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dEUS - How to replace it

dEUS- How to replace it

PIAS / Rough Trade
VÖ: 17.02.2023

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Put the freaks in the back

Fünf Fußball-Großturniere, zwei Regierungswechsel und gut 9600 Plattentests.de-Rezensionen: So lange ist es her, dass dEUS ihr letztes Album veröffentlichten. Es scheint fast so, als würden für die belgischen Indie-Helden nur noch Extreme in Frage kommen, hauen sie neues Material entweder völlig aus dem Nichts wie 2012 "Following sea" heraus oder machen sie gleich zehn Jahre Pause. Doch "How to replace it" fühlt sich nicht wie ein Comeback an. Zu präsent war die Band in der langen Zwischenzeit mit dem Release einer Best-Of-Sammlung, diversen Nebenprojekten Tom Barmans und ausgiebigen Touren wie etwa zum 20. Jubiläum ihres Referenzwerks "The ideal crash". Diese achte Studio-Platte klingt auch keineswegs so, als hätten Barman und Co. eine Dekade lang daran herumgetüftelt, um die alternative Musikwelt nach Jahren der Routine noch einmal so richtig aus den Ringelsocken zu hauen – mit allen positiven und leicht enttäuschenden Aspekten, die dazugehören.

Und doch bringt das eröffnende Titelstück zunächst die Erde zum Beben. Pauken schmieden einen dickbauchigen Groove-Kessel, Barman sprechsingt und flüstert sich zwischen zischenden Gitarren, Pianos und Orchester-Schwaden hindurch, bevor die Trompete das Kommando übernimmt und alles zum Überkochen bringt. Darauf folgt ein abrupter Stimmungswechsel, als wäre über dem Berg, in dessen Schatten gerade noch die verbotenen Ritualtänze stattfanden, jäh die Sonne aufgegangen. "Must have been new" mag apokalyptische Sprachbilder malen, lässt die eben noch verschlagenen Saiten und Tasten jedoch lebensfroh nach vorne preschen und einen Rampenlicht-geilen Gospel-Rocker befeuern. Zwei Songs, zwei falsche Fährten: Weder ist der Großteil von "How to replace it" so ambitioniert und opulent-dynamisch wie sein Opener, noch so lichtdurchflutet und offensiv wie die erste Single.

Stattdessen baden dEUS in der für sie typischen rhythmusorientierten Melancholie und zimmern sich damit einen die grauen Wolkendecken regelrecht aufsaugenden Autopiloten ihres Sounds seit der Jahrtausendwende zusammen. "Pirates" mit seiner schlingernden Violine und der dezent atonale, mit Samples behangene Quasi-HipHop von "Simple pleasures" deuten Ausscherungen im Geiste der Neunziger-Alben an, fügen sich aber letztlich reibungslos in den Gleichklang. Das ist keinesfalls schlecht, gerade instrumental zuweilen richtig gut, wenn etwa die Gitarren in "Man of the house" wie Riesenwellen an die Klippen krachen. Doch in den mittleren zwei Vierteln der Platte wird man aufgrund der etwas platten Kompositionen und der relativen Überraschungsarmut das Gefühl nicht los, einem Programm betreuter Langeweile zu lauschen. Der Fünfer wird diejenigen nicht verschrecken, die ihm bis hierhin die Stange gehalten haben, aber wohl genauso wenig erloschene Flammen wieder neuentfachen.

Man sollte dEUS dennoch keinen Strick daraus drehen, wie zig andere Bands in ihrer Komfortzone zu bleiben – wenn sich Barman in "1989" wie ein Leonard Cohen im Hawaiihemd nach der "time that I can't leave behind" sehnt, während halbherziger Yacht-Rock um ihn herum düdelt, scheint außerhalb davon die Inspiration auch nicht immer wie Milch und Honig zu fließen. Dafür will es die Platte im Schlussdrittel noch einmal wissen. Der Sitar-unterstützte Art-Funk von "Why think it over (Cadillac)" wirbelt sich in einen hypnotischen Strudel und spuckt die zurückhaltend-schöne Klavierballade "Love breaks down" aus, die wiederum "Le blues polaire" die Bühne bereitet: dem französischsprachigen Closer, der mit Frauengesang, Noise-Sägen und großen Melodiebögen ein elektrisch-akustisches Spektakel auffährt. Ob mit neun Monaten oder zehn Jahren Veröffentlichungspause, dEUS bleiben im Grundrauschen der Indie-Welt so beständig wie der Gezeitenwechsel – und können uns mit vereinzelten Flutattacken noch immer von den Füßen reißen.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • How to replace it
  • Why think it over (Cadillac)
  • Le blues polaire

Tracklist

  1. How to replace it
  2. Must have been new
  3. Man of the house
  4. 1989
  5. Faux bamboo
  6. Dream is a giver
  7. Pirates
  8. Simple pleasures
  9. Never get you high
  10. Why think it over (Cadillac)
  11. Love breaks down
  12. Le blues polaire

Gesamtspielzeit: 56:00 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Robert G. Blume

Postings: 860

Registriert seit 07.06.2015

2023-03-24 12:20:24 Uhr
Ich war in Berlin und bin sehr deprimiert rausgegangen. Die Abmischung war unausgewogen (untypisch fürs Huxleys). Die neuen Songs sind schnarchlangweilig (und ich hab das Album immer noch nicht durchgehört). Auch die Band wirkte auf mich eher lustlos. Auch bei Roses und Worst Case Scenario kam bei mir nichts von dem auf, was ich mal für diese Band empfunden habe. Es war mein neuntes dEUS-Konzert seit 1995 und für mich ganz klar das schwächste.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 29386

Registriert seit 07.06.2013

2023-03-22 14:44:00 Uhr
Album bei mir auch weiterhin sehr stabil. 7,7/10

embele

Postings: 529

Registriert seit 14.06.2013

2023-03-22 07:13:55 Uhr
Wir sind mit ein paar Leuten am Sonntag in Köln. Ich habe auch noch Karten von Utrecht von letztem Jahr ( Konzert ist verschoben worden)... ik freu mir wie Bolle...Album ist aus meiner Sicht großartig ;)

Talibunny

Postings: 1422

Registriert seit 14.01.2020

2023-03-22 06:17:52 Uhr
Hatte überlegt, mir sie in Köln anzuschauen. Aber das neue Album macht die Hälfte der Setlist aus und das ist mir bisher noch nicht gut genug gewachsen.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 29386

Registriert seit 07.06.2013

2023-03-22 00:23:35 Uhr
War jemand bei einem Konzert? Eine Freundin war gestern in Berlin und sie meinte es war das beste ihrer 6 dEUS-KOnzerte. Ich wolte eignetlich mit hin, aber leider nicht da.
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