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The Tubs - Dead meat

The Tubs- Dead meat

Trouble In Mind / Cargo
VÖ: 27.01.2023

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Nichts wissen ist Macht

Und was habt Ihr im Lockdown Schönes gemacht? Ach so, zu Hause rumgehangen. Bot sich an. Naheliegend, aber langweilig. Schon spannender: die Corona-Isolation in einer leerstehenden Nervenklinik fristen, wo die Wände mit unflätigen Graffiti über die dort einst tätigen Ärzte übersät sind. So erging es zumindest Owen Williams, Frontmann der vier in London ansässigen Waliser The Tubs. Hört man "Dead meat", würde es allerdings genauso plausibel erscheinen, hätte er die schal umwölkte Zeit in einer Kiste voller Jangle-Pop-Platten verbracht – zumal das Line-Up von The Tubs weitgehend deckungsgleich mit dem des inzwischen aufgelösten, lärmigen Schreng-Schreng-Quintetts Joanna Gruesome ist. Der Harfentrulla gefällt das. Nicht. Und ins Bild passt der Aufenthalt im ehemaligen Krankenhaus allemal, wenn man sich die häufig bedenklichen Zustände auf diesem Debüt vor Ohren führt. Sexuelle Zwangsvorstellungen, hässlicher Hautausschlag, Chaos im Wohnklo – und trotzdem kann nicht alles daran schlecht sein.

Nicht, wenn solche Wirrungen in einen wunderbaren Opener wie "Illusion pt. II" münden, der mitnichten ein bloßer Aufguss des ersten Teils von der 2021er-EP "Names" ist. Dabei lassen Williams und George Nicholls ihre Gitarren ausgelassen menscheln und gegeneinanderlaufen, als würden Tom Verlaine (R.I.P.) und Richard Lloyd von Television in Rekordzeit ihr einstiges New Yorker Loft entrümpeln, während das Stück verhuscht mit widerstrebenden Gefühlen hadert. "I can't believe I'm in love with you again" klingt eher nach "Geht denn das schon wieder los?", ein banges "Have I finally lost the plot?" folgt auf dem Fuße – nur der Anfang eines kurzen Albums über die Liebe und darüber, warum man lieber einen Bogen um sie machen sollte. Williams wankt neben sich her, verpeilt hier etwas, stellt sich dort doof an – in der Hoffnung, irgendwann doch für ein patentes Kerlchen gehalten zu werden. Und da The Tubs souverän am ramponierten Herzen von quengeligem Indie-Rock und Power-Pop operieren, stehen seine Chancen gar nicht so schlecht.

Zu unwiderstehlich versteift sich das quietschige Lick von "Sniveller" zu groovigem Punch auf die irgendwie tröstliche Idee, Probleme nicht zu lösen, sondern zu genießen und kommt bei einem schief grinsenden Wonneproppen mit zweistimmigem Gesang raus. Bei "I don't know how it works" hingegen flöten die Keyboards in wenig mehr als zwei knackigen Minuten ähnlich vorwitzig wie in den mitgrölfähigsten Hits von Hot Hot Heat – nichts wissen kann also auch Macht sein. Damit das Ganze keine gar zu positive Schlagseite bekommt, heißt es im ruppigen Rocker "Round the bend" vorsichtshalber "I'm losing my mind again / Here I go / Another manic episode", und auch die "Wretched lie" zum Schluss macht Williams hörbar zu schaffen. Zum Glück nicht, ohne ein prächtig erblühendes Johnny-Marr-Gedächtnisriff nebst verspielter elektronischer Einsprengsel und kleinem Elvis-Zitat dazulassen. Und vielleicht wäre mit "Dead meat" sogar ein neuerlicher Lockdown zu verknusen. Vor allem, wenn er nicht einmal eine halbe Stunde dauert.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Illusion pt. II
  • Sniveller
  • Wretched lie

Tracklist

  1. Illusion pt. II
  2. Two person love
  3. I don't know how it works
  4. Dead meat
  5. Sniveller
  6. Duped
  7. That's fine
  8. Round the bend
  9. Wretched lie

Gesamtspielzeit: 26:02 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

The Libertine

Postings: 251

Registriert seit 29.08.2022

2023-02-14 12:48:37 Uhr
Finde das Album toll, so toll, dass ich stark bezweifle, dass es diese Jahr eine bessere Jangle-Pop-Rock Platte geben wird.
Tolles Songwritng, viele Hits, wunderbare Gitarrenmomente (die aber nie in Muckertum abdriften). Bei den Referenzen höre ich weniger R.E.M als vielmehr die späteren Hüsker Du und Real Estate (wenn sie eine Punkband wären).
Klar, kurze Sache, die Platte, aber kein Ausfall! Groß!

8/10

Immermusik

Postings: 1152

Registriert seit 04.11.2021

2023-02-13 20:17:16 Uhr
Bin begeistert. Genau mein Ding. Gibt auch irgendwie personelle Überschneidung mit Ex-Vöid, die ja auch in den Referenzen auftauchen. Für Freunde des REM Jangle Pops empfehle ich an dieser Stelle noch The Wends aus Italien. Album heißt It‘s here where you fall.
Anspieltipp: what a heart is for

Der Wanderjunge Fridolin

Postings: 4691

Registriert seit 15.06.2013

2023-02-13 14:15:10 Uhr
Klasse Ding!

saihttam

Postings: 2582

Registriert seit 15.06.2013

2023-02-09 16:58:29 Uhr
Jo, macht Spaß, gerade bei Sonnenschein!

Zwen

Postings: 46

Registriert seit 29.11.2019

2023-02-09 09:16:03 Uhr
Überraschend geiles Album. Beim ersten Durchgang dachte ich noch: Ja ganz nett, R.E.M. sind mit Johnny Marr ins Studio gegangen und haben sich Bob Mould ausgeliehen - aber wo sind die Hits? Nach mehrmaligem Hören ist die erste Hälfte des Satzes nicht weniger wahr, aber für mich haben sich hier echte kleine Perlen herausgeschält - der Opener oder I don't know how it works. Wirklich tolles (zu)kurzes aber sehr kurzweiliges Album einer Band, die ich bis dahin nicht kannte. (Nur die Vorgänger - Joanna Gruesome). Hat mich echt begeistert und das Vinyl wurde sofort geordert.
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