Bad Bunny - Un verano sin ti

Rimas / Membran
VÖ: 06.05.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10

Can't get laid back in Germany
Gerade mal 28 Jahre alt, gerade mal vier Alben innerhalb von nicht mal so vielen Jahren veröffentlicht, und doch ist er aktuell der den Zahlen nach größte Musikstar der Welt. Was für ein Typ, dieser Bad Bunny. Geboren in Puerto Rico als Benito Ocasio, gestaltet er sein äußeres Erscheinen so bunt wie seine Musik. Die liegt irgendwo zwischen Dancehall und Reggaeton, scheut sich aber nicht, Dreampop, Punkrock oder HipHop miteinfließen zu lassen. Er stellt sich auf die Seite des Feminismus, spricht sich für LGBTQ aus, tritt in einem Musikvideo als geschlechtsloses Meerwesen auf, was weder in der Musikrichtung noch in der Karibik eine Selbstverständlichkeit ist. Er rappt, er singt, er tut irgendwas dazwischen, alles auf Spanisch. Seine Konzerte spielt er allein, ohne Gastsänger*innen oder Bühnenshow, dafür gerne bis zu drei Stunden lang. 2022 ist er das dritte Jahr hintereinander der meistgestreamte Künstler auf Spotify, sein aktuelles Album "Un verano sin ti" führt natürlich ebenso die Jahrescharts an. Und Deutschland so: "Wer?"
Bad Bunny ist zwar hierzulande einigermaßen bekannt, aber bei weitem nicht der Superstar, der er weltweit, vor allem in den USA und Lateinamerika, bereits ist. Dabei sind seine Songs schillernd, vielseitig und wahrlich nicht so oberflächlich, wie es viele nach der Dauerbeschallung von Luis Fonsis "Despacito" im Jahr 2017 vom Genre befürchten. Ganze 23 davon hat "Un verano sin ti", was zunächst wie der übliche Streaming-Boost-Overkill anmutet. Und ja, vielleicht sind 82 Minuten Bad Bunny unterm Strich etwas viel. Auf der anderen Seite: Das Album hat keine Hänger, egal wo man startet, es macht lange genug Laune, zieht in den Bann, versprüht diese Mischung aus Strandparty und Melancholie, die der Albumtitel – übersetzt: "Ein Sommer ohne Dich" – unterstreicht. Zu "Un verano sin ti" kann man sich bewegen, es aber genauso gut über sich gleiten lassen.
Zumindest zum Großteil. Der unmittelbare Standout-Track heißt "Tití me preguntó", dessen Rhythmus Stillsitzen quasi unmöglich macht und der sich dennoch durch Stimmungen morpht, um eine gewisse Doppelbödigkeit zu erzeugen. "Tití me preguntó / Si tengo mucha novia / Hoy tengo una, mañana otra", versteht man auch ohne große Spanischkenntnisse als Palaver à la "Mambo no. 5", aber als Kontrast zur anfänglichen Turbozündung dunkelt sich das Stück nahtlos in der Mitte lethargisch ab und Ocasio singt: "Yo quisiera enamorarme / Pero no puedo." So wandlungsfähig ist nicht jeder Song, aber "Después de la playa" ist vorne mit dabei, wenn es vom verhaltenen Drucksen in eine Party mit treibenden Trompeten taumelt. Generell sammeln sich am Albumanfang die erfolgreichsten Singles, aber "Un verano sin ti" reißt über die lange Spielzeit nicht ab. Vielmehr finden sich vor allem in der zweiten Hälfte echte Perlen.
"Ojitos lindos" hat nichts mit dem Plattentests.de-Chef zu tun, sondern ist ein hübsch verhallter Popsong mit dem kolumbianischen Duo Bomba Estéreo und wird von der zauberhaften Bläsersektion angetrieben. Auch The Marías bringen ihren Charme in das verspielte "Otro atardecer" ein, während Bad Bunny sich mit "Andrea" einen besonderen Dreampop-Moment schafft. Seine Landsleute Buscabulla, ein verheiratetes Paar, sorgen für die himmlischen Gegenstimmen zu seinem zurückhaltenden Rap. Solche schüchternen Momente funktionieren prächtig neben Krachern wie dem plättenden Rave in "El apagón" oder dem programmatisch betitelten "Enséñame a bailar", noch so ein Ding, das direkt in die Beine geht. Mit jedem Hören entpuppt sich ein weiterer Song als Highlight, der Flow bietet zudem genug Abwechslung. Ein Blockbuster-Album für neue Zeiten. Und was sagt Deutschland? "K thx."
Highlights
- Después de la playa
- Tití me preguntó
- Enséñame a bailar
- Ojitos lindos (feat. Bomba Estéreo)
- Otro atardecer (feat. The Marías)
- Andrea (feat. Buscabulla)
Tracklist
- Moscow Mule
- Después de la playa
- Me porto bonito (feat. Chencho Corleone)
- Tití me preguntó
- Un ratito
- Yo no soy celoso
- Tarot (feat. Jhay Cortez)
- Neverita
- La corriente (feat. Tony Dize)
- Efecto
- Party (feat. Rauw Alejandro)
- Aguacero
- Enséñame a bailar
- Ojitos lindos (feat. Bomba Estéreo)
- Dos mil 16
- El apagón
- Otro atardecer (feat. The Marías)
- Un coco
- Andrea (feat. Buscabulla)
- Me fui de vacaciones
- Un verano sin ti
- Agosto
- Callaíta
Gesamtspielzeit: 81:51 min.
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User | Beitrag |
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kenny23 Postings: 660 Registriert seit 07.11.2013 |
2023-06-02 11:03:33 Uhr
Großartige neue Single "Where She Goes"https://youtu.be/bef8QLNHubw |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28539 Registriert seit 08.01.2012 |
2023-01-03 20:35:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. "Vergessene Perle 2022"! Meinungen? |
fuzzmyass Postings: 18499 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-12-01 12:28:37 Uhr
Nie gehört... muss mal auschecken was das genau ist |
Z4 Postings: 8861 Registriert seit 28.10.2021 |
2022-12-01 12:14:32 Uhr
Bei Spotify deises Jahr auf Platz 1, bei Pitchfork mit 8,4 bewertet, und kein Thread?Meinungen? |
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Referenzen
J Balvin; Rosalía; Rauw Alejandro; Daddy Yankee; Nicky Jam; Jhayco; Kevin Roldán; Luis Fonsi; Tego Calderón; Arcángel; Ozuna; Anuel AA; Aventura; Damian Marley; Skip Marley; Wizkid; Burna Boy; Obongjayar; Drake; Rihanna; Future; Jorja Smith; Beyoncé; Stormzy; Dave
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