A Certain Ratio - 1982
![A Certain Ratio- 1982](cover/acertra2.jpg)
Mute / PIAS / Rough Trade
VÖ: 31.03.2023
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
![](styles/v2_0/img/deinestimme.png)
Zug drin
41 Jahre gibt es A Certain Ratio nun schon. Seitdem ... aber halt! Hier liegt ein doppelter Fehler vor. Erstens sind Texteinstiege mit "Es ist drölfzig Jahre her, dass ..." und ähnlichem bei Plattentests.de so verpönt, dass sie Pilzrahmsuppenentzug nicht unter zwölf Monaten nach sich ziehen. Zweitens gründeten sich A Certain Ratio bereits 1977 – und 1982 erschienen mit "Sextet" und "I'd like to see you again" die Alben drei und vier. Man darf sich also fragen, aus welchem Grund Jez Kerr, Martin Moscrop und Donald Johnson ihren zwölften Longplayer so benannt haben. Vermutlich aus gar keinem: Genauso, wie niemand weiß, ob man von den Platten der Mancunians nun funky New Wave, jazzigen Post-Punk oder exotischen Elektro-Dance erwarten soll, gilt das auch für die Sinnhaftigkeit ihrer Titel. Oder hatten Sie etwa mit "1982" gerechnet? Na also.
Kerr selbst spricht eher Bescheidenes zum Thema: "In 1982 I fell in love with you." Eine herzerwärmende Erinnerung also – und gleichzeitig eine Referenz an "Sextet", erklärter Liebling des Frontmanns in der Band-Diskografie. Doch "1982" kündet ebenso von zahlreichen weiteren Lieben: zu den Club-Sounds, die A Certain Ratio Anfang der Achtziger in New York entdeckten, zu Samba-Rhythmen und Afrobeats, zu Krautrock im Allgemeinen und Kraftwerk im Besonderen. Letztere kommt besonders im kompakt schmatzenden Titelstück mit kosmischer Synth-Linie und Vocoder als zweiter Stimme sowie bei "A trip in Hulme" zum Tragen, einer knarzig pumpenden Entdeckungsfahrt durchs Industriegebiet um die Ecke. Hyperaktiv wobbeln die Maschinen, unablässig zischelt die "Trans Europa Express"-Motorik. Naheliegendes Wortspiel gefällig? Da ist Zug drin.
Und das nicht zum ersten Mal: Direkt zu Anfang kehren A Certain Ratio mit dem ächzenden Groover "Samo" kurz in den Big Apple zurück und grüßen die Street Art von Jean Michel Basquiat, ehe das nicht weniger zwingende "Waiting on a train" zu spitzen Gitarrenriffs vorbeirattert. Die Rhythmusgruppe heizt vorzüglich, Vokalistin Beth Abdi bringt den Soul mit, Rapper Chunky den HipHop-Swag. Zwar könnte man auch abschätzig Weißbrot-Funk dazu sagen – aber wer solchen vorsintflutlichen Begriffen anhängt, schaut seine ollen VH-1-Dokus wahrscheinlich auch noch auf einem dreibeinigen Fernseher. Und hat zudem Unrecht, denn Johnson eifert mit seinen vielschichtig synkopierten Drums hörbar dem verstorbenen, ebenfalls schwarzen Kollegen Tony Allen nach. Da kann man sich wie im gleichnamigen, aufgeregt klappernden Track ruhig mal ganz "Afro dizzy" fühlen.
Was A Certain Ratio gegönnt sei – ebenso wie die leidlich zusammenimprovisierten Ausflüge in den Jazzkeller, die das Trio bei "Tombo in M3" oder "Tier 3" mit Clavinet, Trompete und Klöppel-Percussion im Anschlag unternimmt. Und schon zu "Constant curve" wackelt der Allerwerteste wieder selbsttätig, wenn Gitarrenlicks und Slap-Bass in die Tanzmuskeln zwicken und sich Kerr und Abdi im Duett gegenseitig aufputschen. 1982 oder 2023? Herzlich egal. Auch im Reißer "Holy smoke", der nicht nur Kuhglocken bimmeln und die Feiermeute johlen lässt, sondern auch die Altvorderen ehrt: "James will make it funky / Chaka makes it right / Prince will keep you dancing 'til the middle of the night." Machen wir – runter von diesem tollen Party-Album koimmt man im abschließenden Seufzer "Ballad of ACR" schließlich früh genug. Wie alt waren die noch gleich?
Highlights
- Waiting on a train
- 1982
- Constant curve
- Holy smoke
Tracklist
- Samo
- Waiting on a train
- 1982
- A trip in Hulme
- Tombo in M3
- Constant curve
- Afro dizzy
- Holy smoke
- Tier 3
- Ballad of ACR
Gesamtspielzeit: 37:40 min.
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