The Go! Team - Get up sequences part two
Memphis Industries / Indigo
VÖ: 03.02.2023
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Müssen alle mit
Wäre Anachronismus eine Band, hätten The Go! Team mit die besten Karten auf den Posten. Anders als bei ihren soundästhetisch angestaubten Kollegen aus der Nuller-Indie-Disco ist es beim britischen Kollektiv vor allem das Lebensgefühl, das mit dem aktuellen Zeitgeist nicht so recht zusammenpasst. Nach diversen globalen Krisen, dem Brexit und der Morbus-Menière-Erkrankung von Band-Chef Ian Parton, samt temporärem Gehörverlust auf einem Ohr, hätte sich das Septett ohne zu irritieren in die allgemeine Weltuntergangsstimmung einfügen können. Stattdessen zelebrieren The Go! Team auch 20 Jahre nach Bandgründung noch immer ihren stilistisch ungebundenen Flummi-Pop, zwar geordneter und weniger explosiv als früher, aber mit dem gleichen unbeschwerten Dauergrinsen im Gesicht. "Get up sequences part two" hat kein schiefes Schulorchester auf der Gästeliste stehen, dafür aber eine Kontinente umspannende Sammelmappe von Künstlerinnen, die der knallbunten Straßenfete ihre Stimmen und Rhythmen schenken.
So kommt das Arsenal mehrstimmiger Vocal-Hooks im eröffnenden "Look away, look away" von der westafrikanischen Star Feminine Band, während um sie herum Drums scheppern, Gitarren funken und Synths zur nächstgelegenen Galaxie aufbrechen wollen – ehe ein spaciger Instrumental-Part dieses Ziel tatsächlich erreicht. "Divebomb" greift das Momentum mit härteren Sirenen-Riffs, Spielzeug-Piano und den bandtypischen Fanfaren auf, ohne dabei über die Streckenmarkierungen zu fahren. Geschenkt, dass The Go! Team ihre Hyperaktivität über die Jahre ein wenig zurückgeschraubt haben, man wird ja schließlich selbst auch älter. Und solange sie weiterhin mindestens einen so wahnsinnig mitreißenden Hit wie "Whammy-O" an Bord haben, ein von der New Yorker Rapperin Nitty Scott und aufmüpfigen Flöten angeheiztes Stück Oldschool-Soul-Hop, ist sowieso alles in unter der Brooklyn-Sonne geschmolzener Butter.
So wörtlich nimmt dieser zweite Teil der "Get up sequences" seinen Titel nicht immer, bleibt zwar stets Groove-orientiert, verordnet seine Bewegungstherapie aber zuweilen auch in gemäßigterem Ton. Der "Train song" fährt mit Slide-Gitarren und feierlichem Bläser-Rausschmiss gar als Country-naher Fernweh-Schmachter aus dem Bahnhof. Nicht nur hier zeigen The Go! Team die Flexibilität ihrer Formel: "Getting to know (all the ways we're wrong for each other)" versteckt seine kodierte Nationalismus-Abrechnung unter einer herrlich kindlichen Motown-Choreo und gibt den Staffelstab direkt an "Stay and ask me in a different way" weiter, das aus seinem indie-rockigerem Fundament eine eigene Definition von Twee-Pop kloppt. Der Abwechslungsreichtum der Platte hält sich insgesamt dennoch in Grenzen und man hätte sich einen ausgeprägteren Einfluss der etwa aus Benin, Indien oder Japan stammenden Gäste gewünscht.
In der zweiten Hälfte sackt leider auch die Qualität etwas ab. So richtig Laune macht da eigentlich nur "Gemini", wenn Frontfrau Ninja auf den automatisch Karibik assoziierenden Steel Drums hüpft, als wäre seit "Proof of youth" keine Sekunde vergangen. Daneben stehen lauwarme Tracks wie "But we keep on trying", ein dezent nerviger Computerabsturz namens "Going nowhere" oder der Closer "Baby", der trotz schöner Melodie seine fast sechsminütige Laufzeit nicht zu rechtfertigen weiß. Haben sich The Go! Team auf Albumlänge so ein bisschen auserzählt? Möglich, ändert jedoch nichts daran, dass die Indie-Welt ohne diesen konstant positiven, inklusiven Sesamstraßen-Zirkus ein deutlich tristerer Ort wäre. Solange Parton und Co. auch in dunkelsten Zeiten ihre dauerzappligen Leuchtfeuer entzünden, können, sollen, müssen sie ewig so weitermachen.
Highlights
- Look away, look away
- Stay and ask me in a different way
- Whammy-O
Tracklist
- Look away, look away
- Divebomb
- Getting to know (all the ways we're wrong for each other)
- Stay and ask me in a different way
- The me frequency
- Whammy-O
- But we keep on trying
- Sock it to me
- Going nowhere
- Gemini
- Train song
- Baby
Gesamtspielzeit: 42:44 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Gordon Fraser Postings: 2537 Registriert seit 14.06.2013 |
2023-01-24 01:36:47 Uhr
"Gemini" mag ich sehr, und ein bis zwei solcher Knaller waren eigentlich noch immer auf jedem Album von denen. Freue mich drauf. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 26212 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-01-23 21:02:16 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
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