SZA - SOS
Urban / Universal
VÖ: 09.12.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Wortgewaltige Gewaltworte
Es ist kein Geheimnis, dass in Sachen ausgeprägter Gewaltdelikte Frauen einen deutlich geringeren Anteil ausmachen als Männer. Leider neigen Frauen nicht selten dazu, Aggressionen zu unterdrücken oder sie gegen sich selbst zu richten. Umso überraschter scheint ein großer Teil der Gesellschaft dann auch zu sein, wenn Frauen in der Kunst ihren Fantasien freien Lauf lassen. Solána Imani Rowe spielt da nicht mit. Schon 2017 musste Travis Scott im gemeinsamen Musikvideo zu "Love Galore" auf brutale Art und Weise dran glauben.
Auf ihrem zweiten Album fantasiert Rowe aka SZA in "Kill Bill" über eine traumhafte Melodie erneut recht früh darüber, dass sie einen ihrer Ex-Freunde und dessen neue Geliebte umbringt, und konstatiert: "Rather be in jail than alone." Dass die US-Amerikanerin trotz solcher Texte, die beim gemeinsamen Radiohören mit den Eltern im Auto eventuell für Irritationen sorgen könnten, so erfolgreich ist, liegt vor allem daran, dass sie gleich mehrere Spagate mit Höchstwertung landet. Bei SZA prallen Abhängigkeit und Selbstbestimmungswille genauso aufeinander, wie Rap-, Pop- und R'n'B-Einflüsse. Deshalb schafft sie mit "SOS" fünf Jahre nach ihrem Debütalbum "Ctrl" auch erneut das Kunststück des Konsensalbums.
Denn auch wenn knallharte Banger samt Travis-Scott-Adlibs und bösartig sägender Bassline wie "Low" Befriedigung für Trap-Fans bringen, steht auf der anderen Seite ein sich langsam in einen Indie-Song verwandelndes Experiment mit Phoebe Bridgers – die man offensichtlich überall reinschmeißen kann. "F2F" nimmt ganz nebenbei das Pop-Punk-Revival hops und gibt die deftigere Variante von Avril Lavigne ab: "I fuck him cause I miss you." Als Kontrast gesellt sich "Nobody gets me" mit sanfter Gitarrenmelodie und Kitsch in den Mix und könnte auch einem Disney-High-School-Film entsprungen sein, ähnlich wie "Special", das gegen Ende sogar zu schnipsen anfängt.
Den Kern der satten 23 Songs bildet aber eine Mischung aus leichtfüßigem, manchmal sexuell aufgeladenem Neo-R'n'B und einer deutlich gewachsenen Liebe zum Rap aus. War man doch schon sicher, dass SZA wieder nonchalant, witzig und trotzdem verletzlich über gepitchte Samples mäandert, zeigt sie in Songs wie "SOS" oder "Forgiveless" neben einem alten Freestyle-Part von Ol' Dirty Bastard, dass auch Rap eine Form von Gewaltventil sein kann. So formt sich ein kohärentes Bild von Aktionen und Reaktionen, die vielleicht nicht immer erwachsen und reflektiert, aber nuanciert und nachvollziehbar sind. Das Coverfoto des Albums ist ganz nebenbei angelehnt an ein Foto von Prinzessin Diana, einsam auf der Yacht von Mohamed Al-Fayed im Jahre 1997, wenige Tage bevor sie ums Leben kam. Musik von Solána Imani Rowe ist mehr als ein leiser Hilferuf, nämlich ein Befreiungsschlag, der nicht laut genug gehört werden kann.
Highlights
- SOS
- Kill Bill
- Low
- Ghost in the machine (feat. Phoebe Bridgers)
- Forgiveless (feat. Ol Dirty Bastard)
Tracklist
- SOS
- Kill Bill
- Seek & destroy
- Low
- Love language
- Blind
- Used (feat. Don Toliver)
- Snooze
- Notice me
- Gone girl
- Smoking on my ex pack
- Ghost in the machine (feat. Phoebe Bridgers)
- F2F
- Nobody gets me
- Conceited
- Special
- Too late
- Far
- Shirt
- Open arms (feat. Travis Scott)
- I hate u
- Good days
- Forgiveless (feat. Ol' Dirty Bastard)
Gesamtspielzeit: 67:25 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27837 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-01-03 20:38:48 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
peter73 Postings: 3384 Registriert seit 14.09.2020 |
2023-01-03 08:40:17 Uhr
normalerweise ist das eher nicht meine musik, aber "SoS" hat was:https://www.youtube.com/watch?v=IzSPUtqQcCg&list=OLAK5uy_mOMo8Ji8_xez5ZZPXnfxqGd_DGi03107c kommt da noch ein Review? |
ijb Postings: 6725 Registriert seit 30.12.2018 |
2022-12-09 11:32:27 Uhr
@Arne L.Tja, wieder mal ein schlagender Hinweis darauf, dass es einfach Quatsch ist, dass alle diese Bestenlisten jetzt schon Ende November (oder z.T noch früher) fertig haben müssen. Immerhin ist der Dezember auch ein ganzer Monat. |
Arne L. Postings: 1454 Registriert seit 27.09.2021 |
2022-12-09 09:17:10 Uhr
Na toll, jetzt haut sie mit "SOS" noch mal ein absolutes Highlight raus. Wäre das vor zwei, drei Wochen rausgekommen, sie hätte es vielleicht noch in meine Listen geschafft. Und mit Phoebe Bridgers hätte ich beim besten Willen nicht auf dem Album gerechnet. Bin da nach dem ersten Eindruck bei einer 8/10. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10266 Registriert seit 26.02.2016 |
2021-01-11 23:26:43 Uhr - Newsbeitrag
Eine neue Single ist seit gut 2 Wochen draußen, ich finde sie sehr, sehr schön:Hier auch noch die Single davor: |
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Referenzen
Beyoncé; Kali Uchis; Ari Lennox; Ariana Grande; Kehlani; Summer Walker; Jhené Aiko; Doja Cat; Chloe X Halle; Solange; Rihanna; Rina Sawayama; Frank Ocean; Tinashe; FKA Twigs; Jazmine Sullivan; Lizzo; Willow; Kelela; Destiny’s Child; Lauryn Hill; Teyana Taylor; Cardi B; Nicki Minaj; 6lack; Brandy; Jorja Smith; Janet Jackson; Normani; Erykah Badu; Mary J. Blige; Isaiah Rashad; Sampha; Khalid; Sevdaliza; Anderson Paak; Kendrick Lamar