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Nicole Dollanganger - Married in Mount Airy

Nicole Dollanganger- Married in Mount Airy

Self-released
VÖ: 06.01.2023

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Vergilbte Momente

Der Mensch rast dem Verfall entgegen, im Großen wie im Kleinen. Momente der Schönheit vergehen im Augenblick. Früher oder später sitzt man dann vor einem Fotoalbum und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist. Nicole Dollanganger ist von diesem Moment noch weit entfernt, ihre Musik beschwört jedoch Bilder vom nahenden Ende herauf. Düster und zerbrechlich sind ihre Songs, wobei in deren Mittelpunkt stets ihre hohe, mädchenhafte Stimme steht. Dollangangers neues Album "Married in Mount Airy" ist darüber hinaus ein Gesamtkunstwerk. Dies beginnt schon beim Cover-Artwork, auf welchem die Kanadierin als Gothic-Braut posiert. Das Konzept der unglücklichen Liebe zieht sich durch das gesamte Album, die Betonung liegt hier ganz klar auf dem "unglücklich". Wer also schon immer einmal wissen wollte, wie sich eine Hochzeit auf dem Friedhof anfühlt, sollte weiterlesen.

Dollanganger ist eine Meisterin des Spärlichen. Oft erklingen neben ihrer Stimme nur zärtlich gezupfte Saiteninstrumente, während ebenso behutsam eingesetzte Synthesizer-Elemente die Musik in ein tiefes Blau tünchen. Lautere Momente werden ganz bewusst gesetzt. Wenn etwa in "Dogwood" urplötzlich schwere Gitarrenakkorde herniederfahren, macht sich Gänsehaut breit. Wie bereits erwähnt thront über alldem Dollangangers Organ, das Assoziationen zu Kate Bush oder sogar Grimes heraufbeschwört. Ob man mit der Musik der Songwriterin etwas anfangen kann, hängt primär von der Toleranzbereitschaft gegenüber Elfengesang ab. Hilfreich ist, dass die Gesangsmelodien durchgehend wunderschön sind.

Welch großartige Arrangeurin Dollanganger ist, zeigt der Titelsong. Hier überlagert sich ihre Stimme mit einer Violine, während der Rest der Instrumente im Ungefähren dahinschlingert. Der Star der Show ist dabei eine leicht verstimmte Gitarre, die mittels Arpeggio eine herrlich schräge Grundstimmung schafft. Nach einigen Minuten des Spannungsaufbaus steigt schließlich das Schlagzeug ein und der Himmel weint Eispickel. Nicht jeder der zwölf Songs entwickelt eine derartige Sogwirkung, so ziehen "Moonlite" und "My darling true" vorbei, ohne großen Eindruck zu hinterlassen. Im Fluss des Albums ergeben sie aber absolut Sinn. Überhaupt ist "Married in Mount Airy" ein ungemein homogenes Werk, sowohl in Sachen Sound als auch hinsichtlich der Atmosphäre.

Textlich changiert Dollanganger zwischen finster und zappenduster, was Verse wie "I can smell the blood purged from raw steak / By the barbecue on a summer day" veranschaulichen. Wohin die Reise geht, wird spätestens im dröhnenden "Summit song" klar. Wenn dann die ersten Akkorde von "Whispering glades" erklingen, fügt sich das Mosaik zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen. Dollangangers Musik mag unscheinbar wirken, sie besitzt jedoch große emotionale Tiefe. Es geht tatsächlich um Vergänglichkeit, um vergilbte Momente. Und natürlich geht es um die Liebe, jenes mythische Gefühl, das Menschen seit jeher davon abhält, die Hoffnung zu verlieren. Selbst wenn die Hochzeit auf dem Friedhof stattfindet.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Married in Mount Airy
  • Dogwood
  • Summit song
  • Whispering glades

Tracklist

  1. Married in Mount Airy
  2. Gold satin dreamer
  3. Dogwood
  4. Runnin' free
  5. Bad man
  6. My darling true
  7. Moonlite
  8. Sometime after midnight
  9. Nymphs finding the head of Orpheus
  10. Summit song
  11. Whispering glades
  12. I'll wait for you to call

Gesamtspielzeit: 43:45 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Martinus

Postings: 519

Registriert seit 13.01.2014

2023-02-10 21:17:47 Uhr
Neben der Complete Mountain Almanac zur Zeit mein Lieblingsalbum. Bin absolut in der Stimmung für diese Art Musik!
Echt toll!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2023-01-31 20:34:02 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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