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Godflesh - Purge

Godflesh- Purge

Avalanche / Indigo
VÖ: 09.06.2023

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Das Reinheitsgebot

1992 war "Pure" von Godflesh ein Meilenstein. Das definitive Kombi-Produkt für Hörer*innen, die alles auf einmal wollten: den brachialen Industrial Metal von Ministry auf "Psalm 69", den Brennende-Öltonnen-Krawall von Body Count, die Gnadenlosigkeit von Brutal Truths Grindcore-Referenzwerk "Extreme conditions demand extreme responses" und eine Schippe der nahezu perfekten Electronic Body Music auf "Tactical neural implant" von Front Line Assembly. Als Gast zog Loop-Mann Robert Hampson seinerzeit zudem rauschende Shoegaze-Texturen ein, und später wurde "Pure" gar als Vorwegnahme des Sludge gefeiert. Rund 30 Jahre später nun "Purge" – das Album, das sich vom Klassiker im Titel nur durch einen Buchstaben unterscheidet und ihn in gewisser Weise fortsetzt. Und das nicht als alten Hut von vorgestern, sondern mit so frischem Drive, als sei Justin Broadrick immer noch der belfernde und growlende Jungspund aus verkorkstem Elternhaus, der in ungeschlachten Songgebilden den Pesthauch des Daseins verhandelt.

Bereits 1989 auf "Streetcleaner" hatte der Brite nämlich am liebsten seine Gitarren abgesägt und die Drum-Machine so lange frisiert und auf Dauerfeuer gestellt, bis sie ihm und Sozius C. G. Green mit Getöse um die Ohren flog. Und nichts anderes bietet der Opener "Nero": eine verhallt dahereiernde Rhythmusspur, die von einem ausgesucht gemeinen Knirsch-Riff übers Knie gelegt wird, während sich Broadrick erstmals die Kehle blutig raspelt. Vielleicht nicht ganz so monströs wie "Mothra", vielleicht nicht ganz so ungehobelt wie das von allem angewiderte "Like rats" – dennoch ein rotierender Kracher, der so unbarmherzig Seelen schlürft wie der Kaiser im alten Rom Austern, so er welche gehabt hätte. Der "Land lord" treibt's noch dunkelgrauer: Glühende Leads schillern in allen Farben nackten Entsetzens, die malmende HipHop-Grundierung steht derjenigen des auf "Pure" verwursteten "Let the rhythm hit 'em" von Eric B & Rakim in nichts nach. "Don't sweat the technique"? Leicht gesagt, wenn man nach zwei Tracks schon klatschnass ist.

Und so bleibt das Reinheitsgebot von Godflesh simpel, aber effektiv: Neben der böse grollenden Versuchsanordnung aus dem Schmerzzentrum der Existenz kommt allenfalls Greens Bass in die Tüte, der Wände erzittern lässt und zusammen mit der ungreifbaren Beatschlaufe den nihilistischen Sechsminüter "Lazarus leper" in die Nähe industriellen Horror-Dubs rückt – "Dog", ein Bonus-Track der Vinyl-Version von The Bug vs Earths "Concrete desert" mit Broadrick am Mikro, schaut hier räudig um die Ecke. Auch in der Folge durchmisst "Purge" die gegensätzlichen Pole des Godflesh-Universums: "The father" kriecht zu repetitiven Gitarrenfiguren zurück in eine Vorhölle, in der schon frühe Swans loderten, "Permission" bewirbt sich im Speed-Rausch um die Nachfolge des 1994er-Hits "Crush my soul". Und markiert "You are the judge, the jury, and the executioner" dank gefühlt ewig verhallender Vocal-Spur den langen Abschied aus einem ungemein dichten, fesselnden Album, ist eins gewiss: Die Zeit zerstört alles. Außer diese Band.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Nero
  • Land lord
  • Permission

Tracklist

  1. Nero
  2. Land lord
  3. Army of non
  4. Lazarus leper
  5. Permission
  6. The father
  7. Mythology of self
  8. You are the judge, the jury, and the executioner

Gesamtspielzeit: 43:39 min.

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User Beitrag

NeoMath

Postings: 2108

Registriert seit 11.03.2021

2023-06-17 00:38:39 Uhr
Der este und zweite Durchlauf noch etwas nüchtern, aber nach und nach entpuppt sich die Walze.
Läuft!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27707

Registriert seit 08.01.2012

2023-06-16 21:06:42 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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