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Fluppe - Boutique

Fluppe- Boutique

Chateau Lala / Broken Silence
VÖ: 27.01.2023

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Frisch rausgeputzt

Es war ein langer und durchaus hartnäckiger Atem, der im Herbst 2021 aus den grauen Hamburger Häuserschluchten durch die Plattenspieler und Spotify-Playlists des Landes wehte: Inmitten einer zusehends durchgestylten deutschen Indie-Szene lieferten Fluppe mit ihrem Debüt "Blüte" einen angenehmen Kontrastpunkt. Kein Schnickschnack, keine großen Gesten. Es rumpelte, es knarzte, es war immer ein bisschen schief – aber unter der schroffen Oberfläche eben auch schön. Feine Melodien, griffige Songstrukturen, einprägsame lyrische Momente. Nicht ohne Grund nahm der Rückenwind um den Vierer seitdem eher zu als ab – eine ausgedehnte Tour, zahlreiche Support-Gigs und subtile Dauerpräsenz auf den einschlägigen Kanälen. Zwar kein riesiger Hype, aber auch längst kein nischiger Geheimtipp irgendwo zwischen Turbostaat und Tocotronic mehr. Nur etwas mehr als ein Jahr später reitet also das Zweitwerk die kleine Erfolgswelle weiter – wäre ja auch unklug gewesen, den Schwung nicht mitzunehmen. Statt grauer Einöde und menschlicher Abgründe gibt sich "Boutique" schon auf den ersten Blick etwas weniger zerzaust, etwas cleaner, etwas gediegener eben. Wie sieht's hinter dem edlen Vorhang im Hause Fluppe aus?

Wer nun schon Schnappatmung ob eines vermeintlich allzu dramatischen Stilbruchs bekommt, kann beruhigt sein: Auch auf "Boutique" scheinen die Eigenheiten und Stärken des Fluppe-Klangkosmos zur Genüge durch – und wissen neue Ansätze vielerorts gekonnt umzusetzen. Beispielsweise im wunderbaren "Kleinschmidt", das feinsinnige Synth-Einsätze hinter der perlenden Leadgitarre versteckt und im hymnischen Refrain dann alle Mauern einreißt. "Im Grunde gibt es viel mehr auch gar nicht zu erzählen" resümiert Sänger Joe Endicott zum Schluss. Und fasst damit den Song perfekt zusammen: nicht zu viel, nicht zu wenig. Passt einfach. Auch das verquere und reichlich schräge "Monster" ist in liebgewonnener Manier durch die nächtlichen Straßen der Hansestadt unterwegs und baut sich zu paranoiden Endzeit-Lyrics immer weiter auf. "Aus den Gullis krabbeln die Monster / Krabbeln hinauf zu mir nach Haus." Für den Konzert- und Festivalsommer schmeißt sich derweil "Martin" als Mitgröhl-Hymne ins Rennen. "Martin / Du alte Sau! / Martin / Halts Maul!" kotzt Endicott durch den äußerst eingängigen Refrain. Ein Selbstläufer, möchte man meinen.

Und dennoch müssen sich Fluppe den behutsamen Vorwurf gefallen lassen, dem "Boutique"-Sortiment nicht genug Zeit, nicht genug Raum gegeben zu haben. Nicht, dass sich hier schwache Songs zuhauf tummeln – vielmehr wirken einige von ihnen nicht ganz zu Ende gedacht, lassen das letzte Quäntchen Raffinesse vermissen, das "Blüte" als Gesamtwerk ausmachte. Wie etwa auf dem etwas zu zahnlosen Opener "Crystal", der Textpassagen wie "Du bist wie Zuckerwatte / Verwickelst mich in deine Sachen" mit zu wenig Charme und Finesse füttert. Das unmittelbar anschließende "Paris" gibt sich in seinem stockend vorgetragenen Refrain bewusst verbohrt, stellt sich damit letztendlich aber selbst ein Bein – gut gedacht, nicht unbedingt gut gemacht. Im letzten Albumdrittel geht "Boutique" zudem spürbar die Puste aus. Lediglich das hübsche "Blüte" weiß kurz vor Ende noch einen merklichen Akzent zu setzen: "Es wäre sicherlich nicht verkehrt, wenn Du noch einmal Glück erfährst." Fluppe bleiben eine äußerst sympathische Erscheinung im deutschsprachigen Indie-Kosmos und werden auch mit "Boutique" wieder viele Liebhaber finden – nur, dass dieses Mal vielleicht hier und da ein "Schnellschuss!"-Ruf aus der Ferne erschallt.

(Hendrik Müller)

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Highlights

  • Kleinschmidt
  • Monster
  • Martin

Tracklist

  1. Crystal (feat. Anna Wydra)
  2. Paris
  3. Kleinschmidt
  4. Zerstreut
  5. Monster
  6. Martin
  7. Seerosenräuber
  8. Paradies
  9. Blüte
  10. Nacht

Gesamtspielzeit: 36:08 min.

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User Beitrag

MartinS

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 1395

Registriert seit 31.10.2013

2023-01-27 15:46:18 Uhr
6/10 finde ich eher noch gnädig. Ja, ganz gutes Album, aber gänzlich befreit von Alleinstellungsmerkmalen. Selbst der Volltreffer "Martin" klingt zu 100% nach Love A.
Außerdem stellenweise wirklich schreckliche Texte..

Cayit

Postings: 217

Registriert seit 05.05.2014

2023-01-27 09:38:49 Uhr
Sehr gutes Album...6/10 ist zu wenig.
7/10 passt besser.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2023-01-23 21:01:37 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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