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Bruckner - Zerrissen

Bruckner- Zerrissen

Columbia / Sony
VÖ: 21.04.2023

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Was ist cool?

Junge Menschen sind oft auf der Suche nach dem, was cool ist, Bruckner sind da keine Ausnahme. Auf dem Vorgänger-Album "Hier" aus 2020 war es noch das unabhängige Leben im Bulli, heut hier, morgen dort, Gitarre unterm Arm und nicht zu sehr auf etwas festlegen. Die Corona-Zeit hat dem Karriere-Start der Jungs dann einen ganz schönen Dämpfer verpasst, sodass sie fast drei Jahre Zeit hatten, sich intensiv mit der Weitersuche zu beschäftigen. So sind 18 Songs entstanden, die zum Teil schon im Laufe von 2020 und 2021 als Singles veröffentlicht und nun allesamt auf "Zerrissen" gepackt wurden. Sie schwanken zwischen Party und Depression, zwischen Gefühl und Konsum, und münden so sehr treffend in der namensgebenden Zerrissenheit des Albumtitels.

Ein Großteil der Songs entstand im WG-eigenen Studio der Brüder Jakob und Matti Bruckner in München. Dazu haben sie sich Unterstützung von befreundeten Produzenten (Samuel Dick von Antilopen Gang, Philipp Steinke von Mark Forster etc.) geholt und so ein sauber produziertes Elektropop-Album hingelegt. Gleich der Opener "Zerrissen" perlt sehr entspannt aus den Boxen und bringt jede Qualifikation für das deutschsprachige Formatradio mit. Auch das darauffolgende, inzwischen schon zweieinhalb Jahre alte "Worst Case Band" weiß musikalisch wie textlich mit einer anrührenden WG-Liebesgeschichte zu gefallen. Ob der dabei extrem genutzte Einsatz von Autotune als Stimm-Effekt wirklich zeitgemäß und cool ist (immerhin ist Chers "Believe" schon ein Vierteljahrhundert alt), wird auch in unserem Forum kontrovers diskutiert. Und man fragt sich, ob die leicht nasal-schleifende Aussprache Jakobs, die wohl als Imitation eines im Normalleben nicht vorhandenen fremdsprachigen Akzents als Jugend-Stilmittel gewählt wird, nicht eigentlich verzichtbar wäre. Das sinnfreie Besingen eines Sportschuhs, wie im nachfolgenden und schlichtweg überflüssigen "Mercurial Vapor", weist auf jeden Fall nicht den Weg zur Coolness.

Ein echter Hit ist dann wieder das mit Anaïs als Feature besungene "Ticket für die Nacht", das voll auf Party geht. Wie nah aber manchmal schon die nächste Depression folgt, zeigt "Lost" im Anschluss. In sehr einfühlsamen Worten wird hier der Zustand einer in die Brüche gehenden Beziehung beschrieben und musikalisch passend untermalt. "Wer wir sind" ist wieder auf der Suche nach sich selbst, kommt dabei aber eher unelegant daher und quetscht die Worte unangenehm unrhythmisch in den Chorus. Nach dem gefälligen Disco-Fox "Fallen und fliegen" wartet mit "Nero" der neben "Lost" auffälligste Track des Albums. Hier wurde Alice Mertons "No roots" mit Billie Eilishs "Bad guy" gekreuzt, das ergibt so einen interessanten Mix, bei dem die Frage nach den im Entstehungsprozess genutzten Betäubungsmitteln gestellt werden muss und dem nur noch Humor gutgetan hätte.

Danach verflacht das Album leider deutlich, und mit Ausnahme der annehmbaren "Indigo" und "Fuji" fehlt die bisher erarbeitete Qualität. Man merkt dem Album hier die lange Entstehungszeit an, und es wäre sicher besser gewesen sich auf zehn bis zwölf der 18 Tracks zu beschränken. Die Suche nach der Coolness ist für Bruckner somit noch nicht abgeschlossen, wirft aber, wie an vielen Stellen der ersten Hälfte des Albums demonstriert, immer wieder gute Tracks ab und macht Lust auf ein Weiterverfolgen der Reise Bruckners.

(Malte Schierenberg)

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Highlights

  • Zerrissen
  • Worst Case Band
  • Ticket für die Nacht (feat. Anaïs)
  • Lost
  • Nero

Tracklist

  1. Zerrissen
  2. Worst Case Band
  3. Mercurial Vapor
  4. Ticket für die Nacht (feat. Anaïs)
  5. Lost
  6. Wer wir sind
  7. Fallen und fliegen
  8. Nero
  9. Gib Gib
  10. Daydrinking
  11. Indigo
  12. Das System
  13. Mein großer Bruder
  14. Tochterkomplex
  15. Nicht das Gleiche
  16. Fuji
  17. Follow4ever Intro
  18. Follow4ever

Gesamtspielzeit: 52:15 min.

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Armin

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2023-04-12 20:35:03 Uhr - Newsbeitrag
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