Peter Fox - Love songs
Warner
VÖ: 26.05.2023
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Optimismus Prime
Dass es "Love songs", das zweite Album von Peter Fox, überhaupt gibt, ist ein kleines Wunder in mehreren Stufen. "Stadtaffe" war 2008 schließlich nicht nur angsteinflößend erfolgreich, sondern holte mit seinem einzigartigen Mix aus Dancehall und klassischer Instrumentierung sogar Leute ins Boot, die sonst bei seiner Hauptband Seeed lieber die Flucht ergriffen. Schon damals versicherte der bürgerlich Pierre Baigorry heißende Sänger, dass sein Solodebüt eine einmalige Sache gewesen sei. Somit kam die Single "Zukunft pink" 2022 aus dem Nichts: eine fantastische, zeitgemäße Ode an den Optimismus, der in diesen Zeiten zum Verlust zu werden droht. Nicht ohne ein Augenzwinkern, die komplette zweite Strophe haut eine Punchline nach der anderen raus. "Elon Musk, fick' Dein Mars-Projekt / Scheißkalt und arschweit weg / Hab' Brandenburg entdeckt" ist nur der Beginn.
"Alle malen schwarz / Ich seh' die Zukunft pink / Wenn Du mich fragst, wird alles gut, mein Kind" – selbst der bezirzende Refrain von Inéz Schaefer konnte die Vorwürfe nicht abhalten, Fox habe sich den Afrobeat kulturell angeeignet. Dies hatte ihn, der mit PoC sehr regelmäßig kollaboriert, so getroffen, dass der Song nun nur noch als passender Closer dient, nicht mehr wie ursprünglich geplant als Titeltrack. Die elf Stücke stehen stattdessen unter einem Schirm namens "Love songs", denn "defintiv gibt es nicht genug Liebe auf der Welt", so Fox zum Namenswechsel. Wenn er noch schlechte Vibes darüber verspüren sollte, haben diese es nicht auf die Platte geschafft. Nein, "Love songs" hat nicht die emotionale Tiefe, die "Stadtaffe" in vielen Songs bieten konnte, dafür hängt das Werk als luftiges Sommeralbum mit dem Flair eines Straßenkonzerts wunderbar zusammen.
"Mein Spiegelbild Schrott / Ich steh' im Bad und bau' mich neu zusammen" – der schleppende Opener "Ein Auge blau" mag noch textlich "Alles neu" vom Debüt reflektieren, die Platte nimmt jedoch schnell andere Abfahrten. Die Streicher tauchen ab und zu immer noch auf und verzieren besonders die Ballade "Kein Regen in Dubai" wunderhübsch, ohne der Komposition die Verschmitztheit (oder die seltsame Aussprache von "Dubai") zu nehmen. Es dominiert allerdings sonst eine lässige Form des Dancehall, nur eben mit diesem Kniff, der auch "Love songs" immer einen Ticken cleverer als die Stücke anderer Genrevertreter wirken lässt. Ob es mit "Tuff cookie" die tanzbeinschwingende Ode an die eigene Frau ist oder bei "Vergessen wie" das Aufraffen zur Party, nachdem über die Pandemiejahre die Gänge etwas eingerostet sind. Mit einem Sprachmix, bei dem Bilderbuch schon blass werden: "Es ist wie Amnesie / Zu viel Screentime / Er und sie, Overload / Amazon Prime."
Besonders überzeugend gerät der Track "Gegengift". Eingeleitet vom Interlude "Dawn of the dawn", bleibt der erwartete Refrain aus, der basslastige Beat lässt den Song stattdessen lauern. "Hab' ich Spucke im Mund oder ist es schon Gift?", fragt Fox, bevor unverhofft eine Melodie erscheint und zum helleren Ende führt. Das italienische Urgestein Adriano Celentano und der Hamburger Deutsch-Ghanaer Benji Asare drücken in ihren Gastauftritten den Songs außerdem den Stempel auf, speziell "Celebration" mit Asare ist sowieso ein wundervoll arrangiertes Stück, das sich vor allem aus den tollen Background-Vocals speist. "Love songs" ist vielleicht kein erneutes Ausrufezeichen in der deutschen Musiklandschaft, es orientiert sich mehr am Zeitgeist als das ganz eigensinnige "Stadtaffe" und hält inhaltlich keiner tiefen literarischen Analyse stand. Es malt eben einfach die Zukunft pink. Das braucht es manchmal auch.
Highlights
- Kein Regen in Dubai
- Celebration (feat. Benji Asare)
- Gegengift
- Zukunft pink (feat. Inéz)
Tracklist
- Ein Auge blau
- Tuff cookie
- Kein Regen in Dubai
- Disney
- Celebration (feat. Benji Asare)
- Vergessen wie
- Dawn of the dawn
- Gegengift
- Weisse Fahnen
- Toscana fanboys (feat. Adriano Celentano)
- Zukunft pink (feat. Inéz)
Gesamtspielzeit: 35:22 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Z4 Postings: 8077 Registriert seit 28.10.2021 |
2023-06-14 12:38:35 Uhr
Edegeilers Kurzrezension absolut treffend, mehr braucht man zu diesem Album nicht zu sagen. |
edegeiler Postings: 2915 Registriert seit 02.04.2014 |
2023-06-14 12:27:28 Uhr
Ist kein gutes Album geworden. Fox macht hier langweiligen, erwachsenen Contemporary Shit. Produktion ballert nicht, der Sound soll Vibe erzeugen, ist aber zu spärlich und der Gesang zu glatt. Das rauscht so durch. Wenig Inhalt, wenig Biss, und auch wenig Stimmung, obwohl er es wirklich versucht. Cool, dass er sich an afrikanischen Beats versucht. Uncool, dass er gesanglich oft hinterherhechelt. Unterwältigend, aber nach den letzten Seeed Alben auch nicht wirklich überraschend. Mit 7/10 überbewertet und in zwei Jahren vergessen. |
Mawi09 Postings: 100 Registriert seit 27.10.2022 |
2023-06-03 10:05:28 Uhr
Ist ein gutes Album geworden. Nur Dubai finde ich unhörbar, und Toscana Fanboy nervt auch eher, aber der Rest ist stark. Besonders Zukunft Pink, Auge Blau und Gegengift. Ich mag auch die kompakte Länge.Insgesamt auf einem Level für mich mit Stadtaffe. Das hatte mehr Hits aber auch mehr Songs die ich unnötig fand. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 9300 Registriert seit 26.02.2016 |
2023-05-31 22:46:05 Uhr
"Stadtaffe" ist für mich eine 8 oder 9, falls es Kontext braucht. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 26212 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-05-31 21:13:13 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Seeed; Boundzound; Nina Chuba; Alli Neumann; Culcha Candela; Beginner; Jan Delay; Gentleman; Nura; Marteria; Trettmann; Cro; Ohrbooten; Clueso; Bilderbuch; Deichkind; Haiyti; Bausa; Apache 207; Max Herre; Sean Paul; Bad Bunny; Cee-Lo Green; Wyclef Jean; Childish Gambino; Drake
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