Portugal. The Man - Chris Black changed my life
Atlantic / Warner
VÖ: 23.06.2023
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Summer is coming
"Können die nicht einfach mal wieder ein Rockalbum aufnehmen, auf dem sie klingen wie The Mars Volta?", wünschte sich ein Plattentests.de-User im Februar 2022. Ein gutes Jahr später antworteten Portugal. The Man mit "Dummy", der ersten Single ihres neunten Longplayers, in der sie nicht klingen wie The Mars Volta. Nun sind die Herren und Damen um Cedric Bixler-Zavala und Omar Rodríguez-López auch nicht mehr das, was sie einmal waren, doch bleibt die Entwicklung ihrer aus Alaska stammenden Kollegen vom vermathten Post-Hardcore zu welterfolgreichen Indie-Pop-Darlings beispiellos. In ihrer neuen Identität fühlen sich Portugal. The Man so wohl, dass auch "Chris Black changed my life" nicht daran rüttelt, obwohl der sechsjährige Abstand zum Vorgänger "Woodstock" in Band-Maßstäben einem halben Hiatus gleichkommt. Der Stillstand mag einerseits enttäuschen, andererseits beherrscht der Sechser sein Metier weiterhin bemerkenswert gut, auch wenn die pure Pop-Perfektion von "Evil friends" langsam im Rückspiegel verschwindet.
Der Kontext – und mögliche Grund für die lange Pause – ist dabei ein trauriger. Mit dem im Albumtitel gewürdigten Chris Black verlor die Band einen langjährigen Freund und Begleiter, den sie in einem Statement als ihren "Klebstoff" bezeichnete. Doch musikalisch herrscht keineswegs Grabesstimmung – dass sich bei Portugal. The Man sonnige Melodien mit ernsten Themen die Hand reichen, wissen seit dem Super-Mega-Hit "Feel it still" sowieso alle. So kann das nach einem Piano-Intro die Platte eröffnende "Grim generation" entmutigende Zeilen wie "Don't be naive, there's a darkness deep in the street" ausspucken, ohne sich als Gospel-nahe, dickbassig groovende Hook-Schleuder die Blöße zu geben. Wer mit Jeff Bhasker einen Produzenten mit Harry Styles, Mark Ronson und Beyoncé im Portfolio engagiert, kann ja nicht einfach depressiv brodelnde Slowcore-Epen mit Black-Metal-Eruptionen machen.
Angesichts einer nahezu nur aus Hits bestehenden ersten Albumhälfte vermisst man solche allerdings auch nicht. "Thunderdome [W.T.A.]" holt mit The-Roots-MC Black Thought und der grandiosen mexikanischen Künstlerin Natalia Lafourcade zum inspirierten Feature-Doppelschlag aus, um mit verschlepptem Beat seine USA-Kritik cabrioreif aufzubereiten, während versengte Saiten durch die Präriehitze schneiden. Die genaue Beteiligung von Unknown Mortal Orchestra an "Summer of luv" ist nicht so klar herauszuhören, doch wenn sie auch nur minimalst zu dessen Saxofon-Hook beigetragen haben, möchte man ihnen die Füße küssen. Und von "Ghost town", das mit luftig-rockiger Catchiness den bösen Freunden zuwinkt, war noch gar nicht die Rede. Portugal. The Man gießen dabei durchaus unterschiedliche ästhetische Ansätze in ihre kompakten Pop-Formen, agieren jedoch merklich weniger zerschossen als noch auf "Woodstock".
Diese Klarheit verschwimmt nach der Halbzeit ein wenig, auch wenn "Chris Black changed my life" immer noch genug interessante Momente abwirft, um nicht abzusacken. "Time's a fantasy" schwebt als von Sean Leons Autotune-Sehnsucht eingeleitete Gruppentherapiesitzung durch den Äther, aus dem heraus sich der Streicher-unterstützte Piano-Blues von "Doubt" materialisiert. Im Schlussspurt von "Champ" täuscht die Band circa zehn Sekunden lang Metal-Geriffe an, ehe Komponisten-Legende Paul Williams im standesgemäß ausladenden Closer "Anxiety:clarity" einen Waldbrand beschreibt: "You see this massive cloud of smoke and it's cinematic, and it's biblical. Does the end just become entertainment? Wow, that's a fantastic looking fire that's about to sweep through me." Der Untergang als Spektakel, die Leiden des Menschseins als Sommerhit. Portugal. The Man haben ihre eigene Art der Trauerbewältigung gefunden.
Highlights
- Thunderdome [W.T.A.] (feat. Black Thought & Natalia Lafourcade)
- Summer of luv (feat. Unknown Mortal Orchestra)
- Ghost town
Tracklist
- Heavy games II (feat. Jeff Bhasker)
- Grim generation
- Thunderdome [W.T.A.] (feat. Black Thought & Natalia Lafourcade)
- Dummy
- Summer of luv (feat. Unknown Mortal Orchestra)
- Ghost town
- Time's a fantasy (feat. Jeff Bhasker & Sean Leon)
- Doubt
- Plastic island
- Champ (feat. Edgar Winter & With War)
- Anxiety:clarity (feat. Paul Williams)
Gesamtspielzeit: 34:20 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fuzzmyass Postings: 16604 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-01-28 14:16:39 Uhr
Mag das Album, weiß nicht was hier alle haben... tolles Popalbum mit Tiefgang in Songwriting, Arrangements und Produktion... |
AliBlaBla Postings: 6486 Registriert seit 28.06.2020 |
2023-06-28 10:13:53 Uhr
@Mr. FritteGratuliere zum ultimativen Ritterschlag! Keep on rockin' ... |
Mr. Fritte Postings: 831 Registriert seit 14.06.2013 |
2023-06-28 00:16:08 Uhr
Wahnsinn, ich wurde ja in der Rezension zitiert! Endlich was erreicht im Leben!Das Album fand ich beim ersten Durchgang noch eher enttäuschend, aber irgendwie macht es jetzt doch ordentlich Spaß. "Woodstock" hatte die größeren Hits, aber ich glaube ich find dieses hier besser, gerade wegen der melancholischen Note, die immer wieder durchscheint. "Thunderdome" und "Plastic Island" find ich am stärksten. Nicht gebraucht hätte ich den eher schlimmen Autotune-Part in "Time's a fantasy", und den Einstieg mit den ersten beiden Tracks finde ich auch nicht ganz so gelungen. Aber insgesamt gerade eine schöne Platte. |
Grizzly Adams Postings: 5265 Registriert seit 22.08.2019 |
2023-06-27 17:48:56 Uhr
Lässt mich etwas ratlos zurück. Auch wenn das als Trauerbewältigungsalbum gesehen werden kann/Sollte/muss.Die erste Hälfte finde ich nach dem ersten Durchgang noch ganz catchy. Auch mit der Opulenz, die schon durchscheint. Danach kommen versuchte Power-Pop-Rockhymnen mit Deep Purple-Orgeln, Coldplay-Refrains und einer Melange aus elektronischen und Gitarren-Soli, die ich ein bisschen drüber finde. Für die Band vielleicht das richtige Album, für mich nach dem ersten Hören eher nicht. |
PKingDuck92 Postings: 342 Registriert seit 07.10.2022 |
2023-06-25 10:10:03 Uhr
Find's echt nicht so dolle das Album bisher. Zu viele Feature Gäste und sonst nichts dabei was sie auf früheren Alben nicht schon besser hinbekommen hätten... Zum Urlaub in der Hängematte dann doch eher Mal wieder die Satanic Satanist oder Evil Friends reinhauen |
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Referenzen
Cold War Kids; Foster The People; Joywave; Walk The Moon; Young The Giant; Saint Motel; Sir Sly; Neon Trees; Grouplove; MGMT; Foals; Phoenix; Spoon; Gorillaz; Local Natives; Bombay Bicycle Club; Temples; Metronomy; Broken Bells; Django Django; Alt-J; Ra Ra Riot; Of Montreal; Unknown Mortal Orchestra; TV On The Radio; Kasabian; Cage The Elephant; Two Door Cinema Club; Ok Go; Danger Mouse; Jungle; Electric Guest; Chromeo; Beck; Imagine Dragons
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