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Sabiwa - Island no. 16: Memories of future landscapes

Sabiwa- Island no. 16: Memories of future landscapes

Phantom Limb
VÖ: 16.04.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Alle Lust will Ewigkeit

Wer schon einmal die Documenta in Kassel besucht hat, kennt vielleicht das Gefühl, leicht verwirrt vor einer Installation zu stehen. Metallstäbe ragen in den Raum hinein, Gummischnüre baumeln von der Decke, im Hintergrund flackert eine Neonröhre. Und in der Mitte sitzt ein Affe aus Plastik und liest Nietzsche. "Das wird sicher etwas bedeuten", denkt man sich dann, bevor man weitergeht, um vom nächsten Kunstwerk vor den Kopf gestoßen zu werden. Es gibt Menschen, die derlei Formen des Ausdrucks als Quatsch abtun, vielleicht auch zurecht. Tanzen kann man zu einem philosophieaffinen Primaten nicht, so viel ist sicher. Ob die thailändische Künstlerin Sabiwa Nietzsche kennt, war zu Redaktionsschluss nicht bekannt. Auf ihrem neuen Album "Island no. 16: Memories of future landscapes" widmet sie sich jedoch genüsslich der Umwertung musikalischer Werte.

Sich der Musik deskriptiv zu nähern, fällt nicht leicht. Es gibt Strukturen und Melodien, diese entziehen sich jedoch den Hörgewohnheiten. Häufig nutzt Sabiwa ihre Stimme als Ausgangspunkt für computergestützte Dekonstruktion. Der Opener "Pupa" basiert auf einem Gesangsloop, der Takt für Takt unter einem Berg aus wunderbarem Krach begraben wird. Noch schizophrener gerät "Hermaphrodite", in welchem Sabiwa die Chipmunks zunächst in die Geisterbahn schickt, bevor sie zu Hackschnitzeln verarbeitet werden. Irgendwo in der Mitte ertönt ein schrilles Geräusch ... das müssen ihre Todesschreie sein. Nach einer kurzen Verschnaufpause übernehmen schließlich verzerrte Synthesizer-Bässe das Ruder, während parallel die Sonne den Betrieb einstellt. Das alles ist schwer verdaulich, aber auch verdammt spektakulär.

Prominent sind Einflüsse traditioneller thailändischer Musik, so beginnt "Christal" mit einer von einer Männerstimme vorgetragenen Volksweise. Nach einigen Minuten setzt ein Chor ein, die Stimmung kippt ins Unheilvolle. Wer noch auf der Suche nach einem Soundtrack für die anstehende Machtübernahme der Maschinen ist, könnte hier fündig werden. "Dog smells your future" entzieht sich hingegen jeglicher Kategorisierung. Gamelan-Instrumente geben der Komposition anfangs noch eine gewisse Form, während das Tempo zunächst unmerklich, dann unaufhaltsam reduziert wird. "I love you", verkündet Sabiwa, ehe sie sich endgültig gegen Sprache entscheidet und auf gutturale Geräusche verlegt. Die Gummibänder brennen, der Affe ist tot. Nur das Metall, das brennt nicht. Über die Trümmer der Zivilisation wird dereinst Gras wachsen. Und die Vögel werden zwitschern, als hätte es Menschen nie gegeben.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Christal
  • Hermaphrodite

Tracklist

  1. Pupa
  2. Dog smells your future
  3. Christal
  4. Hermaphrodite

Gesamtspielzeit: 40:16 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

myx

Postings: 5593

Registriert seit 16.10.2016

2023-05-09 20:45:38 Uhr
Da ist, glaub ich, die Spotify-Liste falsch, nämlich von Sven Wunder.

Lausche gerade mit Interesse diesen seltsamen Klängen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28792

Registriert seit 08.01.2012

2023-05-03 20:57:29 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?



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