gewagte Spekulationen: Von besagten Bananen ist da die Rede, aber auch konkreten Orten in warmen Gefilden, der hawaiianischen Hauptstadt Honolulu, dem mexikanischen Vulkan Popocatépetl. Hat Bonnie 'Prince' Billy etwa ein Album über die Tropen gemacht? Der Fortgang der ersten Single "Bananas" stiftet Einsicht, wenn Oldham die Liaison aus sanfter Akustikgitarre und weichem Vortrag mit gewohnt messerscharfer lyrischer Präzision zersäbelt: "Dance around in circles in an end-of-times ballet / And shit upon the riches other folks have on display." Nein, "Keeping secrets will destroy you" ist natürlich keine sommerlich-heitere Platte für die Hängematte geworden, vielmehr gibt der Titel Aufschluss über die Richtung ihrer zwölf Songs. Alles aufs Tableau bringt bereits der Opener "Like it or not", zieht Bilanz, öffnet den Weitblick bis zum Abgrund. "I'm deconstruction, I'm tearing you apart (…) / Like it or not", heißt es da – und was im Duett mit Dane Waters als Folk-Träumerei mit vorbeiziehenden Streichern beginnt, mutiert zur Auseinandersetzung mit dem Tod.

Musikalisch gibt es klare Blaupausen im Œuvre Bonnie 'Prince' Billys. Der minimalistische Gestus von "Master and everyone" liegt nahe, aufgrund der recht präsenten Harmonien mit Waters auch "The letting go", auf dem seinerzeit Dawn McCarthy die zweite Stimme beisteuerte. Dabei finden sich auf "Keeping secrets will destroy you" stets liebevolle Details in den Arrangements, die beinahe durchgehend von Oldham und seiner Gitarre grundiert, dann von subtilen Streichern kammermusikartig angereichert werden. "Behold! Be held!" äußert mit eingängigem Refrain und nicht nur wegen der dezenten Orgel den Wunsch, sich in Größerem zu verlieren: "I want to be wholly consumed in rhyme", summt Oldham, was Drew Miller mit einem warmherzigen Saxofonsolo kommentiert. Keyboardtupfer verleihen dem sonst kargen "Sing them down together" eine melodische Tiefe. Und "Blood of the wine" inszeniert angespannte Schwermut, die sich dann im zarten Tänzeln zwischen Mandoline und Violine verliert. Archaisch verrückt Oldham gelegentlich die Syntax im Sinne des Metrums: Nicht erst seit der Veröffentlichung seiner gesammelten Texte in Buchform weiß man, wie genau er am Wort meißelt.

In der zweiten Hälfte des Albums werden die Bezugsorte meist deutlicher situiert. "Kentucky is water" fügt Oldhams Heimatstaat in den Titel und spiegelt das intime Familienleben in der Totalen. Von seinen typischen lyrischen Schrullen kündet "Willow, pine and oak", das zwischenmenschliche Interaktionen anhand dreier Baumgruppen typisiert. Kurzfassung: Weiden sollst du meiden, Kiefern sind zu anhänglich, Eichen hingegen spenden Kraft und Verlässlichkeit. Ergo: "It's with an oak my love resides." "Keeping secrets will destroy you" richtet sich also in erster Linie an Vertraute des Billy'schen Kosmos – alle anderen könnten dieses Hohelied auf die Subtilität mit gleichbleibend ruhiger, beinahe zarter Atmosphäre und konzentrierten, idiosynkratischen Texten rasch überhören.

Zur Belohnung für die Geduld und Aufmerksamkeit, die Oldham bei aller musikalischer Sanftmut verlangt, warten die beiden vielleicht stärksten Songs gegen Ende des Albums. Das düstere "Trees of hell" erinnert mit seinen dronigen Streichern, auf denen sich mysteriös-melancholisches Gitarrenzupfen rankt, und bestechender Naturmetaphorik an keltischen Folk. Und das sechsminütige "Rise and rule (She was born in Honolulu)" erzählt zunächst knapp und völlig klischeebefreit die Geschichte einer Frau, die dem Leid zum Trotz ihrem Glauben nicht entsagt. Wenn es aus Sicht der Kinder heißt: "Holes in our lives and still we are going to rise and rule before we die", wirkt das jedoch nicht triumphal, sondern wie eine gegen den Strich gebürstete Studie über Zweifel und Trauerarbeit. In der Reduktion aller anderen Faktoren scheint Oldhams Eloquenz eben besonders hell. Und offenbart, dass manche Themen nur in sehr wenigen Händen besser aufgehoben wären.

(Viktor Fritzenkötter)

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Highlights

  • Behold! Be held!
  • Trees of hell
  • Rise and rule (She was born in Honolulu)

Tracklist

  1. Like it or not
  2. Behold! Be held!
  3. Bananas
  4. Blood of the wine
  5. Sing them down together
  6. Kentucky is water
  7. Willow, pine and oak
  8. Trees of hell
  9. Rise and rule (She was born in Honolulu)
  10. Queens of sorrow
  11. Crazy blue bells
  12. Good morning, Popocatépetl

Gesamtspielzeit: 46:08 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

dreckskerl

Postings: 10457

Registriert seit 09.12.2014

2023-08-12 16:41:16 Uhr
edit: mich berühren

dreckskerl

Postings: 10457

Registriert seit 09.12.2014

2023-08-12 16:40:26 Uhr
Aufs erste konzentrierte Hören bin ich überraschend angetan. Einige Songs die direkt funktionieren und ich berühren.

Ich gehe mit den Highlights mit.
"Trees of Hell" ist so nah an der irischen Harmonielehre, dass ich mir unweigerlich wünsche Lankum würde ihn hier begleiten und das Ding auf 9 Minuten hinwegdronen.

Das Album hat eine enorm warme Atmossphäre und ich hab große Lust auf mehrfaches Anhören.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27482

Registriert seit 08.01.2012

2023-08-02 22:08:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


Z4

Postings: 8861

Registriert seit 28.10.2021

2023-08-02 21:34:29 Uhr
Meinungen?
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