Olivia Dean - Messy

EMI / Universal
VÖ: 30.06.2023
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Wie weit willst Du gähn
Es gibt nicht wenige Personen, die große Hoffnungen in Olivia Dean setzen. Die 1999 geborene Britin hat seit ihrer ersten Single "Reason to stay" innerhalb von fünf Jahren über gefühlvolle EPs und nahbare Singles immer mehr Blicke auf sich gezogen und ihr Debütalbum "Messy" hätte so etwas wie ein mittelgroßer Knall im UK-Pop werden können und vermutlich sollen. Leider biegt sie an der ersten großen Gabelung lieber auf den sicheren Weg ab und stellt dafür ein paar ihrer Qualitäten zurück. Jetzt dürfte es etwas länger dauern, bis sie ankommt.
Dabei stehen die Zeichen erst einmal gut, wenn Dean im Opener "UFO" schüchtern durch den Vocoder sprechsingt und zu einer klimpernden Gitarrenmelodie charmant ihre Unbeholfenheit in Liebesdingen offenlegt. Doch schon das anschließende "Dive" verlässt sich zu sehr auf bekannte Motive und springt samt ordentlich groovender Bassline und Bläsern kopfüber in eine Liebesbeziehung – nicht ohne Stil, aber mit Abzügen in der Haltungsnote: Immer wieder wirkt ihr Soul-Pop zu mutlos. "Danger" lässt etwas Karibikeinschlag zu, aber sich nie vollständig gehen. Und "The hardest part", von dem außerhalb des Albums auch eine interessantere Version mit US-Star Leon Bridges existiert, erzählt warmherzig vom Entwachsen aus einer Liebesbeziehung, ohne dabei neue Bilder zu finden.
Das wäre alles weniger tragisch, hätten die Singles der letzten fünf Jahre nicht gezeigt, dass Dean immer dann am besten ist, wenn ihre elegante und ausdrucksstarke Stimme auf Zeilen trifft, die einen nicht mit Gemeinplätzen langweilen, sondern in spezifische Situationen oder Bilder ziehen. Zum Beispiel im Jahre alten "Password change", in dem sie eigentlich lieber mit ihrem Partner reden würde, statt ihn während eines Fußballspiels anschweigen zu müssen: "And just when I think I've cracked you / You do a password change." Solche Stellen finden sich zwar auch auf "Messy" – etwa, wenn die Britin im letzten Song von ihrer Oma Carmen singt, die mit 18 Jahren alleine aus Guyana nach Großbritannien kam. Oder im selbstzweifelnden "Everybody's crazy", wo ein Händedruck unter dem Tisch zum stillen Hilferuf wird. Oder auch auf musikalische Art im chicen "No man", das mit dezent-dramatischen Streichern genaugso gut in einen Bond-Soundtrack passen würde: "I've been on a tightrope walking / Never had a fear of falling down / Every step is more unsteady / Never been so far from solid ground / I thought I saw you there to catch me / But now I look again, you're out of reach / There's nothing, no hands, no man for me."
Trotzdem fühlt sich Olivia Deans Debütalbum nach etwas zu wenig an – zu wenig Knall oder zu wenig Intimität, zu wenig Pop oder zu wenig Experiment, einfach zu wenig von allem. Die Richtung wäre dabei im Grunde völlig egal gewesen, nur der gewählte Weg ist auf jeden Fall der langweiligste für diese vielversprechende Künstlerin. Und selbst auf vermeintlich sicherem Terrain kann es so glatt werden, dass man aufpassen sollte, nicht auszurutschen.
Highlights
- UFO
- No man
- Carmen
Tracklist
- UFO
- Dive
- Ladies room
- No man
- Dangerously easy
- Getting there
- Danger
- The hardest part
- I could be a florist
- Messy
- Everybody's crazy
- Carmen
Gesamtspielzeit: 35:34 min.
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