Braids - Euphoric recall

Secret City / Rough Trade
VÖ: 28.04.2023
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Rückruf erbeten
Uff. Gleich nach "Supernova", dem ersten Stück des fünften Albums von Braids, findet der Hörer sich erst einmal geplättet wieder. Acht Minuten voller Ideen, die andere über ebenso viele Songs ausbreiten würden. Aber dieses kanadische Trio vermischt mühelos schabende Elektronik, schräges Klickerklacker, harmonische Streicherklänge, beatgestützte und ruhige Phasen, und lässt das alles unter Raphaelle Standell-Prestons eindrucksvoller Gesangsarbeit verschmelzen. Wie sich aus den sperrigen Sounds der späten Björk ein trippiger Popsong schält, der zwischendurch noch frühe Goldfrapp streift, das ist meisterlich.
Bereits im Jahr 2013 erlebte der Rezensent, wie Braids – damals mit ihrem feinen zweiten Album "Flourish // Perish" auf Tour – auf Konzertgänger wirken können: kaum tanzende Menschen, dafür überall entrückte Gesichtsausdrücke. Die in Montréal – wo auch das aktuelle Album entstand – ansässige Band, hat sich von Anfang an wenig um Erwartungen geschert und stets bevorzugt dem Experiment freien Lauf gelassen. So segelte man immer etwas unter dem Radar, ja sogar Feinschmeckerseiten wie yours, truly Plattentests.de begnügten sich mit ein paar begeisterten Forumseinträgen.
Doch halt, das wird jetzt anders! Allerdings nicht hinsichtlich der experimentellen Orientierung dieser Band, die seit einiger Zeit als verschworenes Trio unterwegs ist – neben Standell-Preston musizieren hier noch die Multiinstrumentalisten Austin Tufts und Taylor Smith. Die "Euphoric recall" nicht nur mit eingangs erwähntem Mammutsong eröffnen, sondern die Platte im Prinzip auch mit so einem abschließen. Denn der finale Titeltrack ist nur gemeinsam mit dem davor platzierten Zehnminüter "Retriever" zu betrachten, den er schön ins Nirgendwo entschweben lässt. Dabei beginnt jener noch als entspannter, von flächigen Keyboards getragener Popsong, bei dem das Schlagzeug irgendwann anschwillt und sich dann in der zweiten Hälfte in den Feierabend verabschiedet. Kein Problem, Standall-Preston und die Sounds tragen das Gerüst auch so.
Zwischen diesen mächtigen Buchstützen finden sich aber noch fünf weitere Songs, die allesamt der Erwähnung wert sind. Wobei es keineswegs nur kunstvoll komplex zugeht. Braids können auch einen geradlinigen Elektropop-Hit wie "Evolution" schreiben, hier kommt man vielleicht Standell-Prestons anderem, elektronischeren Projekt Blue Hawaii am nächsten. Auch dem betörend schönklingenden "Millennia" mit seinen verträumten Retro-Synthesizern gelingt direkter Ohrzugang. An anderer Stelle lässt "Apple" die Maschinen auf schwelgende Streicher und ein fast jazziges Schlagzeug prallen. Oder beginnt "Left/Right" mit einem "Oh my goood!"-Schrei und knurpsenden Aphex-Twin-Sounds, um sogleich in eine stille Ballade abzubiegen – und diese dann vor der finalen Erlösung unter Stör-Sounds zu begraben. Selbst das zunächst unscheinbare "Lucky star" hakt sich mit raffinierten Effekten bald im Gedächtnis fest. Endlich mal ein Recall, der Euphorie auslöst.
Highlights
- Supernova
- Evolution
- Millennia
- Retriever
Tracklist
- Supernova
- Apple
- Evolution
- Left/Right
- Millennia
- Lucky star
- Retriever
- Euphoric recall
Gesamtspielzeit: 44:18 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Yndi Postings: 385 Registriert seit 23.01.2017 |
2023-05-05 14:22:57 Uhr
Die Band habe ich 2013-2015 echt viel gehört, dann aber komplett aus den Augen verloren. Das neue Album klingt cool, bleibt aber bisher nicht nachhaltig in Erinnerung. |
VELVET UNDERGROUND Postings: 131 Registriert seit 13.06.2013 |
2023-05-05 13:38:15 Uhr
Gib BRAIDS keine Chance |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28582 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-05-03 20:55:28 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Björk; Kate Bush; Goldfrapp; Blue Hawaii; Max Cooper; Zola Jesus; Austra; Poliça; Purity Ring; Aphex Twin; Autechre; Pantha Du Prince; Fever Ray; The Knife; Robyn; Grimes; Emika; Iamamiwhoami; Jonna Lee; Dead Can Dance; Mila Mar; Jenny Hval; Broken Social Scene; Arcade Fire; Deerhunter; Wild Beasts; Baths
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Braids - Euphoric recall (3 Beiträge / Letzter am 05.05.2023 - 14:22 Uhr)
- Braids (20 Beiträge / Letzter am 08.12.2020 - 18:04 Uhr)