Afrob - König ohne Land

G-Lette / Edel
VÖ: 16.06.2023
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10

Keine Zeit für Monarchen
An einem späten Samstagabend im Sommer 2018 betrat Afrob die Bühne des Osthafenfestivals in Frankfurt. Die kostenlose Veranstaltung in der Mainmetropole ist ein Fest für jedermann, neben dem Rapper wurden außerdem die HipHop-Clowns Culcha Candela als Headliner gebucht. Das Stuttgarter Urgestein mühte sich redlich, das von Sonne und Kaltgetränken ermattete Publikum zu begeistern. Mit einem namenlosen Backup-Rapper im Schlepptau performte er seine größten Hits: "Get up", "Rolle mit Hip Hop" und immer wieder "Reimemonster", den Track aus dem Jahr 1999 an der Seite von Ferris MC. So sehr man auch in Nostalgie schwelgte, irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, dass die Baumarkt-Eröffnung als nächster Karriere-Halt in nicht allzu weiter Ferne liegt.
Fünf Jahre später ist der 45-Jährige davon glücklicherweise immer noch weit entfernt, seine Tour zum neuen Album führt ihn durch die kleineren Clubs des Landes. Und doch ist Afrob eine tragische Figur. Ende der Neunziger als Anhängsel des Freundeskreis-Tross gestartet, konnte er als Solokünstler nach seinem 1999er Debütalbum "Rolle mit Hip Hop" und dem Nachfolger "Made in Germany" nie mehr wirklich überzeugen. Zu sehr verließ er sich allein auf seine prägnante Stimme, zu wenig entwickelte er sich weiter.
Hat man das nervige Gelaber des Intros hinter sich gebracht, beginnt Afrobs achtes Soloalbum gar nicht so übel. In "Meine Bestimmung" kombiniert er Battle-Rap mit persönlichen Schilderungen der letzten Monate, das Ganze über einen trocken schleppenden Boombap-Beat alter Schule. Auch "Kemet Rap" ist ein gelungener Track für die Oldschool-Heads. Afrobs alter Kumpel Samy Deluxe taucht bei "Backstage" auf. An die glorreichen Zeiten, als die beiden als ASD das deutsche Pendant zu Method Man und Redman bildeten, kann der Track nicht anknüpfen. Zu uninspiriert mumbled der Hamburger seinen Part hin. Es geht um schlechte Erfahrungen mit anderen Rappern und Hatern, eines der beliebtesten Themen im Afrob-Kosmos. Bei "Show must go on" stiehlt Gastrapperin Die P ihm dieselbige, bei "Am Arsch" ist es She Raw, die über einen schön klackernden Beat eine deutsche Missy Elliott gibt. Afrob ist nicht der versierteste Texter, was er auch diesmal wieder mehrfach beweist. Zeilen wie "Bin noch nicht satt, mach' Euch platt / Ich bin kein Wrack, bin auf Zack“" ("Nein") klingen nach Freestyle-Cypher anno 1996. "Ich hör' meine Stimme gern auf solchen Beats / Ich bediene keine Feeds, ich bin ein analoger Wichser" lässt einen wahlweise kopfschüttelnd oder mit vor Fremdscham gerötetem Gesicht zurück. "Hätt ich nur" ist Storytelling auf niedrigem klischeehaften Niveau, "Roll das Paper" das obligatorische Kiffer-Lied. Bei "Immer unterwegs" darf Nachwuchsrapper Isaiah auf den Schoß von Onkel Robbe klettern und die harten Jungs vom Kotti oder aus Neukölln imitieren. Klingt nach spätem jugendlichem Aufbegehren gegen das Elternhaus, der 22-jährige Isaiah ist der älteste Spross von Soul-Chanteuse Joy Denalane und Max Herre.
Afrob legt als König ohne Land ein ziemlich schwaches Album vor. Fatoni, der König der Zweifler, konnte mit seinem aktuellen Release nicht die hohen Erwartungen erfüllen. Manuellsen, der König im Schatten, wurde zuletzt durch gezielte Faustschläge unsanft auf die Bretter geschickt. Keine gute Zeit für die Monarchie im Deutschrap.
Highlights
- Meine Bestimmung
- Kemet Rap (feat. Heliocopta)
Tracklist
- Intro
- Meine Bestimmung
- Vendetta
- Backstage (feat. Samy Deluxe)
- Adam und Eva
- Nein
- Dicke Haut
- Show must go on (feat. Die P)
- One shotta boy
- Am Arsch (feat. She Raw)
- Kemet Rap (feat. Heliocopta)
- Hätt ich nur
- Skit (ASK)
- Immer unterwegs (feat.Isaiah)
- Daumen hoch
- Roll das Paper
- Bisschen Frieden (Krieg steht vor der Tür) (feat. Alex Prince)
Gesamtspielzeit: 54:05 min.
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Börgie Postings: 2 Registriert seit 11.10.2023 |
2023-10-11 07:37:13 Uhr
Äh...Afrob....geht schon immer. Der hat beim Deutsch Rap schon eine Anteilseignerschaft. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28468 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-06-16 21:05:30 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
ASD; Samy Deluxe; Ferris MC; Megaloh; Heliocopta; Olli Banjo; Massive Töne; FK Allstars; Max Herre; D-Flame; Dynamite Deluxe; Beginner; Main Concept; MC Rene; Curse; Azad; Die Fantastischen Vier; Torch; K.I.Z.; Prinz Pi; Moses Pelham; Fettes Brot; Lakmann; Kool Savas; Fatoni; Stieber Twins; Fischmob; Die P; She Raw; Nico Suave; Audio88&Yassin; BSMG; Xavier Naidoo; Amewu; Creutzfeld & Jakob
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