Samia - Honey

Grand Jury / Fatpossum / Membran
VÖ: 27.01.2023
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Die Doppelsängerin
"Es gibt nur ein' Rudi Völler", skandieren Fußballfans gerne auch in Abwesenheit des engelslockigen Fußballweltmeisters. Soweit, so richtig, mag man denken, aber stellen wir uns mal vor, da käme einer daher und der würde lange Locken haben und für Deutschland spielen und er würde dribbeln wie Völler und schießen wie Völler, nur wäre er eben nicht Völler. Er könnte absolut nichts dafür, aber die reine Existenz von Rudi Völler wäre sein Verhängnis. Wenn nun Samia Najimy Finnerty mit ihrem zweiten Album "Honey" ins Stadion einlaufen würde, dann könnten Indie-Fans dabei ironisch skandieren: "Es gibt nur eine Phoebe Bridgers!" Und auch Samia kann absolut nichts für Bridgers' Existenz, die ihr trotzdem zum Verhängnis wird.
Es ist zwar eine schlechte Angewohnheit von Musikjournalist*innen, krampfhaft Referenzen finden zu wollen, 2023 kann man aber allgemein kaum über Indie-Pop sprechen, ohne dass Frau Bridgers sich in die Diskussion schleicht. Schon die leise Zerreißprobe "Kill her freak out", die das Album eröffnet und gänzlich auf Drums verzichtet, erzählt sehr intim von Frust: "I've never been this bad / Can I tell you something? / I've never felt so unworthy of loving." In Kombination mit dem Gitarrenstück "Charm you" schaut man direkt noch einmal in die Credits. Hat Bridgers hier nicht doch irgendwo ihre Finger im Spiel? Schließlich klingt es, als ob sie höchstpersönlich dort singt: "I could fetishize you for the whole damn day / Flying while I'm lying that I hate LA."
Doch es gibt eben Unterschiede bei dem in Sylvan Essos Studio in North Carolina aufgenommenen "Honey". "Mad at me" stampft furchtlos in zuckersüßen Pop-Pop rein und gibt mit klebrigen Schuhen einen Teil der Identität an der Garderobe ab. Das elektronische "Nanana" fühlt sich ein bisschen zu sehr nach Heiligabend an, auch wenn es wohl ungefähr so viel Weihnachtssong ist wie "Stirb langsam" ein Weihnachtsfilm. Und den schwächsten Moment der Platte bildet die nette Geste "Amelia", die eine Bewunderungserklärung an Samias Freundin Amelia Meath ist, aber nach generischem Pop aus den 2010er-Jahren klingt und sich gerade noch so beherrschen kann, nicht nach den Steel Drums zu greifen.
Dabei hat die US-Amerikanerin gewichtige Dinge zu erzählen. Im "Breathing song" wiederholt sie im Refrain per Autotune entfremdet immer wieder "No, no, no" als Antwort auf verschiedene Fragen. Erst am Ende stellt sich heraus, dass sie Opfer sexueller Gewalt geworden ist und das ständige Nein sich auf diese traumatische Erfahrung bezieht. Der Song mündet in einem langen Schrei, der sich verfremdet ins Ohr brennt und dann hilflos in der Stille erlischt. Der anschließende Titelsong gibt auf den ersten Blick das Sommertags-Kontrastprogramm und holt am Ende noch etwas Gesangsverstärkung dazu. Erst im Kontext erkennt man, dass die vermeintliche Positivität von einem konstanten Alkoholpegel getragen wird, um alles erträglicher zu machen. Zu guter Letzt überrascht Samia im "Dream song" erneut. Da kündigt sich ein dramatischer Aufbau zu etwas an, das man 2023 wohl den großen Phoebe-Bridgers-Moment nennen könnte. Und dann? Ein ganz leises und monotones Ausfaden – touché.
Highlights
- Charm you
- Breathing song
- Dream song
Tracklist
- Kill her freak out
- Charm you
- Pink balloon
- Mad at me
- Sea lions
- To me it was
- Breathing song
- Honey
- Nanana
- Amelia
- Dream song
Gesamtspielzeit: 40:06 min.
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24182 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-02-08 20:47:45 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Yndi Postings: 236 Registriert seit 23.01.2017 |
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Und gefällt größtenteils. Gerade Sea Lions. Solide 7 sag ich mal. |
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Album seit Freitag draußen. |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24182 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-11-02 18:18:51 Uhr - Newsbeitrag
SAMIA Musikvideo zur neuen Single "Mad At Me" Album "Honey" am 27.01.23 auf Grand Jury Music / Fat Possum Seit ihrem laut Pitchfork "exzellentem 2020er Debüt-Album“ wird die aus Nashville und NYC stammende Songwriterin SAMIA von der US-Presse in höchsten Tönen gelobt, die Streaming Zahlen kletterten immens, sie tourte mit Lucy Dacus und wird Maggie Rogers auf den kommenden UK-Shows begleiten. Nun präsentiert SAMIA mit "Mad At Me“ ihre neue Single via Gran Jury/Fat Possum. Den eingängigen Indie-Pop-Song schrieb sie zusammen mit Rostam Batmanglij (Vampire Weekend Gründungsmitglied, Produzent für Haim, Santigold etc), bei der Produktion half Caleb Wright (u.a. Hippo Campus) und als musikalischer Gast ist Papa Mbye zu hören. "Mad At Me“ trägt Samias Markenzeichen - Mut durch paradoxe Darstellung von Verletzlichkeit - und hat eine unverschämte eingängige Bubblegum-Melodie. Die 25 Jahre junge Musikerin kommentiert : "Der Text für 'Mad At Me' stammt aus einem Gedicht, das ich darüber geschrieben hatte, wie es wäre, sich nicht mehr darum zu kümmern, was andere denken. Ich habe eine Position verkörpert, die ich noch nicht erlebt habe - und das ist im wahrsten Sinne des Wortes jedes Vertrauen in meine Sichtweise. In dem dazugehörigen Musikvideo haben wir versucht, diesen Charakter zu verkörpern - eine Gruppe von Mädchen, die trotz allem eine gute Zeit haben. Das ist eine große Lüge", gibt sie zu und fährt fort: "Ich habe es mit Rostam Batmanglij an dem Tag geschrieben, an dem wir uns kennengelernt haben. Es ist so eine Ehre, Papa Mbye dabei zu haben!" SAMIA - "Mad At Me“ Musikvideo Für den 27.01.23 ist das 2. Studioalbum „Honey“ auf Grand Jury Music/Fat Possum geplant, mit „Kill Her Freak Out“ erschien kürzlich eine erste Songprobe, in dem sehenswerten Musikvideo spielt der für den Oscar+Golden Globe nominierte Schauspieler Lucas Hedges mit. Eine Zeile auf Honey, dem kommenden Album der aus Nashville und NYC stammenden Songwriterin Samia, handelt von Aspen Grove, einer Ansammlung von 40.000 Bäumen in den Ebenen Nordamerikas, die alle durch ein einziges ausgedehntes Wurzelsystem verbunden sind. Es gibt keine stärkere Metapher für das Publikum, das die 25-jährige Empathie-Maschine erzeugt hat, seit sie vor sieben Jahren begann, Musik zu veröffentlichen. Ihre Songs, ihre Fans, ihre Freunde: ein riesiges, zusammenhängendes Ökosystem. „Honey" wurde im Studio Betty's in North Carolina aufgenommen, das den Sylvan Esso-Mitgliedern Nick Sandborn und Amelia Meath gehört, die häufig mit Samia auf Tournee sind. Produziert wurde es von Caleb Wrigh, der zu dem Team gehört, das auch The Baby, Samias "exzellentes 2020er Debüt" (Pitchfork), produziert hat und ein Gründungsmitglied einer von Samias Lieblingsbands, The Happy Children, ist. Auf dem Album sind einige ihrer engsten und liebsten Freunde zu hören: Christian Lee Hutson, Briston Maroney, Jake Luppen, Raffaella. Die Songs wurden heimlich auf der Straße für ihre Anhänger getestet, während sie für Lucy Dacus, Courtney Barnett und andere eröffneten. Samia sagt Folgendes über Honey: "Diese Platte handelt davon, zu lernen, die Liebe um dich herum zu sehen. Manchmal ist das Einzige, dessen ich mir sicher sein kann, die Art und Weise, wie es sich anfühlt. Selbst wenn ich ganz weit hinauszoome, sind die kleinen Dinge am wichtigsten. Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie ich auf das Ende des Lebens zurückblicke und was ich in diesem Moment dazu sagen würde. Dies ist ein kleiner Teil davon. Ich erzähle Geschichten, mache Wiedergutmachung und versuche, den Menschen zu zeigen, dass ich sie liebe. Es ist ein Gemeinschaftsalbum - ich habe es mit Caleb Wright und unseren Freunden in den Wäldern von North Carolina aufgenommen." Die limitierte Auflage des Vinyls, die im Fachhandel erhältlich ist, enthält eine exklusive Flexidisc mit Samias Cover von "Maps" von The Yeah Yeah Yeah, während die Deluxe-Edition, die über ihren Webstore oder Bandcamp erhältlich ist, eine exklusive Flexidisc mit Samias Cover von "Country" von Porches enthält. |
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Referenzen
Phoebe Bridgers; Lucy Dacus; Annie DiRusso; Boygenius; Snail Mail; Fenne Lily; Courtney Barnett; Clairo; Julien Baker; Field Medic; Haley Blais; Maggie Rogers; Big Thief; Florist; Stevie Nicks; Illuminati Hotties; Liz Phair; Carly Rae Jepsen; Skullcrusher; Billie Marten; Indigo De Souza; Lucy Rose; Father John Misty; Tomberlin; Soccer Mommy; Charlie Hickey; Claud; Julia Jacklin; Faye Webster
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