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Depeche Mode - Memento mori

Depeche Mode- Memento mori

Columbia / Sony
VÖ: 24.03.2023

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Trauerfloor

Schon vor den Ereignissen im Jahr 2022 musste Depeche Mode irgendetwas aus dem Trott gebracht haben. Die Pandemie? Das Alter? Seit dem 1993er-Werk "Songs of faith and devotion" brachten die Briten genau alle vier Jahre ein Album heraus, darauf folgte die obligatorische Welttour und anschließend ging es zurück auf Los. Doch nach dem politisch aufstampfenden "Spirit" aus 2017 verging das Jahr 2021 ohne neue Depeche-Mode-Platte. Es kam aber schlimmer: Im Jahr darauf verstarb überraschend Andy Fletcher im Alter von 60 Jahren, der nach der Schrumpfung der Band zum Trio die stille – und oft auch diplomatisch notwendige – Mitte zwischen den nicht immer harmonischen Dave Gahan und Martin Gore geworden war. Fletchers Tod hat die beiden übriggebliebenen Mitglieder nicht nur das Verhältnis zueinander reflektieren lassen, sondern mündete auch direkt in eine kreative Kehrtwende. Auftritt "Memento mori".

Die Vorabsingle "Ghosts again" ist von nicht wenigen Stimmen zur besten Single der Truppe seit [hier beliebiges Jahr oder Album nach 1997 einfügen] emporgelobt worden, und in der Tat ist der Band ein solch griffiger Hit ewig nicht gelungen. Das Keyboard jubiliert wie in den seligen Achtzigern, bevor die Band den Elektro-Blues entdeckte, Gahans und Gores Gesangslinien harmonieren wundervoll und verabschieden nicht zum einzigen Mal ihren Keyboarder: "A place to hide the tears that you cried / Everybody says goodbye." Sterblichkeit und der Umgang damit sind ein großes Thema auf "Memento mori". Im zentralen "Soul with me" übernimmt Gore die Leadvocals und sieht sich gedanklich schon selbst von der Erde entfernt: "I'm heading for the ever after / Leaving my problems / And the world's disasters / I'm heading for the open sky." Passend dazu bricht der Song in der Mitte tatsächlich gen Himmel auf.

Die Parolen von "Spirit" finden sich höchstens noch versteckt im Gore/Gahan-Gemeinschafts-Effort "Wagging tongue", ansonsten fragt niemand, wo denn die Revolution sei. Stattdessen geht es ins Innere. "Don't stare at my soul / I swear it is fine", beteuert Gahan im vor allem klanglich beeindruckenden Opener "My cosmos is mine". Ein theatralischer Zwischenpart später und der Sound füllt den Raum aus, während die Stimme aus allen Ecken zu kommen scheint. Ganz so experimentell ist der Rest der Songs zwar nicht, aber man merkt, wie Depeche Mode sich nach manch allzu starrem Verwaltungswerk wieder berappelt haben. Selbst ein unauffälligerer Song wie "Don't say you love me" weckt mit einer tollen Gesangsleistung und dramatischen Streichern auf. Das Gesummse von "My favourite stranger" ist vor allem auf Kopfhörern ein Genuss und erinnert entfernt an die Noise-Spielereien von "Playing the angel". Und das sind noch die vergleichsweise schwächeren Tracks vor einer makellosen zweiten Hälfte.

"Caroline's monkey" dreht das übliche Schema mal auf links und lässt den atemlosen Gahan nach energischen Strophen in einem Comedown-Refrain verschnaufen. Ebenjener darf sich für seine zwei Beiträge mehr als nur auf die Schulter klopfen. Gahan muss ganz sicher in das Debüt von Fever Ray reingehört haben, anders lassen sich die fast eins zu eins von dort kopierten Synths im tollen "Before we drown" nicht erklären. Wer dem Song eine solche Klimax verpasst, der darf das. Noch grandioser explodiert der Closer "Speak to me", mit dem Gahan quasi das Yang zu Gores Yin vom Opener bildet und ein weiteres Mal auf "Memento mori" ganz, ganz mächtig entschwebt. Da muss letzterer sein eigenes, schmissiges "Always you" schon sehr stark gen Ende in irre Höhen schwindeln, um da mithalten zu können.

Dass zwei Tracks "People are good" und "Never let me go" heißen, ist vermutlich kein Zufall. "Memento mori" blickt durchaus mit einem Auge in die eigene Vergangenheit, ohne jedoch – wie auf dem Tiefpunkt "Delta machine" so häufig geschehen – von sich selbst abzukupfern. Lustigerweise kann man über "People are good" tatsächlich "People are people" drübersingen und schönerweise macht der wendige neue Song sogar mehr Spaß als der etwas überbewertete Klassiker. Ein zweites "Never let me down again" ist der nervöse Fast-Abschluss hingegen nicht, aber das wäre auch zu viel erwartet. "Memento mori" ist ohnehin besser als alles, was man nach den vergangenen Jahren und der Schrumpfung von Depeche Mode zum Duo erträumen konnte. "I will disappoint you / I will let you down", singt Gahan kurz vor Schluss. Das absolute Gegenteil ist der Fall.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • My cosmos is mine
  • Ghosts again
  • Before we drown
  • Speak to me

Tracklist

  1. My cosmos is mine
  2. Wagging tongue
  3. Ghosts again
  4. Don't say you love me
  5. My favourite stranger
  6. Soul with me
  7. Caroline's monkey
  8. Before we drown
  9. People are good
  10. Always you
  11. Never let me go
  12. Speak to me

Gesamtspielzeit: 50:29 min.

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User Beitrag

Volta

Postings: 141

Registriert seit 08.10.2021

2024-02-03 01:06:15 Uhr
Ich höre lieber Marduks „Memento Mori“.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2024-02-02 23:44:24 Uhr
Weil du vermutlich mal Cookies abgelehnt hast.

Konsul

Postings: 789

Registriert seit 06.04.2022

2024-02-02 17:27:10 Uhr
Maleine Frage, warum sieht man die Links unter mobile Safari nicht?

Christopher

Plattentests.de-Mitarbeiter

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Registriert seit 12.12.2013

2024-02-01 21:32:13 Uhr
Bester Song des Albums!

Old Nobody

User und News-Scout

Postings: 3656

Registriert seit 14.03.2017

2024-01-29 21:01:48 Uhr - Newsbeitrag
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